Wien - Montag, 1. April 2024, 11:00 Uhr.
Jean ist 26 Jahre alt, verheiratet und Betreiber des YouTube-Kanals „Säule und Fundament“ mit fast 14.000 Abonnenten. Vor etwa einem Monat veröffentlichte er ein Video über seine Bekehrung zum katholischen Glauben. CNA Deutsch hatte nun die Gelegenheit, mit Jean persönlich über seine Bekehrung zu sprechen.
Was hat sich für Sie nach ihrer Bekehrung zum katholischen Glauben verändert?
Ich kann endlich zu den Schülern der Apostel stehen und sagen, dass ich zu ihnen eine Verbindung habe. Nicht nur zu ihnen, sondern vor allem zu der Kirche, welche der Herr Jesus gegründet hat.
Des Weiteren bin ich immer wieder aufs Neue von der unglaublichen Schönheit der katholischen Religion beeindruckt. Hierbei meine ich vor allem die Heilige Messe und die Innenarchitektur der katholischen Kirchen. Mein Verständnis über das Evangelium hat sich auch gravierend verändert. Endlich muss ich mich nicht mehr mit den krampfhaften, protestantischen Auslegungen zu Versen aus der Heiligen Schrift wie zum Beispiel Jakobus 2, dem Hebräerbrief aber auch dem Matthäusevangelium zufriedenstellen, um einen Widerspruch zu Luther’s Lehre „Sola Fide“ zu Umgehen. Endlich weiß ich, dass es doch die eine wahre Auslegung zu heilsrelevanten, biblischen Lehren gibt. Es tut gut und schenkt meinem Herzen Frieden zu wissen, dass ich bei Jesus und seiner Kirche angekommen bin.
Wie waren die Reaktionen in ihrem Umfeld, besonders in der Freikirche? Haben Sie durch ihre Bekehrung Freunde verloren? Haben Sie noch Kontakt zu Ihrer alten Gemeinde?
In meinem freikirchlichen Umfeld waren die Reaktionen natürlich vorwiegend negativ, jedoch war ich überrascht, dass die ein oder andere Freundschaft doch noch erhalten geblieben ist.
Zu den meisten ist jedoch der Kontakt abgebrochen und ich habe definitiv leider einige Freunde verloren. Oft wurden mir mehrere Argumente gegen den katholischen Glauben entgegengebracht. Da ich jedoch während meiner Recherche zu beinahe all diesen protestantischen Argumenten, die passende Widerlegung gefunden hatte, war es mir ein Leichtes, dieses neue Wissen jetzt in der Praxis anzuwenden. Nachdem ich alle Argumente widerlegt hatte, war das Ergebnis bisher fast immer dasselbe: Der meist schriftliche Austausch wurde ohne eine Antwort beendet. Unter anderem durch diese Reaktionen habe ich gemerkt, dass viele aus meinem alten, evangelikalen Umfeld zumindest stark ins Grübeln gekommen sind.
Oft wird gesagt, dass Freikirchler einen lebendigen Glauben und eine bessere Gemeinschaft in ihrer Gemeinde haben im Vergleich zu Katholiken. Würden Sie dem zustimmen?
Es stimmt, dass gemeinsames Essen, Kaffee und Kuchen, aber auch Treffen außerhalb der Gottesdienste in Freikirchen einen hohen Stellenwert haben. Ich denke, es stimmt, dass in Freikirchen hierauf mehr Wert gelegt wird, als in den meisten katholischen Gemeinden.
Sie sprachen in ihrem Bekehrungsvideo über die Uneinigkeit unter den Protestanten, dass es „fünf verschiedene Meinungen“ zu bestimmten Glaubensthemen in den Gemeinden gäbe. Warum ist das so?
Die drei „großen“ Reformatoren Luther, Calvin und Zwingli waren sich ja selbst bereits in heilsrelevanten Lehren uneinig und sie alle haben die Wiedertäufer (Anabaptisten) verfolgen und bekämpfen lassen. Aus den Anabaptisten wurden die heutigen Mennoniten und Amischen.
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Die meisten heutigen Freikirchen ließen sich jedoch wohl am ehesten auf die Baptisten aus dem 17. Jahrhundert zurückführen. Neben den Baptisten gibt es ja aber noch beispielsweise die Methodisten, Anglikaner, Reformierte-Baptisten, die Brüdergemeinden, Pfingstgemeinden, Adventisten und viele hunderte weitere protestantische Strömungen. Sie alle berufen sich auf „Sola Scriptura“ (Allein die Schrift) und widersprechen sich doch in heilsrelevanten Lehren und/oder in dutzenden nicht-heilsrelevanten Lehren. Aus „Sola Scriptura“ folgt auch zwangsweise „Solus Ego“ (= Allein ich). Der individuelle Protestant selbst ist durch Sola Scriptura die letzte Instanz, wenn es um die Auslegung der Heiligen Schrift geht. Sollte er nach einigen Jahren in seiner bspw. Baptistengemeinde zu gravierend, unterschiedlichen Auslegungen kommen als sein Pastor, steht es ihm frei einfach:
1. Die Gemeinde zu verlassen und seinen Glauben privat weiterzuführen. Wohlgemerkt auch in diesem Fall wäre er selbst die letzte Instanz welche entscheidet, wie die Heilige Schrift zu interpretieren ist.
2. Eine neue – eigene – Gemeinde bzw. Sekte zu gründen.
3. In eine andere Freikirche zu wechseln, welche seiner Bibelauslegung am meisten ähnelt.
Das Vertrauen auf Sola Scriptura entstammt meines Erachtens nach aus einer falschen Interpretation von Johannes 16:13, wo der Herr Jesus den Aposteln den Heiligen Geist sendet und ihnen verspricht, dass dieser sie in alle Wahrheit leiten wird. Protestanten verstehen diesen Vers in den allermeisten Fällen so, dass jeder individuelle Christ, welcher nach ihrem Verständnis wiedergeboren ist, durch den Heiligen Geist mit genügend Gebet und Studium die Bibel richtig interpretieren und auslegen kann. Natürlich sieht man davon in der Praxis nichts, da der Heilige Geist meines Wissens nach den Aposteln und deren Nachfolgern, also der Leitung der Kirche versprochen wurde.
Außerdem sprachen Sie von einem „Hass gegen die katholische Kirche“ bei manchen Freikirchlern. Woher kommen solche Emotionen?
Der Hass gegenüber der Kirche kommt zum Teil von den Reformatoren selbst und deren Beschuldigungen wie z.B. dass die Katholische Kirche die Hure Babylon aus dem Buch der Offenbarung sei, sowie dass das Papsttum mit der Person des Antichristen gleichzusetzen ist.
Kurz und knapp könnte man sagen: Viel Polemik, Hetze und vor allem Unwissen bzw. falsches Wissen über die Lehren der Katholischen Kirche.
Wie würden Sie als Ex-Protestant Ökumene gestalten oder leben?
In erster Linie ist es denke ich wichtig, liebevoll zu informieren und aufzuklären. Die allermeisten Protestanten und vor allem Freikirchler haben so wie ich damals ein oft absolut falsches Verständnis über die Lehren der Katholischen Kirche. Allem voran der Soteriologie, also der Lehre darüber, wie ein Mensch das Heil erlangt. Hier beschuldigen manche Protestanten Katholiken gerne der „Werksgerechtigkeit“ und daraus folgend wird der Katholischen Kirche vorgeworfen, dass sie ein falsches Evangelium lehre. Ich bin davon überzeugt, dass das Aufklären von Missverständnissen für einen fruchtvollen Dialog unabdingbar ist.