14. Mai 2020
Die Angst vor Corona geht um. Aber wie geht es eigentlich den Mädchen und Frauen, die Corona heißen? Diese Frage stellt sich mir seit einigen Tagen leider ganz praktisch und dringend: Unsere Tochter, 5 Jahre alt, heißt Korona.
Wie erklärt man einer 5-Jährigen, die eh alles sehr genau und sich zu ihrem großen Herzen nimmt, dass ihr Name nun mit einer Krankheit in Verbindung gebracht wird? Mit einer Pandemie sogar, die Milliarden Menschen gerade in Angst versetzt?
Was bringt es da, wenn ihr Name zwar bairisch mit "K" geschrieben wird – das hat meine liebe Frau als Altbayerin gegen meinen Latein-Tick durchgesetzt – ausgesprochen wird es ja gleich.
Ich gebe zu: In manchen Momenten ertappt man sich, zu fragen, warum man seine Tochter nicht anders genannt hat. Stefania – die Gekrönte – wäre das griechische Pendant zur "Korona". Oder man grübelt nach, ob der zweite Vorname dann der Rufname werden soll?
Aber nein. Wir haben vor fast 6 Jahren unserer Erstgeborenen bewusst diesen Namen gegeben. Zum Einen, weil es ein sehr schöner Name ist, der im alten Bayern sehr verwurzelt ist, und leider die letzten Jahrzehnte über in Vergessenheit geraten war.
In meiner Geburtsstadt Passau ist ein ganzer Stadtteil und eine markante Wallfahrtskirche der Hl. Korona gewidmet, mehrere Kirchen befinden sich noch im Rottal, in Österreich und in Oberbayern.
Ich weiß noch genau: Bei einem der vielen Kennenlerngespräche mit meinem - in Ortsgeschichte sehr bewanderten - Schwiegervater, stießen wir darauf. Im oberbayerischen Heimatort meiner Frau gab es bis zur Säkularisation eine Wallfahrtskirche der Hl. Korona. Das "Koronafeld" – ein Flurname – erinnert noch heute an sie. Außerdem ist der Mädchenname mancherorts durchaus noch präsent, besonders als zweiter Vorname. Wie schön, dachten wir: Eine Heilige, die uns verbindet und noch dazu einen klingenden Namen hat. Nemmama! (Nehmen wir!)
Das ging nicht allen so. Mein Vater war, als er es erfuhr, zwar sehr stolz. Eine Großtante seinerseits – alte Passauer Familie anscheinend – habe schon so geheißen. Aber schon bei der Geburt unserer Tochter schlug meine große Schwester die Hände über dem Kopf zusammen: "Um Gottes Willen! Wie könnt Ihr Euer Kind so nennen?"
So lief es prompt auch die nächsten Jahre. Die Reaktionen pendelten zwischen: "Was? Ein toller alter Name! Wo kommt denn der her?" und Sprüchen über die Bier- und Zigarrenmarke. Wir nahmen‘s mit Humor. Bis jetzt.
Denn jetzt ist unsere Tochter traurig. Tausende sind krank und nicht wenige gestorben. Was kann man tun? Beten! Zum Beispiel um die Fürsprache der Heiligen Korona, der Märtyrerin, die unter anderem eine Schutzpatronin gegen Krankheit.
Es ist nicht bloss Zufall, wessen Namen wir tragen und unter welchem Patronat wir stehen.
Mein Pfarrer an meiner ehemaligen Dienststelle sagte mir sinngemäß: "Glaubst Du, dass Gott die Eigenschaft, die einen Heiligen zum Heiligen gemacht hat, in seiner Herrlichkeit verschwinden lässt und nicht eher zur Vollendung führt?"
Ein wunderbarer Gedanke: also fragen – wer ist die Hl. Korona? Wir wissen nicht viel über sie: Zeugin für Christus im 2. Jahrhundert, die ihren geliebten Verlobten Victor nicht alleine ließ und deswegen an zwei Palmen hochgeschnellt wurde, was ihr Arme und Beine ausriss.
Im Spätmittelalter bis heute wurde sie bei Extremitätenkrankheiten angerufen, Votivgaben aus Wachs, kleine Ärmchen und Beinchen, zeugen von der Popularität der Hl. Korona. Sie war – laut Heiligenlexikon – sogar eine der beliebtesten Heiligen des Spätmittelalters und wegen ihres Namens die Patronin aller Schatzsuchenden. Warum? Weil Korona – also Krone – doch dazu passt. Lachen Sie nicht! Wenn wir im Haus etwas suchen, fragen wir unsere Tochter, früher oder später hat sie alles gefunden. Ich bin überzeugt, dass Korona eine Patronin hat, die mit Liebe auf ihren Schützling schaut. Auch als Bekennerin scheint sie etwas mitbekommen zu haben: Unsere Korona trällert im Einkaufswagen gerne laut "Laudato Si" oder "Heilig, heilig". Sie können sich vorstellen, was da die Eltern für Blick ernten.
Vom Schatz zum Geld ist es nicht weit: Korona ist auch Patronin in Geldangelegenheiten. Ein Stoßgebet um Fürbitte war die letzten Jahre Tradition beim Einwerfen der Steuererklärung beim Finanzamt – und anscheinend hat die Heilige kurze Bearbeitungszeiten: Hilfe wurde bis jetzt regelmäßig zuteil. Auf jeden Fall günstiger als der Hl. Antonius, dem man immer etwas versprechen muss.
Unsere Tochter steht unter einem guten Patronat, einer Zeugin für Christus, für den sie sich nicht schämen muss und braucht. Das war der Gedanke für sie bei ihrer Namensgebung, bei dem der Virus noch nicht zu erahnen war. Und das habe ich ihr auch erklärt, mit einem Heiligenbild ihrer Namensgeberin. Seitdem ist sie wieder stolz auf ihren Namen.
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Als Nichtmediziner habe ich keine Ahnung über Struktur und Wirkweise bzw. Gefährlichkeit eines Erregers und halte mich mit meiner Meinung zurück. Was mich bewegt, ist die Angst davor. Auch wir haben Sorge um uns, um Kinder und Verwandte, die in die Risikogruppe fallen. Als gläubiger Mensch versuche ich, wann immer ich von einer Erkrankung oder Todesfällen höre, diese Menschen dem gütigen Vater im Himmel anzuvertrauen.
Manchem mutet eine Pandemie – oder die Angst mancher Menschen davor –wie ein Herold eines der Apokalyptischen Reiter an. Aber als Katholik weiß ich, dass der Zuruf Gottes an jeden Menschen gilt: Ich vergesse Dich nicht, egal was passiert!
Ich habe die Hl. Korona als Fürsprecherin ausgesucht, gegen das Übel der Zeit, aber auch für das gute Gedeihen unserer kleinen Tochter, den Herrn um Hilfe zu bitten, denn nichts ist zufällig und bei ihm liegt alle Hilfe und Hilfestellung.
Erstveröffentlichung am 12. März 2020
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