Kiew - Freitag, 4. März 2022, 7:57 Uhr.
Der Apostolische Nuntius der Ukraine, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, hat sich trotz der zunehmend dramatischen Situation dazu entschieden, mit seinem diplomatischen Corps in Kiew zu bleiben. Der Botschafter des Vatikan berichtet aus der ukrainischen Hauptstadt, dass sich die Lage angesichts der russischen Angriffe weiter verschlechtere, gerade für die schwangeren Frauen und kranke Menschen, die auf Medikamente angewiesen seien.
Gleichzeitig betont der Erzbischof, dass er bei den Menschen bleiben wolle, weil er "nicht nur ein Botschafter" sei, sondern auch "ein Hirte".
"Ich bin nicht nur Botschafter, sondern auch Hirte"
"Wir sind bei guter Gesundheit, aber die Situation hier ist besorgniserregend", teilte der Nuntius Visvaldas Kulbokas am Dienstag in einem Interview mit dem deutschen Radiosender "Radio Horeb" mit. "Wir müssen immer wieder in die Luftschutzkeller fliehen und sollen die oberen Etagen meiden", so der Erzbischof. Die Telefone würden zwar aktuell noch funktionieren, allerdings wisse man nicht, wie lange noch.
Ständig bestünde die Gefahr, dass Raketen einschlagen, berichtet der Nuntius weiter. Er habe deshalb auch schon im Bunker die Heilige Messe feiern müssen. Auf die Frage, warum er nicht mit seinen Mitarbeitern geflohen sei, sagte Kulbokas wörtlich:
"Ich bin als Nuntius nicht nur ein Botschafter, sondern auch ein Hirte, gegenüber der Regierung, aber auch gegenüber der Kirche. Dafür hat mich der Papst eingesetzt. Als Hirte der Menschen möchte ich bei den Menschen sein. Es wäre ein Widerspruch, wenn ich abreisen würde und die Menschen im Stich lassen würde."
Weiter berichtet er von dramatischen Situationen. Zwischendurch habe man die Nuntiatur kurz verlassen können, um Nahrungsmittel und Wasser zu besorgen. Besonders schwierig sei die Lage jedoch für Schwangere und Kranke, die auf ärztliche Hilfe und Medikamente angewiesen seien.
Gegenüber "SIR", der Nachrichtenagentur der italienischen Bischofskonferenz, sagte Erzbischof Kulbokas:
"Ich vertrete den Papst in der Ukraine, aber ich vertrete ihn auch gegenüber den Menschen und den Kirchen in der Ukraine. Meine Aufgabe ist es nicht nur, hier zu sein, sondern auch, den Menschen nahe zu sein. Mein Platz ist also hier."
Sollte es irgendwann "physisch unmöglich" sein, in Kiew zu bleiben, werde man die Möglichkeit einer Abreise "in Betracht ziehen", so der Erzbischof. Aktuell sei es aber wichtiger, in der Not bei den Menschen zu sein, die mit "Schüssen, Kälte, Gefahr, Verletzungen und sogar dem Tod" konfrontiert sind.
Dank für Solidarität
Besonders dankbar ist Nuntius Visvaldas Kulbokas für die weltweite Solidarität. "Viele Menschen haben mich angerufen und mich gebeten, dem Papst ihre herzliche Dankbarkeit für seine Sorge, für seine Gebete und auch für seine Bemühungen zu übermitteln, die nicht nur diplomatisch, sondern auch menschlich sind, indem er als Hirte handelt", erzählt Kulbokas der Nachrichtenagentur "SIR". Der Papst sei "in der Tat der leidenden Ukraine nahe, aber er ist auch allen anderen nahe". Wörtlich sagte der Erzbischof:
"Wir sind alle Brüder und Schwestern, und die Kirche versucht, uns alle zu versöhnen. Sie sät nicht den Samen des Hasses, sondern den Samen der Liebe und der Brüderlichkeit. Ich hoffe, dass sich alle dieser Mission der Verurteilung des Krieges und der geistigen Einheit und Versöhnung mit allen anschließen werden."
Diese "starke Solidarität" verspürt der katholische Geistliche im Diplomatendienst auch mit den Angehörigen anderer Glaubensrichtungen. "Jeden Tag ruft mich der Assistent des Muftis an und fragt, ob wir genug Essen und Wasser haben oder ob jemand aufgenommen werden muss", berichtet Kulbokas. "Die Katholiken tun dasselbe in ihren Kirchen, ebenso wie die Orthodoxen und die Juden. Es gibt eine weit verbreitete Solidarität, und dieses Gefühl der Einheit zu erleben, ist eine sehr starke und schöne Erfahrung."
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