Deutsches Symposium in Rom: "Volksfrömmigkeit – Alter Zopf oder verkannte Chance?"

Am 16. Juni 2023 fand in Rom ein Symposium statt zum Thema "Volksfrömmigkeit – Alter Zopf oder verkannte Chance?".
Am 16. Juni 2023 fand in Rom ein Symposium statt zum Thema "Volksfrömmigkeit – Alter Zopf oder verkannte Chance?".
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Neben dem Nationaldirektor von Österreich, Pater Karl Wallner OCist (rechts), traten auch der Wallfahrtsrektor von Altötting, Klaus Metzl, der Theologieprofessor Ralph Weimann und der Augsburger Weihbischof Florian Wörner (v.l.n.r.) auf.
Neben dem Nationaldirektor von Österreich, Pater Karl Wallner OCist (rechts), traten auch der Wallfahrtsrektor von Altötting, Klaus Metzl, der Theologieprofessor Ralph Weimann und der Augsburger Weihbischof Florian Wörner (v.l.n.r.) auf.
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch
Weihbischof Florian Wörner (Bistum Augsburg)
Weihbischof Florian Wörner (Bistum Augsburg)
Daniel Ibáñez / CNA Deutsch

Am Freitag fand in Rom ein Symposium zum Thema Volksfrömmigkeit statt. Bei der Veranstaltung unter dem "Volksfrömmigkeit – Alter Zopf oder verkannte Chance?" traten im Patristischen Institut Augustinianum als Referenten neben dem Augsburger Weihbischof Florian Wörner auch der Nationaldirektor von Missio Österreich, Pater Karl Wallner OCist, der Wallfahrtsrektor von Altötting, Klaus Metzl und der Theologieprofessor Ralph Weimann auf.

Das Symposium wurde vom Verein "Fundatio Christiana Virtus e.V." organisiert.

Der katholische Fernsehsender EWTN.TV übertrug die Veranstaltung live, die Aufzeichnung des Symposiums ist online abrufbar.

Volksfrömmigkeit mehr als Mottenkiste und Aberglaube

In einer kurzen Einführung erinnerte Prälat Markus Graulich SD daran, dass die Volksfrömmigkeit vielfältige Erscheinungsformen habe. Noch heute sieht man an vielen Autorückspiegeln einen Rosenkranz hängen, Menschen zünden in der Kirche eine Kerze an oder besprengen sich mit Weihwasser.

Auch wenn die Volksfrömmigkeit beinahe in Vergessenheit zu geraten drohe und dabei nicht nur in den "Geruch der Mottenkiste, sondern auch unter den Verdacht des Aberglaubens" geraten sei, sei sie noch immer präsent, so Graulich. Die Volksfrömmigkeit sei "ein Hunger nach Gott, der in den einfachen Gesten seinen Ausdruck findet."

Wörner: Eucharistie im Zentrum

Weihbischof Florian Wörner (Diözese Augsburg) nannte in seinem Vortrag zahlreiche Beispiele für Evangelisierungsprojekte, die in seiner Heimatdiözese initiiert wurden. Im Mittelpunkt stehe dabei meist "die lebendige Begegnung der Teilnehmer mit dem Herrn und seinem Wort", also die Spendung der Sakramente, ein reiches Beichtangebot und Möglichkeiten zur eucharistischen Anbetung.

Mehr in Deutschland - Österreich - Schweiz

Nicht nur kirchliche Großveranstaltungen mit internationalem Flair — wie Weltjugendtage oder Jugendwallfahrten nach Rom — übten eine große Anziehungskraft auf die Menschen aus, betonte der Weihbischof. Eine feierliche Heilige Messe, eine gute Beichte, eine biblische Katechese, die das Wort Gottes erfahrbar macht: All das führe die Menschen wieder zu Gott, so Wörner, darauf ziele letztlich die Volksfrömmigkeit in Ergänzung und in Verbindung mit der Liturgie.

Metzl: Synodalität ist Pilgerfahrt zu Christus hin

Klaus Metzl, der Wallfahrtsrektor des bayerischen Pilgerorts Altötting, sprach über die Wallfahrt als ein "geistliches Erlebnis".

"Gemeinsames Pilgern setzt die Verständigung über das Ziel der Pilgerschaft voraus", führte Metzl aus. "Über alle irdischen Pilgerziele hinaus, gilt es – wie Jesus seine Jünger und damit auch uns mahnt – zuerst und vor allem das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit zu suchen."

Das gemeinsame Unterwegssein werde heute oft als "Synodalität" bezeichnet, so der Wallfahrtsrektor weiter. 

"Sollten sich die Synodalen, die Pilger, die Weggefährten, über das Ziel ihrer Pilgerschaft nicht verständigen können, dann löst sich die Pilger-Gemeinschaft auf. Sie verläuft sich und geht in die Irre. Trennung und Vereinzelung sind die Folgen. Der Weg wird zum Ziel."

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

Das Ur-Bild des Pilgers sei Christus selber, unterstrich Metzl. Sein Ziel, so wie auch das Ziel eines jeden irdischen Pilgers, sei die Herrlichkeit des Vaters im Himmelreich. Erst dann, wenn jeder Pilger diesen Christusbezug habe, ist "man auf einem guten Weg, sein Ziel zu erreichen – das weiß die Volksfrömmigkeit ganz gut".

Weimann: Sakramentalien als Ausdruck des Glaubens

Professor Ralph Weimann erläuterte als Nächstes die Wirkungsweise von Sakramentalien. Nach der Konstitution Sacrosanctum Concilium über die Heilige Liturgie, die vom Zweiten Vatikanischen Konzil verabschiedet wurde, sind Sakramentalien "heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden". Einfache Segnungen wie das Tischgebet oder nichtsakramentale Weihen wie die Marienweihe gehören zum Alltag der Gläubigen dazu und sind "wertvolle Gnadenmittel", so Weimann.

Auch die Exorzismen gehören dazu, die sich – laut Weimann – "vor allem im deutschen Sprachraum keiner Beliebtheit" erfreuen, "gewöhnlich auch nicht unter Theologen". "Das Böse zu leugnen, das gerade in unserer Zeit seine hässliche Fratze immer deutlicher zeigt, wäre Realitätsverneinung", unterstrich der Theologe. Die Exorzismen seien nach dieser Definition "machtvolle und von der Kirche approbierte Gebete, um den Bösen zu überwinden".

Geweihte Gegenstände wie die Benediktsmedaille, die Wundertätige Medaille oder das Skapulier werden ebenfalls den Sakramentalien zugerechnet.

Weimann beklagte, dass die Wertschätzung für die Sakramentalien in den letzten Jahrzehnten zurückgegangen sei. Sakramentalien seien kein "Hokuspokus", sondern müsse "mit Andacht und Glauben" praktiziert werden, um wirksam zu sein. "Im Umgang mit den Sakramentalien lässt sich auf die Lebendigkeit der Volksfrömmigkeit schließen", ist sich Weimann sicher.

Wallner: "Wir brauchen Mission!" 

Pater Karl Wallner OCist, der frühere Rektor der Hochschule Benedikt XVI. in Heiligenkreuz und jetzige Nationaldirektor von Missio-Österreich, betonte, dass Volksfrömmigkeit auch immer missionarisch ist. Volksfrömmigkeit antworte auf ein transzendentales Bedürfnis des Menschen; besonders das Bedürfnis nach Folklore, nach Gemeinschaftsgefühl werde durch die missionarischen Aufbrüche innerhalb der Kirche gestillt, die sich aus der Spiritualität der Volksfrömmigkeit speisen.

"Hat der Mensch keine Heiligen, so schafft er sich Idole", warnte Wallner. "Wir Katholiken verehren in den Heiligen eigentlich mittelbar Christus, denn heilig ist man allein durch die Mitwirkung an seiner Gnade."

Wallner verurteilte den Neid, den er innerkirchlich teilweise wahrnehme, wenn bestimmte katholische Aktionen mehr Zulauf als andere erhielten. Er ermutigte dazu, stattdessen von erfolgreichen Konzepten zu lernen. "Plagiat ist Pflicht", so der Zisterzienser-Mönch mit einem Augenzwinkern.

Abschließend betonte Pater Karl Wallner die besondere Rolle der Volksfrömmigkeit bei der Neuevangelisierung:

"Das Christentum war niemals eine Religion der kalten Intellektualität; unsere prall gefüllten theologische Bibliotheken sind zwar notwendig, aber sie bekehren niemanden. Damit Mission als Erweckung des Glaubens gelingen kann, braucht es Atmosphäre, Sinnlichkeit, Kindlichkeit, Emotionen, die Erfahrungen von Heilung und Trost, die Gefühle von Gemeinschaft und geistiger Beheimatung. Missionarischer Aufbruch beginnt dort, wo ein Herz sich soweit öffnet, dass Gottes Geist es berühren und führen kann."

Sehen Sie hier die Übertragung der Veranstaltung durch den katholischen Fernsehsender EWTN.TV: