Werner Münch ist vielen treuen Katholiken durch seine Schirmherrschaft beim Kongress "Freude am Glauben" ein Begriff. Wer aber ist dieser Mann? Gerade die jüngere Generation, die in der Zeit um die Wiedervereinigung Deutschlands das Licht der Welt erblickte, wird diese Frage kaum beantworten können. So ist es zu begrüßen, dass im Media Maria Verlag unter dem Titel "Leben mit christlichen Werten" im Mai ein wichtiges Interview mit Werner Münch in Buchform erschienen ist, welches das Leben dieser Person mit so vielfältigen Erfahrungen näher ausleuchtet. Das Gespräch führte der Journalist und Buchautor Stefan Meetschen.

Vielfältige Erfahrungen

Eine Person mit vielfältigen Erfahrungen ist Münch in der Tat. Geboren im Jahre 1940, erlebte er die letzten Kriegsjahre sowie die Zeit des Wiederaufbaus als Kind und Jugendlicher in einer Arbeiterfamilie. Münch schlug jedoch eine akademische Laufbahn ein, auch ohne die tatkräftige Mithilfe seiner Eltern. Nach dem Abitur 1961 verpflichtete er sich zunächst als Zeit-, später als Berufssoldat bei der Bundeswehr, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. Die Bundeswehr schickte ihn später zum Studium nach Freiburg. Dort entschloss er sich dann, das Militär zu verlassen und zu promovieren, um in der Lehre tätig sein zu können.

In Niedersachsen war Werner Münch viele Jahre als Professor tätig, half mit bei der Gründung der Universität in Osnabrück und war schließlich auch für vier Jahre Präsident aller kirchlichen Hochschulen in Deutschland. Bald wagte sich Münch in das Feld der Politik und wurde 1984 ins Europäische Parlament gewählt, dessen Abgeordnete erst zum zweiten Mal direkt gewählt wurden. Nach der deutschen Wiedervereinigung zog es Münch nach Sachsen-Anhalt, ursprünglich nur, um der dortigen CDU Wahlkampfhilfe zu leisten. Der neue Ministerpräsident wollte ihn aber als Finanzminister haben. Schon ein Jahr nach seinem Amtsantritt trat dieser Ministerpräsident allerdings zurück – und Münch wurde sein Nachfolger. Aufgrund verschiedener Vorwürfe, die sich später allesamt (einschließlich vor Gericht) als ungerechtfertigt herausgestellt haben, trat auch Münch relativ bald zurück, im Jahre 1993.

Münch sagt über diese Zeit: "Neben meiner Familie war mein Glaube in dieser Situation das Wichtigste. Wenn ich in dieser Situation meinen Glauben nicht gehabt hätte und wenn ich nicht bereit gewesen wäre, dies auch als eine gewollte Entscheidung ‚von höchster Stelle‘ zu akzeptieren, wüsste ich nicht, wie lange ich gebraucht hätte, um mit dieser Belastung fertigzuwerden." Es schlossen sich viele Jahre der Beratungstätigkeit an, darunter für die Deutsche Bahn in Brüssel. 2009 trat Münch aus der CDU aus, weil er den Kurs seiner Partei nicht länger mitvollziehen wollte.

Christliche Überzeugungen

Nun bedienen sich christliche Politiker oft einer bestimmten Rhetorik, aber ob dahinter auch Substanz steckt, ist häufig zweifelhaft. Werner Münch ist hier ernstzunehmen. Er vertritt seine Prinzipien auch in der Öffentlichkeit – bekanntermaßen bis hin zum Bruch mit seiner Partei. Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel habe "einmal auf die Frage eines Journalisten ‚Wenn Sie die absolute Mehrheit bei dieser Wahl bekommen sollten, würden Sie in der Frage der Abtreibung etwas ändern?‘ geantwortet: ‚Nein, denn das System hat sich bewährt!‘" Worauf Münch entgegnet: "Also, was ist denn das für ein christliches Werteverständnis, wenn man die Tötung von ungeborenem Leben mit dem Ausdruck ‚bewährt‘ bezeichnet?"

Gegen Ende des Buches zeigt Münch, dass er auch mit aktuellen innerkirchlichen Entwicklungen bestens vertraut ist. Die gegenwärtige Lage, zumindest in Deutschland, sieht er kritisch: "Die Gottvergessenheit wird immer größer und weitet sich aus zur Gottlosigkeit bis hin zur Gottesfeindschaft. Der Egokult mit der Forderung nach grenzenloser Freiheit nimmt Gott als Störfaktor mit überflüssigen und unzulässigen Einschränkungen der persönlichen Freiheit wahr. Die Entwicklung wird weiter abwärtsgehen, denn zusätzlich sind die religiösen Instanzen in unserem Land, die ein Korrektiv sein könnten, weggebrochen." Papst Franziskus stehe einerseits für Dinge wie den Lebensschutz ein, andererseits könne Münch ihm manchmal nicht folgen, etwa bezüglich des achten Kapitels von Amoris laetitia, welches mit der Kommunionspendung für zivil Wiederverheiratete zu tun hat. Den Kardinälen, welche die Dubia an Papst Franziskus geschickt haben, hätte eine Antwort gegeben werden müssen, so Münch.

Auch auf die sogenannte lateinische Messe, die außerordentliche Form des römischen Ritus, kommt der einstige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zu sprechen. Er selbst besuche diese Messe hin und wieder, könne aber die Ablehnung nicht verstehen, die den Freunden der überlieferten Liturgie häufig begegnet. Münch stellt eine Reihe von rhetorischen Fragen: "Warum gibt es vonseiten der Diözesanleitungen so viele Widerstände und nicht selten an den Haaren herbeigezogene Argumente der Verweigerung, bei denen Hinweise auf die Haltung der Pfarrgemeinderäte, Nichteignung der Kirche, Gottesdienstzeiten, Gebrauch von zu viel Weihrauch … als Gründe zur Ablehnung herhalten müssen? Welche Kompetenz wird einem Pfarrgemeinderat bei der Frage der Genehmigung einer gültigen Form der Messfeier inzwischen zugestanden? In den letzten Jahren sind in Deutschland ungefähr 500 Kirchen verkauft oder für andere Zwecke (Museen, Kulturzentren, Konzerthallen …) umgewidmet worden. Und da gibt es keinen Raum für Messen im außerordentlichen Ritus? Lächerlich und unglaubwürdig!"

Der Lohn

Ein "Leben mit christlichen Werten" hat seinen Preis. Aber es hat auch seinen Lohn. So verwundert es nicht, dass das Lieblingsgleichnis von Werner Münch vom Sämann handelt, dessen Samen auf unterschiedlichen Grund fallen: "Und ich bestehe nicht darauf, dass ich hundertfach belohnt werde, mit dreißigfach nach diesem Gleichnis bin ich schon zufrieden. Aber ich versuche, diesem Gleichnis und dem, was mit ihm gemeint ist, gerecht zu werden."

Werner Münch, "Leben mit christlichen Werten. Erinnerungen und Ausblick - Ein Gespräch mit Stefan Meetschen" ist im Media Maria Verlag erschienen und hat 224 Seiten.

 

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