Im Juni 2019 verlor der Frankfurter Rechtsanwalt und Sonderbeauftragte für Anti-Diskriminierung, Seyed Shahram Iranbomy, seinen 20-jährigen Sohn Irman – einen engagierten Schulsprecher, Jugendparlamentarier und Kommandanten der Jugendfeuerwehr Frankfurt.

Die US-Behörden verweigerten ihm trotz humanitärer Ausnahme ein Visum, sodass er sich nicht von seinem Kind verabschieden konnte. Eine offizielle Entschuldigung hat die Familie bis heute nicht erhalten.

Aus der Trauer erwuchs ein Protest: In der Frankfurter Innenstadt organisierte die Familie eine öffentliche Gedenkfeier unter dem Slogan „Human Rights Violence“, um auf das verweigerte Abschiednehmen und die Missachtung elementarer Menschenrechte aufmerksam zu machen.

In seiner Stellungnahme zur Novellierung des Friedhofs- und Bestattungsgesetzes in Hessen erinnerte er daran, dass Bibel, Grundgesetz und Völkerrecht das Recht auf Bestattung als Ausdruck menschlicher Würde bestätigen. Mit einem eindringlichen Appell fordert er, dieses Recht endlich klar zu verankern – damit Eltern künftig nicht doppelt leiden müssen: durch den Verlust ihres Kindes und die Verweigerung einer würdevollen Beisetzung.

Christian Peschken (EWTN) sprach mit ihm über ein Menschenrecht auf Bestattung, für das sich Iranbomy nun einsetzt.

Die katholische Kirche betont seit jeher die Würde des Menschen auch über den Tod hinaus. Wie spiegelt Ihre Petition diese Haltung wider?
 
Meine Petition spiegelt diese Haltung auf tiefgreifende Weise wider. Die katholische Kirche betont seit jeher, dass die Würde des Menschen nicht mit dem Tod endet, sondern auch über das irdische Leben hinaus unantastbar bleibt. Genau hier setzt meine Forderung an: Der Mensch hat nicht nur im Leben, sondern auch im Tod Anspruch auf Respekt, Anerkennung und eine würdige Behandlung.

Die Bibel zeigt uns bereits im ältesten Menschheitskonflikt diese Wahrheit. Selbst Kain, der seinen Bruder Abel erschlug, musste von Gott lernen, dass ein Toter nicht unbestattet bleiben darf. Gott sandte den Raben, der die Erde aufwühlte, damit Kain begriff: Die Bestattung ist ein heiliger Akt, der das Menschsein überhaupt erst vollendet. Seit jenem ersten Grab der Menschheitsgeschichte wissen wir, dass die Beerdigung das älteste Menschenrecht ist.

Meine Petition will dieses uralte, biblische und zugleich zutiefst menschliche Recht in der Gegenwart rechtlich verankern. Sie knüpft an die kirchliche Lehre an, indem sie deutlich macht: Wer den Toten ein Grab verweigert, verletzt nicht nur die Hinterbliebenen, sondern auch die unantastbare Würde des Menschen selbst. Indem wir das Recht auf Bestattung ausdrücklich als Menschenrecht anerkennen, geben wir diesem Glaubenszeugnis eine konkrete, gesellschaftliche Form – und schützen damit die Würde der Lebenden wie der Verstorbenen.

Warum ist es aus Ihrer Sicht wichtig, das christliche Verständnis von Bestattung als Werk der Barmherzigkeit auch im staatlichen Recht sichtbar zu machen?

Weil das Werk der Barmherzigkeit nicht an den Kirchentüren enden darf. Wenn wir als Gesellschaft die Bestattung nur im religiösen Raum belassen, bleibt sie abhängig von Tradition und Glaubensgemeinschaft. Erst wenn das staatliche Recht diese Haltung sichtbar macht, wird deutlich: Wir alle – unabhängig von Religion – tragen die Verantwortung, den Toten Respekt zu erweisen und den Lebenden in ihrer Trauer beizustehen.

Ein klarer rechtlicher Rahmen macht aus einem Glaubenszeugnis eine gemeinsame gesellschaftliche Verpflichtung. Er zeigt, dass das, was die Kirche seit Jahrhunderten lehrt, auch im säkularen Staat Gültigkeit hat: Die Würde des Menschen bleibt unantastbar – bis über den Tod hinaus.

Viele Gläubige gehen davon aus, dass kirchliche Rituale die Würde sichern. Warum braucht es trotzdem ein klar formuliertes Menschenrecht im Gesetz?

Kirchliche Rituale sind von unschätzbarem Wert – sie geben Trost, sie spenden Halt, sie tragen die Würde des Menschen über den Tod hinaus. Doch ich habe am eigenen Leib erfahren: All diese Rituale helfen nichts, wenn der Staat sagt: Nein. Wenn eine Behörde die Beerdigung verweigert, stehen Eltern trotz aller Glaubenstraditionen vor einer unüberwindbaren Mauer. Genau das ist mir passiert – und es war wie ein zweiter Tod.

Darum reicht der Glaube allein nicht. Es braucht ein klares, unantastbares Menschenrecht im Gesetz. Nur so ist garantiert, dass die Würde des Verstorbenen nicht von der Entscheidung einzelner Ämter abhängt. Ein solches Recht schützt alle – Christen, Juden, Muslime, Andersgläubige und Nichtgläubige gleichermaßen. Es nimmt den Schmerz nicht, aber es verhindert die zusätzliche Demütigung, wenn man um das eigene Kind trauert und zugleich noch um das Recht auf seine Beerdigung kämpfen muss.

Nur ein gesetzlich verankertes Menschenrecht gibt den Hinterbliebenen Sicherheit – und bewahrt die Gesellschaft davor, die Grenze zu überschreiten, an der selbst der Tod seine Würde verliert.

Haben Sie bereits Rückmeldungen oder Unterstützung aus katholischen Kreisen, zum Beispiel von Bischöfen, Verbänden oder kirchlichen Organisationen?

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Ja, tatsächlich. Durch die Unterstützung der katholischen Kirche konnte ich in Frankfurt die „Stimme der Hoffnung“ verbreiten und den Menschen erklären, dass wir unseren Glauben nie vergessen dürfen. Von der Kirche habe ich gelernt, dass ein starker Glaube hilft, die irdischen Probleme besser zu bewältigen. Wie es in der Bibel heißt: „Alles vermag ich durch den, der mich stärkt: Christus“ (Phil 4,13).

Das Land Hessen war neulich bei der offiziellen Abschaffung der Todesstrafe ein Vorreiter. Sehen Sie die Chance, dass Hessen mit dieser Initiative erneut bundesweite Maßstäbe setzt?

Ja, ich sehe diese Chance sehr deutlich. Hessen hat mit der Abschaffung der Todesstrafe bereits gezeigt, dass es den Mut hat, ethische Maßstäbe zu setzen, die weit über die eigenen Grenzen hinauswirken. Heute steht das Land erneut an einem solchen Wendepunkt: Mit der Anerkennung des Rechts auf Bestattung als Menschenrecht könnte Hessen ein Signal an ganz Deutschland, an Europa und die Welt senden – ein Signal, dass die Würde des Menschen nicht mit dem Tod endet.

In meiner Stellungnahme habe ich es als „einen Akt von weltgeschichtlicher Bedeutung“ bezeichnet, wenn ein solcher Satz Eingang in unser Gesetz findet. Es geht nicht um Bürokratie, es geht nicht um Kosten – es geht um die tiefste Menschlichkeit. Es geht darum, Eltern zu bewahren vor der Hölle, die ich selbst durchleben musste: den Verlust des Kindes und zugleich die Verweigerung der Beerdigung. Das ist ein doppelter Tod.

Papst Leo XIII. sagte einmal: „Die Bestattung ist nicht nur ein Werk der Barmherzigkeit, sondern eine Pflicht, die aus der Würde des Menschen erwächst.“ Diese Wahrheit ist zeitlos. Sie verbindet kirchliche Lehre, moralische Verantwortung und die Grundlagen unserer Verfassung.

Hessen kann jetzt Geschichte schreiben – so wie einst bei der Todesstrafe. Es kann zeigen, dass unsere Gesellschaft eine klare Grenze kennt: den Respekt vor den Toten. Und diese Grenze zu wahren, bedeutet zugleich, die Würde der Lebenden zu schützen.

Sehen Sie in dieser Initiative eine Chance, dass Staat und Kirche gemeinsam ein starkes Zeichen für die Heiligkeit des Lebens und die Würde im Tod setzen können?

Ja, ich sehe in dieser Initiative eine historische Möglichkeit, dass Staat und Kirche gemeinsam ein starkes Zeichen setzen – für die Heiligkeit des Lebens und die Würde im Tod. Es wäre ein Bündnis von Recht und Glauben, von weltlicher Ordnung und geistlicher Wahrheit. Der Staat gäbe dieser Würde die unerschütterliche rechtliche Grundlage, die Kirche verliehe ihr die spirituelle Tiefe, die seit Jahrhunderten das Herz unseres Glaubens prägt.

Stellen Sie sich die Kraft eines solchen gemeinsamen Handelns vor. Hier sagt nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch die Kirche: Wir achten den Menschen nicht nur, solange er lebt, sondern auch, wenn er uns entrissen wurde. Wir verweigern den Toten nicht das, was ihnen seit Anbeginn der Menschheit zusteht – ein Grab, ein Ort der Würde, ein Raum für die Trauer der Hinterbliebenen.

Wenn Staat und Kirche zusammen auftreten, dann ist das mehr als Politik, mehr als Ritual. Dann ist es ein Bekenntnis, das über unsere Zeit hinausstrahlt. Es wäre das Versprechen, dass unsere Gesellschaft eine Grenze kennt, die niemals überschritten werden darf – den Respekt vor den Toten. Und indem wir diese Grenze schützen, schützen wir auch die Lebenden.

Das ist die Chance: Hessen, Deutschland, kann nicht nur ein Gesetz beschließen, sondern Geschichte schreiben – gemeinsam mit der Kirche, im Namen der Menschlichkeit.
 
Zur Person: Seyed Shahram Iranbomy ist ein hochangesehener Rechtsanwalt mit über 25 Jahren Erfahrung, spezialisiert auf die Verteidigung von Rechten. Er besitzt zwei Doktortitel der Universität Frankfurt und vertiefte seine Ausbildung sowie Forschung an den Universitäten Oxford, Genf, Salzburg und Straßburg. Als einer der renommiertesten persischen Juristen verbindet er wissenschaftliche Exzellenz mit jahrzehntelanger praktischer Expertise.

Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.