21. Januar 2020
Mit Blick auf den Gedenktag der heiligen Agnes am 21. Januar hat Gerhard Kardinal Müller an die Dimensionen des Martyriums erinnert. Die Titelkirche des ehemaligen Präfekten der Kongregration für die Glaubenslehre ist "Sant‘Agnese in Agone". Wer diese Kirche sich anschaut, wird mit dem Leben und Sterben der jungen Christin vertraut und zugleich sehr still. Martys sein – heißt Zeuge sein, für manche hieß und heißt das: Blutzeuge sein. Das Martyrium der Christen in Geschichte und Gegenwart hat viele Facetten. Kardinal Müller hat dieser Tage an die Christenverfolgung in Europa erinnert. Viele römisch-katholische Christen, die in Treue zu Christus, dem Papst und der Kirche des Herrn stehen, machen in dieser Zeit schmerzhafte Erfahrungen. Leiser Spott begleitet sie, gallige Häme, spöttische Verhöhnung und vergiftete Ironie.
Benedikt XVI. schrieb, als er die Exkommunikation für die vier Bischöfe der Piusbruderschaft aufgehoben hatte und auch trotz eingestandener Fehler im Verfahren Wogen massiver Kritik ertragen musste, am 10. März 2009: "Betrübt hat mich, daß auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feindseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten. Um so mehr danke ich den jüdischen Freunden, die geholfen haben, das Mißverständnis schnell aus der Welt zu schaffen und die Atmosphäre der Freundschaft und des Vertrauens wiederherzustellen, die – wie zur Zeit von Papst Johannes Paul II. – auch während der ganzen Zeit meines Pontifikats bestanden hatte und gottlob weiter besteht. … Das eigentliche Problem unserer Geschichtsstunde ist es, daß Gott aus dem Horizont der Menschen verschwindet und daß mit dem Erlöschen des von Gott kommenden Lichts Orientierungslosigkeit in die Menschheit hereinbricht, deren zerstörerische Wirkungen wir immer mehr zu sehen bekommen. … Manchmal hat man den Eindruck, daß unsere Gesellschaft wenigstens eine Gruppe benötigt, der gegenüber es keine Toleranz zu geben braucht; auf die man ruhig mit Haß losgehen darf. Und wer sie anzurühren wagte – in diesem Fall der Papst –, ging auch selber des Rechts auf Toleranz verlustig und durfte ohne Scheu und Zurückhaltung ebenfalls mit Haß bedacht werden."
Eine unheimliche Wiederkehr grimmiger Kommentare fand in der vergangenen Woche statt, als bekannt geworden war, dass der emeritierte Papst einen – durch und durch theologischen – Aufsatz zum priesterlichen Dienst publizieren würde, integriert in ein Buch von Robert Kardinal Sarah. Äußert sich auch vielleicht sogar ein katholisches Selbst- und Sendungsbewusstsein heute etwa in bissiger, scharfer und greller Kritik? Die heilige Agnes war eine demütige Zeugin für den Herrn Jesus Christus.
Das Martyrium gehört zur christlichen Existenzweise dazu. Insbesondere zum priesterlichen Auftrag schreibt Benedikt XVI.: "Der Priester soll ein Wachender sein. Er soll Wache halten gegen die hereindrängenden Mächte des Bösen. Er soll die Welt wachhalten für Gott. Er soll ein Stehender sein: aufrecht gegenüber den Strömungen der Zeit. Aufrecht in der Wahrheit. Aufrecht im Einstehen für das Gute. Stehen vor dem Herrn muss zutiefst auch immer Einstehen für die Menschen vor dem Herrn sein, der für uns alle beim Vater einsteht. Und es muss Einstehen sein für ihn, für Christus, für sein Wort, seine Wahrheit, seine Liebe. Aufrecht muss der Priester sein, furchtlos und bereit, für den Herrn auch Schläge einzustecken, wie die Apostelgeschichte über die Apostel sagt: "Sie freuten sich, dass sie gewürdigt worden waren, für seinen Namen Schmach zu erleiden" (5, 41)."
Er hat hier Worte aus einer Predigt am Gründonnerstag von 2008 erneut aufgegriffen. Die tiefe, auch sprachlose machende Wahrheit erfahren alle, die am Martyrium teilhaben, die Christus bezeugen und dafür in einem weltlichen Sinne auf vielfältige Weise verprügelt werden.
Auch wir spüren vielleicht in Zeiten wie diesen die Nähe zur und die Teilhabe an der Passion Christi. Mit der ihm eigenen Klarheit der Unterscheidung erinnert uns Kardinal Müller an das Wesentliche. Märtyrer wie die heilige Agnes seien wichtige Vorbilder. "Sie ermuntern uns im Glauben", sagt der Kardinal. Es gehe um die Frage: "Wofür lebt man?" Wissen Sie, liebe Schwester, lieber Bruder im Glauben, wie Sie auf diese Frage antworten würden? Benedikt XVI. hat mit seinem Aufsatz erneut seine Treue zu Christus bezeugt.
Auch die bitteren Reaktionen in den Medien hierauf, die wir traurig wahrnehmen müssen, zeigen sein Einstehen für die anstößige Wahrheit des Glaubens und seine Liebe zu Christus und Seiner Kirche. Wie sehr wünschten sich vielleicht viele einfach gläubige Katholiken, dass die Bischöfe in Deutschland einmütig Benedikt XVI. für seinen treuen Dienst für die Kirche in dieser Stunde danken würden. Das könnte ein guter, ja vielleicht der bestmögliche Auftakt für den "Synodalen Weg" sein.
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