27. Juni 2024
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden 13. Sonntag im Jahreskreis.
Am vergangenen Sonntag sprach das Evangelium vom Glauben, der die Angst überwindet und über die Stürme siegt. Nun spricht es vom Sieg des Glaubens über den Tod, den endgültigen Sturm und den letzten Feind des Menschen.
Man könnte sagen, dass diese Seite des Evangeliums auch einen Sturm beschreibt – nicht einen Sturm des Meeres, sondern einen Sturm der Menschenmenge: die Menschen, die sich von allen Seiten um Jesus drängen, aber auch diejenigen, die im Haus des toten Mädchens Tumult machen, weinen, schreien und Jesus auslachen.
Aus dieser Menge stechen ein paar Menschen hervor. Zuerst Jairus, ein Synagogenvorsteher, Vater eines zwölfjährigen Mädchens, das zu Beginn der Geschichte im Sterben liegt und dann auch stirbt. Dann eine Frau, die seit zwölf Jahren an Blutfluss leidet – und wir wissen, dass das Blut in der biblischen Kultur für das Leben steht: Blut zu verlieren bedeutet, das Leben zu verlieren, nach und nach.
Aber im Zentrum von allem steht offensichtlich Jesus. Inmitten des ganzen Trubels setzt er sich durch, durch die Ruhe, durch die Sicherheit, mit der er sich bewegt und voranschreitet inmitten der Menge, die ihn umdrängt und Lärm macht wegen des toten Mädchens. Er ist aufmerksam auf den verzweifelten Vater. Er nimmt die kranke Frau wahr, die ihn berührt, in der Überzeugung, geheilt zu werden. Er hat aufmerksame, fürsorgliche, ermutigende Worte. Er verlangt Stille und setzt der lauten Trauer ein Ende. Und er handelt mit einer solchen Autorität, dass man staunt. Jesus ist es, der den Glauben weckt, der rettet.
Es gibt einen anfänglichen Glauben, es gibt ein Wachstum im Glauben und es gibt eine Reife, die erreicht werden soll. Und auch wir sind aufgerufen, diesem Pfad zu folgen.
Anfänglicher Glaube
Sowohl Jairus als auch die kranke Frau haben von Anfang an Glauben. Sie wissen, dass der Kontakt mit Jesus Heilung bringt. „Komm und leg meiner Tochter die Hände auf, damit sie geheilt wird und am Leben bleibt!“, sagt der verzweifelte Vater. „Wenn ich auch nur sein Gewand berühre, werde ich geheilt“, sagt die Frau.
Auf dieser Ebene bedeutet glauben, sich der eigenen Kleinheit und Erbärmlichkeit bewusst zu sein und auf die Macht Gottes zu vertrauen, die in Jesus Christus gegenwärtig ist.
Der Glaube ist nicht nur eine mentale Sache, er ist ein „Berühren“ Jesu. Aber es gibt verschiedene Arten der Berührung. Die eine ist die der Menschenmenge, die ihn von allen Seiten umdrängt. Aber gerade mitten in diesem Gedränge dreht sich Jesus um und fragt: „Wer hat mein Gewand berührt?“ Die Jünger verstehen nicht: „Du siehst doch, wie sich die Leute um dich drängen, und da fragst du: Wer hat mich berührt?“ Jesus offenbart, dass es ein anderes „Berühren“ gibt als das, das die Jünger beobachten. Es ist ein Berühren im Glauben, das für die Macht Christi öffnet und das fähig ist, zu retten.
Wachstum im Glauben
Man muss aber einen Schritt weiter machen im Glauben. Dieser Schritt wird durch den Blick Jesu ausgelöst, der die Frau sucht und jene Verbindung herstellt, die zu einem Gespräch führt: Die Frau erzählt, was sie getan hat, und Jesus schenkt ihr das Wort des Heils und des Friedens: „Dein Glaube hat dich gerettet. Geh in Frieden.“
Hier ist der Glaube zu einer Begegnung mit Jesus geworden, zu einer persönlichen Beziehung mit ihm, zu einem Dialog, der eine Verbindung schafft. Und das Ergebnis ist nicht nur Heilung – es ist Heil!
Reifer Glaube
Es gibt noch eine dritte Ebene, zu der Jesus uns führen will. Es ist das, was Jairus ans Herz gelegt wird. Leute kommen und sagen ihm schonungslos ins Gesicht: „Deine Tochter ist gestorben. Warum bemühst du den Meister noch länger?“ Jesus wendet sich an ihn mit Worten des Friedens: „Fürchte dich nicht!“ Aber es handelt sich um einen sehr anspruchsvollen Frieden: „Glaube nur!“ Es ist eine Herausforderung, weiterhin Glauben zu haben, inmitten des Tumults, inmitten der Menschen, die weinen, schreien und auslachen, im Angesicht des Leichnams der Tochter.
An diesem Punkt gelangt man zum reifen Glauben: sich ganz der Liebe des Herrn anvertrauen.
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Unser Glaube und unser Tod
Diese Dinge sind für uns geschrieben. Die kranke Frau hatte zwölf Jahre lang gelitten. Das tote Mädchen war zwölf Jahre alt. Die Zahl Zwölf bezeichnete für die Juden die Gesamtheit der Zeit (die zwölf Monate des Jahres) und die Gesamtheit des Volkes (die zwölf Stämme Israels). Mit dieser Frau können also auch wir uns identifizieren, die wir die ganze Zeit vom Bösen heimgesucht werden. Und wir können uns mit dem Mädchen identifizieren, das in der Blüte seiner Hoffnung stirbt.
Wir, die wir hier um Jesus versammelt sind, werden ihn bald in der Eucharistie berühren. Das Evangelium macht uns klar, dass nicht irgendeine Berührung mit Jesus reicht: Es braucht den Glauben an seine rettende Macht und an seine Liebe, die Auferstehung und Leben schenkt.
Jesus spricht vom Tod als von einem „Schlafen“ (vgl. auch Joh 11,11 ff). Wo die Welt nichts anderes tun kann als „Tumult, Weinen, Klagen und Schreien“, bringt Jesus im Gegensatz das Bild eines friedlichen Ruhens in Gott, in Erwartung der Auferstehung.
Die Auferweckung des Mädchens geschieht vor Zeugen: Neben dem Vater und der Mutter sind auch Petrus, Johannes und Jakobus anwesend – die gleichen Jünger, die berufen sein werden, die Todesangst Jesu im Garten Getsemani (Mk 14,33) und die Verklärung Jesu (Mk 9,2) zu sehen. Jesus teilt mit uns den Sturm des Todes und gibt uns Anteil an seiner Auferstehung.
Nicht zufällig endet Jesus mit dem Auftrag, dem Mädchen zu essen zu geben: Das ist ein klarer Hinweis auf die Eucharistie, die wir feiern. Unser Glaube führt uns dazu, mit Jesus zu essen, an seinem auferstandenen Leib – dem Brot des Lebens – Anteil zu haben: Wer davon isst, wird das ewige Leben haben und auferstehen am letzten Tag (vgl. Joh 6).
Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.