Redaktion - Sonntag, 30. Juni 2024, 8:00 Uhr.
Kirchenprojekte in Ägypten, die gestoppt wurden, als das nordafrikanische Land von der Muslimbruderschaft beherrscht wurde, werden inzwischen neu aufgenommen, da die Christen im Land wieder ein gewisses Maß an Freiheit genießen.
Nach Angaben des Hilfswerks „Kirche in Not“ (ACN) genießen die ägyptischen Christen heute mehr Religionsfreiheit als noch vor einigen Jahren, als das Land von 2012 bis 2013 durch die radikale islamistische Gruppe beherrscht wurde.
Der Patriarch von Alexandria, Erzbischof Ibrahim Sidrak, erklärte gegenüber ACN, die Christen in Ägypten seien zwar immer noch verschiedenen Arten von Verfolgung ausgesetzt, doch die koptischen Katholiken im Land hätten es für notwendig erachtet, mit dem Bau von Kirchen zu beginnen, um ihre Mitglieder seelsorgerisch zu betreuen.
„Jetzt, da die Regierung die Hindernisse für den Bau neuer Kirchen beseitigt hat, haben alle Diözesen Bauprojekte“, so der Erzbischof. „Die Kirchen sind das Herz unserer Gemeinden und für viele Gemeindemitglieder nur schwer zugänglich. Diejenigen, die weit entfernt wohnen, müssen bis zu einem Viertel ihres Gehalts ausgeben, um ihre Familie mit dem Bus zur Sonntagsmesse in die Kirche fahren zu können.“
Ein Beispiel für kirchliche Projekte, die im Land wieder aufgenommen wurden, ist die Kathedrale von Luxor, die 2016 abgebrannt ist und mit Unterstützung von ACN wieder aufgebaut wird.
Erzbischof Sidrak, der die koptisch-katholische Kirche mit ihren rund 300.000 Gläubigen leitet, wird mit den Worten zitiert: „Eines der emblematischsten Beispiele für den Drang der koptischen Katholiken nach Wiederaufbau ist unsere Kathedrale in Luxor, die niedergebrannt wurde. Sie wird bald vollständig wiederhergestellt sein, vor allem dank der Unterstützung von ACN.“
ACN berichtete, am 23. und 26. April seien die Dörfer Al-Fawakher und Al-Koum, beide in der Provinz Minya, von einem Mob von Muslimen angegriffen worden, die wütend über die Idee waren, in diesen Orten christliche Kirchen zu bauen.
Dem Hilfswerk zufolge handelte es sich dabei um einen Einzelfall, da die ägyptischen Christen heute im Gegensatz zu den harten Zeiten, in denen die Muslimbruderschaft das Land regierte, eine „größere Freiheit der Religionsausübung“ genießen. Mit Blick auf diese Zeiten, als die islamischen Radikalen unter der Führung von Mohamed Morsi an die Macht kamen, sagte Sidrak: „Während der Regierung von Mohamed Morsi stiegen die Angriffe gegen die Kopten sprunghaft an.“
Die Herrschaft Morsis, so der Erzbischof, „war schrecklich, aber glücklicherweise nur von kurzer Dauer“: „Ich denke, die Ägypter haben sich 2012, als sie zur Wahl gingen, gesagt, dass sie der Muslimbruderschaft nie eine Chance gegeben haben und dass sie es versuchen müssen. Sie werden denselben Fehler nicht noch einmal machen.“
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Sidrak stellte fest, der Schatten der muslimischen Extremisten bleibe trotz ihrer Entmachtung erhalten. Für den Erzbischof „stirbt diese Art von Bewegung nie, aber die derzeitige Regierung nimmt die Bedrohung sehr ernst, und sie dominieren die ägyptische Gesellschaft nicht mehr“.
„Als sie die ganze Macht hatten, in den Jahren 2012 und 2013, war es für einen Christen sehr riskant, allein auf die Straße zu gehen“, erinnerte sich der Erzbischof. „Unsere Kirchen wurden bedroht und Hunderte wurden niedergebrannt! Jetzt leben wir in relativer Sicherheit. Es gibt Fanatiker und Terroristen, wie überall, aber sie sind unter Kontrolle.“
Laut ACN gibt es immer noch „beunruhigende Anzeichen“ für Christenverfolgung in Ägypten. Christen in Ägypten seien häufig Opfer von Angriffen und Verbrechen, würden von der Justiz diskriminiert und genössen nicht die gleichen Rechte wie ihre muslimischen Mitbürger.
Doch nicht alles ist negativ, betonte Sidrak. „Ja, wir haben Schwierigkeiten, insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit.“ Es gebe „eine beeindruckende demografische Entwicklung. Zwei Millionen Ägypter werden jedes Jahr geboren. Und der Arbeitsmarkt hält damit nicht Schritt. Viele junge Menschen sind von der Arbeitslosigkeit betroffen, was zu Frustration führt.“
Er fügte hinzu: „Wir nehmen auch viele Migranten aus Ländern auf, in denen Krieg herrscht. Wir haben bereits Syrer aufgenommen und jetzt sind es Sudanesen, die auf der Suche nach Zuflucht zu uns kommen.“
Angesichts der Herausforderungen habe sich die koptisch-katholische Kirche nicht nur für die Aufnahme von Migranten eingesetzt, sondern auch für die Stärkung ihrer sozialen Rolle, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitswesen.
Sidrak erklärte, dass heute viele Muslime ihre Kinder auf katholische Schulen schicken wollen: „Dies trägt nicht nur zur Bildung unseres Volkes bei, sondern auch dazu, es trotz religiöser Unterschiede zusammenzuhalten.“
Übersetzt und redigiert aus dem Original von ACI Africa, der für Afrika zuständigen englischsprachigen Partneragentur von CNA Deutsch.