Vatikanstadt - Freitag, 30. Oktober 2015, 9:25 Uhr.
Auch wenn interreligiöser Dialog wichtig ist: Mit fundamentalistischen Gruppen wie Islamisten ist er kaum möglich, weil diese kein Interesse am Aufbau der dazu notwendigen Beziehungen haben. Das hat Kardinal Pietro Parolin gesagt, Leiter des vatikanischen Aussenministeriums.
Gegenüber CNA betonte Parolin wörtlich: “Dialog entfaltet sich im Austausch zwischen jenen, die sich in eine Beziehung begeben, nicht wahr? Somit sind Interventionen mit denen, die den Dialog verweigern, überhaupt nicht vernünftig”.
Der Kardinalstaatssekretär weiter: “Daher glaube ich nicht, dass man mit Fundamentalisten einen Dialog haben kann. Man kann einen Dialog anbieten, aber ich sehe nicht viele Möglichkeiten zur Aufnahme eines solchen.”
Kardinal Parolin sprach mit CNA am 29. Oktober, nach einer Rede vor Teilnehmern einer Konferenz zum Gedenken an den 50. Jahrestag der Veröffentlichung von Nostra Aetate, die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils über das Verhältnis der Kirche zu den nicht-christlichen Religionen.
Gefördert durch den Päpstlichen Rat für den Interreligiösen Dialog und der Päpstlichen Kommission für die religiösen Beziehungen mit den Juden, sollte die Konferenz dem interreligiösen Dialog und der Reflexion dienen, gemeinsam mit Vertretern verschiedener Religionen aus der ganzen Welt.
Kardinal Parolins Bedenken werden auch von Erzbischof Bashar Warda geteilt, dem chaldäischen Erzbischof von Erbil. Er sprach am Ende der chaldäischen Bischofssynode, die diese Woche in Rom stattfand mit CNA am 28. Oktober.
Erbil ist die Hauptstadt des irakischen Kurdistans. Hierher sind 13.500 Familien geflohen, nachdem der Islamische Staat im vergangenen Sommer die Städte Mosul und Ninive eroberte. Erbil ist rund 88 Kilometer von Mosul entfernt.
Erzbischof Warda sagte, dass was einen Dialog mit Fundamentalisten angeht, sofern es dabei um den IS ginge, dann nicht, denn “die sehen sich selber nicht in der Lage des Dialogs.”
Es gehe nicht darum, mit diesen einen Dialog zu führen, sondern darum, dass Gruppen wie der Islamische Staat einen solchen verweigerten.
“Wir sind Ungläubige für sie", sagte er. Gleichzeitg gebe es einen Unterschied zwischen dem Islamischen Staat und der Bevölkerung, die unter der Herrschaft des Kalifats in Mosul und anderen Teilen des Irak lebten, so der chaldäische Hirte. Mit diesen Menschen müsse durchaus versucht werden, “wieder eine Brücke des Friedens aufzubauen und Vertrauen zu schaffen”, sagte Erzbischof Warda gegenüber CNA.
Kardinal Parolin sagte, Frieden zu schaffen sei "eine große Verantwortung" für alle Religionen, aber es sei auch etwas, dass von Herzen kommen müsse.
Religionen hätten eine große Aufgabe und Verantwortung in diesem Zusammenhang, stellte der Kardinalstaatssekretär fest, vor allem "um die Mitglieder der verschiedenen Religionen dazu aufzurufen, Frieden Schaffende zu sein."
Nayla Tabbara, eine muslimische Frau aus dem Libanon und Vizedirektor des Adyan Instituts, war eine der Rednerinnen der Nostra Aetate-Konferenz. Sie sprach mit CNA über die Aufforderung von Papst Franziskus an alle Muslime, sich klar zu positionieren, wo sie in Bezug auf Fundamentalisten-Gruppen wie dem Islamischen Staat stehen.
Sie sagte, dass es bisher viele Antworten auf die Forderung des Papstes gegeben habe und zitiert ihre eigenes Institut – das sich für den interreligiösen Dialog einsetzt – als eines von mehreren, die sich für Offenheit, Dialog und Religionsfreiheit einsetzen würden.
Tabbara drückte ihre Trauer aus darüber, dass so viele Christen derzeit den Irak und Syrien wegen islamistischer Gewalt verlassen. "Der Nahe Osten ohne Christen würde ein islamischer Waisenhaus sein, und genau das passiert gerade", sagte sie. "Der Nahe Osten ist die Wiege des Christentums, die Region kann nicht ohne Christen sein; wir müssen uns alle zusammen dafür einsetzen, dass die Christen bleiben, und im Nahen Osten sicher sind”.