3. September 2018
Letztes Wochenende stand ein Aufruf im Pfarrinfo, dass 10 Messdiener aus unserem Pfarrverband zur Messdienerwalfahrt nach Rom reisen und dafür um Spenden bitten. "10 Messdiener", dachte ich…"20 Euro, dann kann sich jeder ein Eis kaufen", überlegte ich weiter…dann fand ich diese kleine Truppe von 10 Jugendlichen traurig, angesichts dessen, dass wir 8 Pfarreien in einer Stadt von knapp 60.000 Einwohnern sind.
Dieser Aufruf war Anlass für mich über mein Leben in Kirche und Gemeinde nachzudenken.
Meine Kindheit und Jugend hat sich hauptsächlich in unserer Kirchengemeinde abgespielt. Ich war bei den Messdienern erst als Kind, dann auch als Leiterin aktiv. Mein Freundeskreis setzt sich bis heute aus ehemaligen Messdienern und langjährigen Freundschaften zusammen, die sich aus dieser Zeit gehalten haben.
Die katholische Kinder- und Jugendarbeit war in meinem Heimatdorf neben dem Sportverein die große Instanz. Über 200 St. Georgs Pfadfinder, 150 Messdiener, große Leiterrunden mit über 30 Jugendlichen, die jeden Freitag Gruppenstunden vorbereitet haben, Wohltätigkeitsveranstaltungen organisiert haben und mit großer Präsenz am kirchlichen Leben teilgenommen haben. Die Fronleichnamsprozession mit über 100 Messdienern durch den Ort, zu der auch die letzte Fahne aus der hintersten Ecke geholt wurde, damit jeder was zum Tragen hatte, war damals eine Selbstverständlichkeit.
In der Osternacht morgens um 5 Uhr dienten über 50 Messdiener, waren sogar noch früher da, um Osterkerzen zu verkaufen und blieben hinterher zum Osterfrühstück. Kaum vorstellbar, wie man es schafft Kinder und Jugendliche dazu zu motivieren, so früh zur Kirche zu gehen.
Als ein Junge mit 13 Jahren aus unserer Messdienergemeinschaft an Krebs verstarb, hielten wir eng zusammen, organisierten eine Rosenkranzandacht mit Rosenkränzen aus dem Celitinnenstift im Ort und nahmen mit allen Messdienern an der Beerdigung teil und besuchen bis heute noch über 10 Jahre nach seinem Tod an seinem Geburts- und Todestag sein Grab. Zuvor hatten die letzten Gruppenstunden seiner Messdienergruppe bei ihm zu Hause stattgefunden, weil er zu schwach war ins Pfarrzentrum zu kommen.
Schließlich gab es das Projekt vom Erzbistum Köln "Zukunft heute", im Zuge dessen in relativ kurzer Zeit das Pfarrheim an die offene Ganztagsschule der Grundschule vermietet wurde und wir mit unseren 150 Messdienern keine Gruppenräume mehr hatten. Kurzerhand haben wir in den Sommerferien das alte, eigentlich geschlossene, Pfarrzentrum gemeinsam mit den Pfadfindern reaktiviert, renoviert, gestrichen und mit gespendeten Möbeln eingerichtet.
Leider nimmt die schöne Geschichte hier ihre traurige Wende, da die chaotische Übergangszeit, die veränderten räumlichen Möglichkeiten und die zusätzliche Zusammenlegung aller Pfarreien zu einem Pfarrverband, drei Hauptgründe für den Anfang vom Ende der großen Messdienerschaft war. Heute gibt es noch 10 Messdiener in meiner Heimatpfarrei, keine Gruppenstunden, keine Messdienerfahrten, keine Osternacht, keine Fronleichnamsprozession…die ist nämlich auch mit allen Pfarreien des großen Pfarrverbandes zu einer zentralen zusammengelegt worden.
Warum erzähle ich das alles? Ich habe nun selber Kinder und würde mir für die drei eine solche Verwurzelung in der Kirche wünschen. Doch diese Art von Kirche und Gemeindeleben gibt es nicht mehr. Warum sind denn damals so viele Messdiener früh morgens in der Osternacht gewesen? Weil sie die Gemeinschaft erlebt und gelebt haben. Es war schön mit allen zusammen müde und zufrieden in den Sonnenaufgang hinein zu feiern.
Liturgie und Glaube über Gemeinschaft in Jesus Christus zu erleben, sind meines Erachtens die zentralen Motive, mit denen man Kinder und Jugendliche für Glaube und Kirche begeistern und sie in einer Gemeinde verwurzeln kann.
Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen, halte ich nichts davon, Gemeinden zusammen zu legen, Menschen damit zu entwurzeln und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, in persönlichen Kontakt mit anderen zu kommen. Man kennt sich im Pfarrverband ja nicht mehr. In meiner Kindheit und Jugend gab es noch einen Pfarrer, der wusste, wer wann nicht in der Kirche gewesen war, der fragte, wo man war, der merkte, wenn einen etwas bedrückte.
Nun ist es ja einfach zu sagen "Früher war alles besser und die Schokolade auch mal süßer", aber diese Entwicklung hat in den letzten 13 Jahren stattgefunden. Das ging bedrückend schnell und ist noch nicht lange her. Diesem Trend folgend, mache ich mir Sorgen, dass meine Kinder nie in den Genuss von einer Gemeinde kommen. Besonders in Krisenzeiten, wie sie aktuell die Kirche und ihre Gläubigen erschüttern, braucht es feste Wurzeln und eine Gemeinschaft, die zusammensteht, sich trägt, tröstet und stärkt.
Mein Mann und ich versuchen uns über Ehrenämter in der Kirche zu engagieren und der Entwicklung entgegen zu wirken. Außerdem haben wir einen Familienkreis gegründet, in dem wir mit anderen katholischen Familien über Glaube und andere Themen sprechen. Zusammen mit fünf Familien haben wir 10 Kinder.
Hoffentlich können wir die mit unserer gelebten Gemeinschaft im Familienkreis begeistern und anstecken mit der Flamme des Glaubens!
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