CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden 32. Sonntag im Jahreskreis.

Im Sonntagsevangelium (Mk 12,38–44) stellt uns Jesus zwei gegensätzliche Beispiele vor. Ein negatives: die Schriftgelehrten. Ein positives: die arme Witwe.

„Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Marktplätzen grüßt, und sie wollen in der Synagoge die Ehrensitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben.“ Die Herzen der Schriftgelehrten sind auf sich selbst gerichtet. Sie suchen Bewunderung, sie stellen sich zur Schau. Sie wünschen sich Bezeugungen von Hochachtung und Respekt und sind in Selbstverherrlichung versunken. Narzissmus, Selbstbezogenheit – letztlich Egoismus – prägen das Herz dieser Menschen.

Aber der schlimmste Aspekt daran ist, dass sie die Dinge Gottes benutzen, um einen Vorteil daraus zu ziehen: Sie sind Schriftgelehrte, Meister der Heiligen Schrift, Lehrer des Gesetzes Gottes, und sie nutzen all dies, um ihre eigene Macht zu vergrößern und ihren eigenen Einfluss, ihr soziales Ansehen, ihren Reichtum.

„Sie fressen die Häuser der Witwen auf und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete.“ Ihr Gebet ist falsch, es ist Zurschaustellung. Ihr Herz ist böse, es geht sogar so weit, die Häuser der Witwen zu plündern. Sie vermischen Frevel und Feste (vgl. Jes 1,13).

Die Worte Jesu werden nicht banal dahingesagt, um – wie wir es oft tun – diese Menschen zu verurteilen, denen es Freude macht, andere zu verurteilen, weil wir uns auf diese Weise selbst erhöhen. Jesus spricht, um seine Gemeinschaft, seine Jünger, zu warnen. „Nehmt euch in Acht vor den Schriftgelehrten!“ Das heißt, haltet euch von ihnen fern, denn sie sind gefährlich; seid nicht so naiv, ihnen zu vertrauen, aber entfernt vor allem die Versuchung aus eurem Herzen, euch so zu verhalten wie sie.

Bis hierhin das Negativbeispiel. Aber Gott sei Dank gibt es auch ein positives Beispiel. Das einer armen Witwe, die zwei kleine Münzen in den Opferkasten des Tempels wirft. Während die Haltung der Schriftgelehrten darauf abzielt, Vorteile für sich selbst zu erzielen, ist jene der Witwe darauf ausgerichtet, alles zu geben, was sie hat. Aus diesem Grund ruft Jesus seine Jünger zu sich und weist auf sie als Vorbild hin. Diese Frau zeigt uns, worin die Liebe besteht.

Es ist eine wertvolle Lehre, denn unsere Vorstellung von Liebe läuft Gefahr, von zwei Fehlern in die Irre geführt zu werden: Der eine reduziert die Liebe auf Sentimentalität, der andere auf Wohltätigkeit. Manche glauben, Gott zu lieben, weil sie im Gebet starke Emotionen spüren; andere glauben, sie lieben, weil sie gute Werke tun. Aber was können unsere guten Werke zur Allmacht Gottes hinzufügen? Und was sind unsere Gefühle? Nur unsere Art und Weise, auf die Erfahrungen zu reagieren, die wir machen. Darin besteht nicht die Liebe. Lieben bedeutet, den Anderen in den Mittelpunkt des eigenen Lebens zu stellen, für ihn zu leben und dank ihm zu leben.

Natürlich ist ein großer Glaube erforderlich: Diese Witwe gab – wie jene, die in der ersten Lesung (1 Kön 17,10–16) erwähnt wird – „alles, was sie besaß, ihren ganzen Lebensunterhalt“, und das kann man nur tun, wenn man ganz auf die allmächtige Liebe dessen vertraut, dem man sich hingibt, weil er sich als Erster hingegeben hat.

Als Jesus das in der ersten Lesung erzählte Geschehen kommentiert, sagt er nicht, dass die Witwe zu Elija geschickt wurde, um seinen Hunger zu stillen, sondern im Gegenteil: Es war Elija, der zu dieser heidnischen Witwe gesandt wurde (Lk 4,25–26). Die Witwe glaubte dem Propheten, deshalb gab sie alles und wurde mit ihrem Sohn und ihrem gesamten Haus gerettet. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass Gott, der nichts braucht, sich zum Bedürftigen macht, damit wir ihn mit unserer Hingabe lieben können.

In der Eucharistie schenkt uns Jesus ganz sich selbst, ohne Berechnung, ohne Vorbehalte. Der einzig glaubwürdige Weg, seine Liebe zu erwidern, besteht darin, dass auch wir in die Logik des Gebens eintreten, vor allem zugunsten derer, die arm sind im körperlichen und geistigen Sinn, und von denen Jesus gesagt hat: „Was ihr ihnen getan habt, das habt ihr mir getan“ (vgl. Mt 25,31–48).

Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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