Ein empfehlenswertes Buch, zu dem all jene greifen sollten, die sich ein Urteil über sogenannte Privatoffenbarungen bilden wollen, stammt von dem Theologen Michael Pies. Sein schmaler Band mit dem Titel „Die Unterscheidung der Geister bei Privatoffenbarungen und die große Gefahr der Esoterik“ scheint genau für die heutige Zeit geschrieben zu sein.

Erleben wir nicht allenthalben, wie Privatoffenbarungen um sich greifen? Nicht nur in esoterischen Kreisen kommen sie vor, sondern auch und gerade dort, wo eigentlich katholische Nüchternheit angesagt ist, nämlich bei glaubenstreuen Katholiken.

Es trifft sich, dass soeben das Dikasterium für die Glaubenslehre „Normen für das Verfahren zur Beurteilung mutmaßlicher übernatürlicher Phänomene“ veröffentlicht hat. Mit seiner Unterschrift hat es Papst Franziskus am 4. Mai 2024 approbiert. Das Dokument legt besonderen Wert auf das „Nihil obstat“ („Es steht nichts entgegen“), also eine Art „Unbedenklichkeitserklärung“.

Weniger Wert wird darauf gelegt, zu prüfen, ob etwa eine Privatoffenbarung tatsächlich echt sei oder nicht, denn ein „Nihil obstat“ ist „keine Erklärung über die Echtheit von eventuellen übernatürlichen Phänomenen“ (Nr. 13).

Michael Pies, der Autor des vorliegenden Buches, kannte das römische Schreiben bei Drucklegung seines Werks natürlich noch nicht, legt aber seine Finger in eine schwärende Wunde. Er hält ganz praktisch fest, wer für echte oder angebliche Privatoffenbarungen besonders empfänglich und gefährdet ist: Es sind nämlich vor allem „treue Christen, die versuchen für Gott ein vollkommenes Leben zu führen“.

Gerade sie seien „immer wieder den besonderen Angriffen Satans ausgesetzt“. Pies betont außerdem die im geistlichen Leben bekannte Tatsache, dass laue Gläubige bereits durch den Satan gewonnen wurden. Praktizierende Christen hingegen seien es, die der Satan mit allen Mitteln „vom Weg abbringen“ will.

Dies, so der Autor, müsse man wissen „und sich vor Augen halten, um die derzeitige wirre Welt rund um die Privatoffenbarungen zu begreifen“. Satan will „mit Hilfe dubioser Erscheinungen und Privatoffenbarungen frontal angreifen“ und die Gläubigen so vom rechten Weg abbringen. Jetzt gehe es darum, treu zu bleiben und auszuharren. Denn einen „unerschütterlichen Glauben“ könne Satan nicht „einfach entfernen und vernichten“.

Wer den vermeintlichen „Sehern“ folgt und ihnen auf den Leim geht, rückt häufig immer mehr vom wahren Glauben ab – und damit von der katholischen Kirche.

„Wenn Satan das geschafft hat, dass ein gläubiger Christ deshalb glaubt, weil der Seher das und das gesagt hat, dann ist die letzte und entscheidende Phase seines diabolischen Planes eingetroffen“, so Pies. „Denn dieser Seher oder diese Seherin hat damit plötzlich die Autorität eines katholischen Priesters, Bischofs oder Papstes erlangt, und das ist sowohl ein dämonischer Schachzug, als auch ein dämonischer Triumph.“

Die Anhänger dieser Seher argumentieren dann oft mit den Worten, der Seher habe dies oder das gesagt, „also ist das vom Himmel und demzufolge richtig“. Der Autor des empfehlenswerten Büchleins stellt mit dem Evangelisten Markus dazu fest: „Denn es werden falsche Messiasse und falsche Propheten auftreten und große Zeichen und Wunder wirken, um – wenn möglich – selbst die Auserwählten in die Irre zu führen.“ (Mk 13,22)

Ein Katholik ist niemals von der Kirche verpflichtet worden, Privatoffenbarungen anzunehmen; vielmehr ist er ganz frei. Selbst die glaubwürdigsten Privatoffenbarungen, die vielleicht sogar von der Kirche angenommen, ein „Nihil opstat“ erhielten, müssen nicht zwingend geglaubt werden, wenn man sich „auf solide Gründe stützt“.

Im weiteren Verlauf des Buches nimmt der Autor Stellung zu esoterischen Gefahren und erläutert sie – auch das ist ein in der heutigen Zeit wichtiges Thema, wie manchmal sogar der Blick in bei Touristen beliebte Klosterbuchhandlungen zeigt.

Michael Pies: Die Unterscheidung der Geister bei Privatoffenbarungen und die große Gefahr der Esoterik; Patrimonium-Verlag 2023; 80 Seiten; 10 Euro; ISBN: 9783864172045

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