28. Dezember 2019
Vor fast fünfzig Jahren hat Joseph Ratzinger, Professor für Dogmatik in Regensburg, in geistlichen Meditationen zwar nicht eine neuheidnische Kalenderreform erwogen, aber darüber nachgedacht, ob wir eigentlich "vor" oder "nach Christus" leben.
Unser ganzes Leben hindurch gehen wir auf Ihn zu. Bis in die Sterbestunde hinein können wir uns zu Ihm bekehren und zu Seiner Kirche bekennen. Ratzinger gab seinerzeit auch zu bedenken:
"Es gibt viele Menschen, die nach Christus leben – die ihn gesehen haben und weggegangen sind."
Die Pfarrkirche St. Elisabeth in Hannover, der ich mich zugehörig weiß, begeht im Jahr 2020 das 125. Kirchweihfest. Ende der 1950er-Jahre besuchten etwa 2.800 Gläubige die Sonntagsmessen. Heute versammeln sich an den Sonntagen im Kirchenjahr noch vielleicht etwa 100 Christen, um die heilige Messe mitzufeiern.
Damals gab es die "Sonntagspflicht", würden vielleicht einige zu bedenken geben, und der Glaube lebte in den Familien. Dieses Gebot, diese "Sonntagspflicht", gibt es natürlich noch immer. Mich stört allerdings – und es mag der einen oder dem anderen von Ihnen ähnlich ergehen – die Bezeichnung: "Sonntagspflicht"? Ist das etwas wie die "Schulpflicht"? Der Wappenspruch des heiligen Antonius Maria Claret könnte uns helfen: "Caritas Christi urget nos.", also: "Die Liebe Christi drängt uns." Die Liebe Christi drängt, bewegt und beflügelt uns. Vielleicht auch zum Messbesuch am Sonntag? Dieser Heilige hat mich im nun ausklingenden Jahr besonders begleitet. Warum ausgerechnet er? So mögen Sie sich vielleicht fragen. Am Neujahrstag 2019 ist allen Gläubigen am Ende der heiligen Messe, die ich mitgefeiert habe, ein Heiliger zugelost worden: Gewünscht hätte ich mir einen von meinen Lieblingsheiligen – den heiligen Augustinus, die heilige Theresia oder auch den heiligen Bruder Konrad –, zugelost bekommen habe ich den heiligen Antonius Maria Claret. "Die Liebe Christi drängt uns." Der Herr ruft uns. Er lädt uns ein. Und dass wir sonntags die heilige Messe mitfeiern dürfen, mag vielleicht eine Pflicht sein. Diese "Sonntagspflicht" ist doch vor allem ein "Sonntagsglück". Wir dürfen die heilige Messe mitfeiern – ist das nicht wunderschön? Pflicht und Glück haben etwas gemeinsam: Wir können uns den Pflichten entziehen, und wir können genauso gut vor dem Glück davonlaufen. Wir können die Einladung zum Sakrament ausschlagen. Wir können sagen: Ach nein, heute nicht, muss das sein? Solche Phasen und Stadien erleben viele Christen im Lauf ihres Lebens. Zu manchen Zeiten sind sie mit Leidenschaft dabei. Später ziehen sie sich zurück, manche sogar für immer. Wir können nicht in die Herzen der anderen sehen, aber wir können alle mit in unser Gebet hineinnehmen. Ganz besonders jene Seelen, die Seiner Barmherzigkeit am meisten bedürfen.
Wir dürfen hoffen und darauf vertrauen, dass auch für uns selbst gebetet wird, und wir wissen auch, wie sehr wir das nötig haben. Die römisch-katholische Kirche ist ihrem Wesen nach auch keine streitende oder synodale Kirche, sondern eine betende Kirche, die alle Zeiten und Orte umschließt. Die "DNA der Kirche", ihre Herzmitte, ist Christus. Die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche ist vom Herrn gestiftet. In Christus sind alle Glieder der Kirche mit und untereinander verbunden.
Trotzdem sind einige gegangen, trotzdem möchten möchte einige gehen, und trotzdem werden einige gehen. Wir können dazu Prognosen erstellen und soziologische Erhebungen veranstalten. An Unheilspropheten und Prophetien wird es nie mangeln. In meinem Junkmailfilter sammelten sich im Jahr 2019 reichlich solche Bekundungen. Im Jahr 2020 beginnt für die Kirche in Deutschland etwa der "Synodale Weg". Einige verbinden damit große, teilweise wunderliche Erwartungen, welcher Art auch immer, andere hegen nicht weniger merkwürdig anmutende, geradezu apokalyptisch kolorierte Ängste.
Katholiken müssen aber nicht wie Don Quichotte gegen Windmühlen kämpfen – und sich auch nicht vor allen Winden und Wirbeln dieser Welt fürchten. Der Herr bleibt seiner Kirche treu. Er geht den verlorenen Schafen nach, nicht weil Er die Sünde, sondern die Sünder liebt. Mitten in der Weihnachtszeit gehen wir alle in ein Neues Jahr hinein. Es liegt vor uns. Wie wird es werden, was wird uns erwarten? Alles Wesentliche steht längst fest: Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat. Darum dürfen wir beten und singen: Te Deum laudamus. Denken Sie 2020 an das ganz normale katholische Sonntagsglück – es ist real. Feiern Sie einfach dankbar und freudig die heilige Messe mit.
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