Vatikanstadt - Sonntag, 16. April 2017, 6:59 Uhr.
Anlässlich des 90. Geburtstags des emeritierten Papstes Benedikt XVI. am heutigen Ostersonntag, 16. April 2017, hat EWTN.TV ein Interview mit Erzbischof Georg Gänswein geführt, dem Präfekten des Päpstlichen Hauses und Privatsekretär von Benedikt.
Das Interview führte Martin Rothweiler, Programmverantwortlicher von EWTN.TV in Deutschland. Sie sehen das Interview bei EWTN.TV zu diesen Sendezeiten und hier:
CNA dokumentiert exklusiv den Wortlaut des Gesprächs in schriftlicher Fassung.
MARTIN ROTHWEILER: Herzlich willkommen, verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer. Wir befinden uns hier im Apostolischen Palast im Vatikan. Von hier aus hat Papst Benedikt XVI. acht Jahre lang die Kirche als Stellvertreter Christi und Nachfolger Petri geleitet. Bei mir begrüßen darf ich sehr herzlich Erzbischof Dr. Georg Gänswein. Er ist der Präfekt des Päpstlichen Hauses und der Privatsekretär des emeritierten Papstes. Herzlich willkommen!
ERZBISCHOF GÄNSWEIN: Grüß Gott!
Die Frage, die alle interessiert, ist natürlich: Wie geht es Papst Benedikt? Der Psalm sagt: "Das Leben währt 70 Jahre lang, wenn es hoch kommt 80 Jahre". Es ist ausgerechnet der 90. Psalm. Und Papst Benedikt feiert nun am 16. April seinen 90. Geburtstag. Wie geht ihm?
Ja, am Ostersonntag wird er 90 in der Tat. Für sein Alter geht es ihm sehr gut. Er ist also guter Dinge. Er ist ganz hell im Kopf und hat immer noch den Sinn für den Humor. Was ihm Schwierigkeiten bereitet, sind die Beine. Das Gehen ist mühsam geworden. Mit einem Rollator kommt er aber sehr gut zurecht. Und dieser Rollator garantiert ihm Bewegungsfreiheit und auch Autonomie. Insofern ist er mit 90 gut beieinander, obwohl er da und dort über das eine oder andere Wehwechen klagt.
Wie wird er denn seinen Geburtstag feiern?
Am Ostersonntag hat die Liturgie natürlich Vorfahrt. Es wird dann am Ostermontag nachmittags eine kleine Feier sein. Er wollte nur etwas, das seinen Kräften angemessen ist. Er wollte keine große Feier haben. Das hat er total ausgeschlossen. Es wird eine kleine bayrische Delegation kommen. Es werden die Schützen kommen. Es wird der Ministerpräsident nachmittags ins Kloster kommen. Und dort wird dann eine kleine Geburtstagsfeier sein - sehr bayerisch.
Ist schon abzusehen, ob Papst Franziskus ihn besuchen wird?
Es ist abzusehen. Er wird es sicherlich tun.
Sie kennen Papst Benedikt so gut wie kein anderer außer seinem Bruder Georg Ratzinger. Wie haben Sie Papst Benedikt eigentlich kennen gelernt?
Kennengelernt habe ich ihn über die Literatur. Als ich am Ende des Gymnasiums war, hat mein Pfarrer mir damals Die Einführung in das Christentum gegeben mit der Bitte: "Das musst du lesen! Das ist die Zukunft!" Ich sagte: "Ja, und haben Sie es gelesen?" "Nein, aber du musst es lesen." Gut, das habe ich dann getan. Und dann ab Beginn des Studiums der Theologie in Freiburg, dann später in Rom und dann wieder zurück in Freiburg habe ich eigentlich alles gelesen, was der damalige Professor und Kardinal geschrieben hat. Persönlich kennengelernt habe ich ihn erst vor einundzwanzig, zweiundzwanzig Jahren hier in Rom, als die Bitte kam, hier an der römischen Kurie mitzuarbeiten. Konkret war der Platz das Colleggio Teutonico, noch konkreter die Kapelle, wo Kardinal Ratzinger jeden Donnerstag für die deutschen Pilger die heilige Messe gefeiert hat und anschließend dann beim Frühstück dabei war. Das war der allererste konkrete persönliche Kontakt mit Kardinal Ratzinger und seit der Zeit haben wir uns nicht mehr aus den Augen verloren.
Er hat hier Sie ja dann irgendwann an seine Seite geholt. Was hat ihn dazu bewogen, Sie auzuwählen?
Damals war es so: Ich kam ja nicht direkt an die Kongregation für die Glaubenslehre, sondern an die Kongregation für den Gottesdienst. Als dann in der Glaubenskongregation ein deutscher Priester nach einer bestimmten Zeit wieder zurückgegangen ist, da hat er mich gebeten, zu kommen. Er sagte zu mir: "Ich halte Sie für diese Aufgabe für geeignet, ich bitte Sie zu kommen. Ich werde also dann mit den entsprechenden Stellen reden, wenn Sie einverstanden sind." So war es dann. Und in der Tat, ich bin dann 1996 in die Glaubenskongregation eingetreten und war dort Mitarbeiter bis zum Jahr 2003. Dann hat er mich zu seinem persönlichen Sekretär gemacht hat. Und das bin ich bis zum heutigen Tage.
Wie war Ihr erster Eindruck von ihm, als er Sie gerufen hat, als Sie in seiner unmittelbaren Nähe gearbeitet haben?
Mein erster Gedanke war: Habe ich mir etwas zu Schulden kommen lassen? Habe ich etwas auf dem Kerbholz. Ich habe also Gewissenserforschung gehalten, aber nichts gefunden. Dann sagte er: "Nein, es ist etwas, was Ihre Zukunft betrifft. Und ich meine, das ist eine gute Aufgabe für Sie. Und überlegen Sie es sich gut." Das hat mich natürlich sehr gefreut, dass er mir zutraut, in seiner Umgebung zu arbeiten. Das ist natürlich auch eine Arbeit, die herausfordernd ist und die wirklich alle Kräfte bindet.
Welche Charaktereigenschaften haben Sie da von ihm kennengelernt?
Was ich in den Schriften festgestellt habe: einen ganz scharfen Geist, eine klare Diktion. Aber dann im persönlichen Umgang eine große Milde, die im Gegenteil zu dem stand und steht, was immer wieder über ihn gesagt worden ist, als ob er ein Panzer wäre, als ob er grob wäre. Das ist er überhaupt nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Er hat eine große Souveränität im Umgang mit Personen, aber auch in der Darstellung von Problemen und im Lösen von Problemen und vor allem in der Darstellung des Glaubens und in der Verteidigung des Glaubens. Das ist das, was mich am meisten bewegt hat: zu sehen, mit welchen einfachen, aber sehr tiefen Worten dieser Mann es vermag, den Glauben zu verkünden und gegen Widerstände, selbst gegen Anfeindungen standzuhalten.
Welche Themen haben ihn zu der Zeit, als er Präfekt der Glaubenskongregation war, besonders beschäftigt und bewegt?
Als ich kam, war es gerade die Enzyklika Fides et Ratio, später kam dann Dominus Jesus, also alles Dokumente in den Jahren, in denen ich schon in der Kongregation gewesen bin. Dann später kam freilich auch der interreligiöse Dialog, den er dann als Papst nochmal intensiviert hat. Klar, dann die große Frage von Glaube und Vernunft. Das ist so eine Kette von Themen, die ich selber mitbekommen haben. Und das war hochinteressant, aber auch eine große Herausforderung.
Glaube und Vernunft ist sicher auch in seinem Pontifikat ein druchgehendes Thema. Kommen wir nochmal zurück auf die Zeit als Präfekt der Glaubenskongregation. In diese Zeit fällt auch die Offenlegung des dritten Geheimnisses von Fatima. Wir feiern in diesem Jahr das 100-jährige Jubiläum der Erscheinungen der Muttergottes in Fatima. Können Sie etwas dazu sagen: Wie hat der damalige Präfekt Kardinal Ratztinger dies aufgefasst?
Es war ja die Bitte von Johannes Paul II. dem Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre gegenüber, das dritte Geheimnis zu veröffentlichen, zu erläutern und theologisch zu interpretieren. Das war im Jahr 2000. Und ich weiß noch gut: Kardinal Ratzinger hat damals in der Pressekonferenz im Pressesaal das dritte Geheimnis vorgestellt. Er hat es theologisch gedeutet und auch dann auf die vielen Fragen der Journalisten danach wirklich sehr treffende, präzise und klare Antworten gegeben.
Welche Botschaft hat er damit kommuniziert? Viele von uns erinnern sich sicher auch an den 13. Mai 1981, das Attentat auf Johannes Paul II., ausgerechnet an dem Festtag der Muttergottes von Fatima. Wie hat Papst Benedikt das interpretiert?
Kardinal Ratzinger hat die Deutung natürlich in die Gegenwart hineingestellt. Jede theologische Deutung muss immer in einem bestimmten Rahmen gemacht werden. Und in der Tat, es war eine aktuelle Deutung des dritten Geheimnisses, das selbstverständlich mit Johannes Paul II. etwas zu tun hatte, das mit der Bekehrung Russlands etwas zu tun hatte und das im Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg damals auch etwas zu tun hatte. Das hat er versucht, in einen theologischen Rahmen zu bringen und in einem inneren Zusammenhang darzustellen. Nach meiner eigenen Erfahrung ist ihm das sehr gut gelungen. Nachher gab es dann ja die Frage der Kritik, dass das dritte Geheimnis nicht in seiner ganzen Fülle oder nicht in seiner Ganzheit veröffentlicht worden wäre, dass der Heilige Stuhl, dass die Kongregation noch etwas zurückbehalte, warum auch immer. Das trifft nicht zu. Es ist das ganze Geheimnis dargestellt und es ist das ganze Geheimnis vorgestellt worden.
In diesem Geheimnis ist von einem ganz in Weiß gekleideten Mann die Rede, den die Sehrkinder als Papst interpretiert haben, der getötet worden ist, auf den gschossen worden ist. Ist das zu identifizieren mit dem Attentat auf Johannes Paul II.?
Die theologische Deutung lässt das ohne Weiteres zu. Es ist natürlich gefährlich, ein Geheimnis zu personifizieren. In der theologischen Deutung geht es immer darum, auch dann zu aktualisieren. Und ich meine, wer das Geheimnis gelesen hat, wer den Inhalt kennt, der kommt schwer umhin, das nicht zu tun.
Es war Johannes Paul II. ja auch, der Kardinal Ratzinger zum Präfekten der Glaubenskongregation gemacht hat. Welche Beziehungen hatten die beiden zueinander? Welche Beziehung hatte Papst Benedikt, der damailige Kardinal Ratzinger, zu dem - wie wir heute wissen - heiligen Papst?
Kardinal Ratzinger, das heißt Papst Benedikt, hatte ja anlässlich der Heiligsprechung von Johannes Paul II. einen relativ langen Beitrag in einem kleinen schönen Buch zum Anlass der Heiligsprechung geschrieben, in dem er sein Verhältnis - und sie haben über 23 Jahre eng miteinander zusammengearbeitet - und seine große Bewunderung für den heiligen Johannes Paul II. zum Ausdruck gebracht hat. Immer wieder hat er von ihm gesprochen. Es ist natürlich schon eine große Gabe, eine große Gnade, so lange Zeit so intensiv, so eng an der Seite eines Mannes wie Johannes Paul II. zu arbeiten und auch manche Stürme gemeinsam durchzutragen. Und er selbst, der damalige Kardinal Ratzinger, hat ja viele Schläge für Johannes Paul II. einstecken müssen. Es ist klar: der Präfekt der Glaubenskongregation kann nicht Everybody’s Darling sein, sondern muss für den Papst einfach oft den Rücken hinhalten, dass die Schläge ihn treffen, die eigentlich dem Papst gelten.
Wie stark hat er das Pontifikat von Johannes Paul II. mitgeprägt?
Ich bin überzeugt, dass das Pontifikat Johannes Pauls II. von der Person, vom Denken und vom Wirken des damaligen Präfekten der Glaubenskongregation intensiv beeinflusst und intensiv getragen worden ist.
Papst Benedikt hat einmal gesagt, er habe sehr viel von Johannes Paul II. verstanden, wenn er gesehen hat, wie er die Messe zelebriert hat, wie er gebetet hat, wie eng er mit Gott verbunden war über seine philosophischen, geistigen Kapazitäten hinaus. Wie sehen Sie das, wenn Sie Papst Benedikt die Messe zelebrieren sehen und vielleicht auch dabei sind, wenn er betet?
Ja, das sehe ich ja Tag für Tag. Das habe ich gesehen vor allem ab dem Moment, in dem ich Sekretär von Papst Benedikt geworden bin. Vorher als Sekretär wohnte man ja nicht zusammen. Natürlich feiert man öfters die Messe zusammen. Aber ab dem Moment der Wahl ist es nicht nur eine Arbeitsgemeinschaft, sondern auch eine Lebensgemeinschaft. Und seit dem Moment gehört die tägliche Heilige Messe dazu, damals und auch heute. Es ist bewegend zu sehen, wie Papst Benedikt sich tatsächlich einfach in der Messe ganz dem Geschehen hingibt, auch im Alter, auch mit manchen Gebrechen, und wie er intensiv in das Gebet eintritt, aber auch nachher in der Danksagung vor dem Tabernakel, vor dem Allerheiligsten. Also mir selber geht es so. Mich nimmt das selber mit ins Gebet hinein und ist ein großer Ansporn. Und ich bin dafür dankbar, eine solche Erfahrung machen zu dürfen.
Das Jahr 2005 ist das Jahr des öffentlichen Leidens und Sterbens von Johannes Paul II. Wie blickt Papst Benedikt XVI. heute auf diesen Moment zurück? Er hat für sich ja ein anderes Ende des Papstamtes mit dem Amtsverzicht gewählt. Wie blickt er auf dieses Leiden und Sterben Johannes Pauls II. zurück?
Ich erinnere mich noch sehr gut, als er mich zu seinem Sekretär gemacht hatte, hat er gesagt: "Wir sind zwei Provisorien. Ich werde bald in den Ruhestand gehen und bald aufhören und solange werden Sie mich begleiten. Das war 2003. Die Zeit verging. Es war dann 2005. Das Provisorium dauert und dauert. Er wollte in der Tat die Zeit frei haben, um unbedingt sein Buch über Jesus fertig zu schreiben oder zu schreiben. Es kam ganz anders. Und, gut, ich glaube, dass er dann mit dem Tod Johannes Pauls II. auch andere Pläne hatte und endlich hoffte, dass dann der neue Papst ihn in den verdienten Ruhestand ließe oder in die Emeritierung. Es kam nochmal anders. Er selber wurde Papst und nochmal ganz neu vom Herrn in die Pflicht genommen. Er hatte Pläne, aber ein anderer hatte andere Pläne mit ihm.
Hat er das in irgendeiner Weise vorher erwartet, befürchtet?
Erwartet ganz bestimmt nicht, möglicherweise ab einem bestimmten Zeitpunkt befürchtet. Ich muss da immer dran denken, als er in seiner ersten Pressekonfernz ja kurz berichtet hat, wie dann der 19. April, der Tag der Wahl, kam, und an diesem Tag, am späten Nachmittag dann der Wahlgang so eindeutig war, dass er gewählt wurde: das Bild der Guillotine, das er verwendet hat, ist schon ein ziemlich starkes und ein sehr spannungsreiches Bild. Und später in München hat er mit Bezug auf den Korbiniansbär gesagt, dass der Bär eigentlich den damaligen Bischof Korbinian nach Rom begleiten und dann wieder zurückgehen wollte. Im Unterschied zum Bären der Legende konnte er nicht zurückkehren, sondern ist bis zum heutigen Tage in Rom geblieben.
Wie war Ihre erste Begenung mit ihm, nachdem er Papst geworden war? Was hat er Ihnen gesagt?
Die erste Begegnung war in der Sixtinischen Kapelle unter dem jüngsten Gericht. Die Kardinäle hatten ihm ihre Referenz erwiesen und Gehorsam versprochen. Und da ich mit im Konklave sein durfte - der Kardinaldekan Ratzinger hatte das Recht, einen Priester mitzunehmen; und er hatte mich dann mitgenommen -, so war ich dann der letzte in der Reihe. Es waren vorher noch andere da. Ich war dann der letzte. Und in dem Moment - ich weiß, ich sehe ihn noch vor, erstmals in Weiß, weißer Pileolus, dann die weiße Soutane, weiße Haare und weiß im Gesicht. Es war eigentlich praktisch nur eine kleine weiße Wolke - er saß da und in dem Moment habe ich dem Heiligen Vater meine ganze Disponibilität versprochen, dass ich all das, was er von mir verlangt, gerne tue und dass er mit mir rechnen kann, dass ich ihm beistehe und es gerne tue.
Was an Freuden hat das Papstamt für ihn gebracht? Man denkt zunächst einmal an die Last dieses Amtes. Aber gibt es auch Momente, Begebenheiten, wo Sie die Freude von Papst Benedikt gespürt haben, dieses Amt auszuführen?
Es gab ohne Zweifel Momente, in denen er wirklich Freude empfand und diese Freude auch zum Ausdruck gebracht hat. Ich denke an verschiedene Begegnungen, nicht nur auf Reisen. Begegnungen des Nachfolgers Petri sind immer eine besondere Begegnung, auch hier bei der Generalaudienz oder bei den Privataudienzen und auf eigene Weise nochmals dann, wenn er als Liturge auftritt, das heißt bei der Feier der heiligen Messe oder in anderen liturgischen Feiern. Da waren Momente, die auch mit Freude erfüllt und gefüllt waren. Und das hat er dann nachher auch gesagt. Darüber hat er sich auch wirklich gefreut.
Gibt es Begebenheiten, die Ihnen im Gedächtnis geblieben sind, gerade auch von den Deutschlandbesichen, die uns allen ja auch noch in lebendiger Erinnerung sind, etwa die erste beim Weltjugendtag?
Jawohl, die erste Reise hat er ja noch nicht selbst initiiert, sondern Johannes Paul II. hat sie bestimmt und er als Nachfolger ist dann nach Köln gereist im Jahr 2005, wie wir alle wissen. Das ist sicherlich etwas Großartiges gewesen, etwas Bewegendes. Es war das erste Mal in seinem Leben, eine so große Menge von Jugendlichen zu treffen, die auf ihn gewartet haben. Wie wird es wohl gehen? Bricht das Eis, schmilzt das Eis? Oder dauert es etwas? Und wie wird man zurechtkommen miteinander? Es war überhaupt kein Eis da. Es hat von Anfang an einfach funktioniert. Und ich glaube, er selber war da mehr überrascht als manche Jugendliche, mit denen er da in direkten Kontakt getreten ist.
Welches sind wohl die Kernbotschaften seines Pontifikats? Seine erste Enzyklika ist Deus Caritas est, Gott ist die Liebe. Die zweite Enzyklika galt der Hoffnung, die Enzyklika über den Glauben hat er dann zur Vollendung weitergegeben an seinen Nachfolger. Gerade auch Deus Caritas est hat vielleicht doch auch den einen oder anderen überrascht von der Zärtlichkeit, von der Poesie der Sprache her.
Ja. Man muss sagen, er hat drei Enzykliken veröffentlicht. Also Caritas in veritate darf man nicht unterschlagen. Das ist sehr wichtig. In der Tat, die dritte theologische Tugend, der Glaube, die fides, wurde dann mit der Enzyklika Lumen fidei unter seinem Nachfolger veröffentlicht. Aber in diesen vier Entykliken ist sicherlich ein Grundbotschaft, die ihn ein Leben lang bewegt hat, enthalten, die er den Menschen, die er der Kirche vermachen wollte.
Dann ist es so, dass bei Papst Benedikt immer ein wichtiges Wort, ein wichtiges Element, nämlich die Freude, auf Italienisch la gioia, zum Vorschein kam. Er hat immer wieder von der Freude des Glaubens gesprochen, also nicht von der Last, von der Not, vom Gewicht, sondern von der Freude des Glaubens: dass eine wichtige Frucht des Glaubens eben die Freude ist. Und die Freude ist das, was eben einem Menschen auch Flügel verleiht. Insofern verleiht der Glaube durch die Freude einfach dem menschlichen Leben Flügel, die er ohne den Glauben nicht hätte.
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Dann ist für ihn wichtig - das ist klar - der Gottesdienst, das heißt die direkte Begegnung mit Gott. Gottesdienst ist nicht etwas, das etwas Theatralisches darstellt, sondern ist ein In-Beziehung-Treten mit dem lebendigen Gott. Und vor allem auch dann in der Theologie die Person Jesu Christi. Das ist nicht ein historisches Etwas oder eine historische Person, die in die Vergangenheit abgesunken ist. Sondern durch die Heilige Schrift und durch die Liturgie tritt Jesus Christus hier und jetzt in diese Welt und vor allem auch in mein eigenes Leben hinein. Das sind Perlen, die Papst Benedikt uns geschenkt hat. Und diese Perlen sollte man wie einen wichtigen Schmuck sehr sorgfältig behandeln.
Und die Freude am Glauben hat Papst Benedikt selbst auch nicht verlassen trotz mancher massiver Kritik der Medien? Denn er ist ja nicht unbedingt der Liebling der Medien gewesen, jedenfalls nicht, wenn man auf die deutsche Medienlandschaft schaut. Wie hat er sich das erklärt?
Also für mich ist und bleibt das ein Geheimnis. Natürlich ist klar, dass, wer den Glauben, wer die Wahrheit des Glaubens verteidigt, um es mit dem heiligen Paulus zu sagen, sei es gelegen oder ungelegen, der kann nicht immer Freude auslösen. Es ist klar, es gibt Essentials, die kann man nicht zu Markte tragen. Und dann gibt es Kritik. Aber er hat sich weder provozieren lassen von Kritik, geschweige denn von Kritik einschüchtern lassen. Wo es um die Substanz des Glaubens ging, da war er ganz klar, ganz eindeutig und ohne innere Widersprüche.
In anderen Punkten, muss ich sagen, ist es eine Mischung manchmal von Unverständnis und manchmal auch von Aggression, von Aggressivität, die sie sich wie ein Knäuel zusammengeballt und sich praktisch dann immer wieder an der Person des Papstes abgearbeitet haben. Für mich ist und bleibt das Unverständnis vieler, auch und gerade im Bereich der Medien, ein Geheimnis, ein Mysterium, das ich bis zum heutigen Tag einfach zur Kenntnis nehmen muss, aber ich es für mich nicht lösen kann. Ich habe keine Antwort darauf.
Papst Benedikt hat ja auch keine Scheu gehabt, mit Journalisten zu sprechen. Sie selbst haben in einem Vorwort eines in diesen Tagen zum 90. Geburtstag erschienen Buches Über den Wolken mit Papst Benedikt XVI. - über den Wolken heißt es, weil die Interviews mit den Journalisten oft im Flugzeug geführt worden sind - gesagt, dass diese Gespräche Zeichen seiner besonderen Herzlichkeit und seiner manchmal nicht verstandenen oder unterschätzen Menschlichkeit gewesen seien.
Es ist so: Papst Benedikt hat eigentlich nie Scheu gehabt, mit den Medien, mit den Journalisten auch in persönlichen Kontakt zu treten. Und eine große Gabe war und ist, dass er einfach druckreif spricht. Er hatte keine Scheu, Fragen zu beantworten, die auch peinlich … nicht peinlich, aber schwierig waren. Umso weniger verständlich ist es dann gewesen, dass aus diesem Bereich dann teilweise Pfeile kamen oder auch Feuer gelegt wurde, ohne dass da ein klarer Grund war. Er selber hat das zur Kenntnis genommen. Natürlich hat das eine oder andere ihn auch geschmerzt, ihm wehgetan. Vor allem deshalb, wenn man gesehen hat, dass kein Grund dafür da war, oder man sich gefragt hat: wo ist denn der Grund für diese bissige Bemerkung oder diese bissige Darstellung? Natürlich tut es menschlich weh. Aber auf der anderen Seite ist es so: das Maß ist nicht der Applaus, das Maß ist die innere Richtigkeit, das Maß ist die Vorgabe des Evangeliums. Das hat ihn immer getröstet. Und auf dieser Linie ist er immer geblieben bis zum Schluss.
Hat er auch den Wert der Medien gesehen, was die Evangelisierung angeht? Er hat ja Mutter Angelica, der Gründerin unseres Fernsehsenders, den Orden Pro Ecclesia et Pontifice verliehen. Er schätzt sie wohl auch sehr. In wieweit hat er die Rolle der Medien gesehen in dieser konkreten Evangeliserungsarbeit?
Die Medien sind ein wichtiges Instrument, ein immer wichtiger werdendes Instrument, gerade in unserer Zeit. Und er hat immer wieder auch den Wert der Medien und der Medienarbeit und derer, die hinter der Medienarbeit stehen, gewürdigt. Denn hinter der Medienarbeit stecken ja Personen. Das ist ja nicht ein Etwas. Sondern hinter jeder Kamera, hinter jedem geschriebenen Wort, hinter jedem Buch, hinter jedem Interview ist eine Person, sind Personen, die er sehr geschätzt hat und deren Arbeit er sehr geschätzt hat, unabhängig von dem, was manchmal auf sein Konto und gegen ihn dann auch gesagt worden ist.
Man kann an Papst Benedikt und an seine Zeit nicht denken, ohne an seinen Rücktritt zu denken. Das wird sicher bleiben und immer wieder auch Thema bleiben. Deswegen einfach auch nochmal die Frage: Haben Sie damit gerechnet? War es für ihn eigentlich klar, dass er irgendwann einmal diesen Schritt gehen würde?
Also ich persönlich habe nicht damit gerechnet. Wie weit er und ab wann er selber in diese Überlegungen eingetreten ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, wann er es mir gesagt hat, als es dann soweit war. Aber gerechnet habe ich damit nicht und entsprechend war es also auch einfach ein Schock für mich.
In den letzten Erinnerungen, die erschienen sind - ich meine den Gesprächsband Letzte Gespräche mit Peter Seewald - äußert Benedikt XVI. nochmal ganz deutlich, dass er, wenn er irgendwie unter äußerem Druck gestanden hätte, oder wegen irgendeiner Schieflage gerade nicht zurückgeteten wäre. Das hätte er nicht gemacht. Denn das wäre also nicht die Situation gewesen…
So ist es.
Ist das sozusagen der Schlusspunkt zu der Diskussion, zu den Überlegungen oder den möglichen Motiven.
Er hat ja schon in dem Band in Castel Gandolfo - das ist der vorletzte Band mit Peter Seewald - die Frage, ob es möglich ist, das ein Papst zurücktritt, eindeutig bejaht. In wieweit er damals schon auch einen eigenen möglichen Rücktritt oder einen Amtsverzicht für sich in Erwägung gezogen hat, das weiß ich nicht. Es ist ganz klar, dass in dem Moment, in dem Überlegungen kommen, Gründe da sein müssen. Er hat die Gründe ja ganz einfach und offen und, man muss sagen, auch sehr ehrlich benannt. Es ist ein Schwinden der Kräfte, der geistigen und der physischen Kräfte. Und die Kirche braucht einen starken Steuermann. Und er sah sich nicht mehr in der Lage, eben dieser starke Steuermann zu sein. Deshalb möchte er eben die Vollmacht, die er von Christus empfangen hat, wieder in Seine Hand zurückgeben, so dass dann das Kardinalskollegium einen Nachfolger wählen kann. Klar, das Pontifikat von Benedikt XVI. wird natürlich mit dem Amtsverzicht auch in die Geschichte eingehen. Das ist ganz klar. Das gehört dazu.
Ich habe sehr bewegend verfolgt, wie er seine letzte Ansprache vor den Priestern seiner Diözese über das II. Vatikanische Konzil gehalten hat. Da habe ich mich natürlich in der Tat gefragt: Warum tritt dieser Mann zurück? Denn es war eine geistige Kraft da. Es war eine freie Rede, wo er im Grunde nochmal sein ganzes Vermächtnis, möchte ich fast sagen, zum II. Vaticanum dargelegt und doch auch dem Wunsch Ausdruck verliehen hat, dass das sich irgendwann einmal realisieren möge.
In der Tat, es war in der Audienzhalle. Der Papst hat seit vielen Jahren immer am Donnerstag nach Aschermittwoch den Klerus von Rom, also seinen Diözesanklerus empfangen. Es gab Fragen und Antworten, oder es waren andere Formen der Begegnung. Und 2013 kam die Bitte an ihn, dass er über das II. Vatikanum reden möge. Und in der Tat, er hat das frei getan und hat dann nochmal aus seiner Sicht die Situation dargestellt, die ganze Entwicklung und auch seine Wertung. Das ist etwas, das bleibt. Und das ist auch sehr wichtig für das Verständnis des II. Vatikanischen Konzils und auch seiner Interpretation. Denn ich kenne keinen anderen Theologen, der auf verschiedenen Ebenen so intensiv und auch so in sich stringent die Dokumente des II. Vatikanischen Konzils verteidigt hat, bis zum heutigen Tag. Das ist sehr wichtig auch für das innere Leben der Kirche und des Volkes Gottes.
Er hat das II. Vatikanum ja auch wesentlich mitgestaltet. Das kann man ja durchaus sagen.
In der Tat, er war als Konsultor, als Berater von Kardinal Frings mitbeteiligt. Viele theologische Beiträge, die der Kardinal von Köln gehalten hat, sind in der Tat von Professor Ratzinger damals geschrieben worden. Und bei einer ganzen Reihe von Dokumenten kann man das erkennen. Darüber gibt es auch schon Doktorarbeiten, die freilegen, wo möglicherweise der Einfluss des damaligen Professors Ratzinger sichtbar ist.
Kommen wir auf den Moment seines Amtsverzichts, auf die letzten Stunden zurück. Bewegend - wer das im Fernsehen gesehen hat - war der Abflug mit dem Helikopter in Richtung Castel Gandolfo. Sie waren ja auch sehr bewegt. Dann das Schließen der Türen in Castel Gandolfo. Und ich und vielleicht viele mit mir haben dann gedacht, wir bekommen jetzt Papst Benedikt nie wieder zu sehen. Es ist etwas anders geworden.
Ja, das war in der Tat der Abschied hier. Dann die Fahrt zum Hubschrauberflugplatz, der Flug mit dem Hubschrauber über Rom hinweg nach Castel Gandolfo, dann in die Villa Pontificia. Um 20 Uhr wurden in der Tat die Tore geschlossen. Vorher hat Papst Benedikt noch die kleine Ansprache auf dem Balkon gehalten, seine Abschiedsansprache. Und wie es dann weiterging? Gut, das Kloster Mater Ecclesiae hier war noch nicht fertig, und da war die Frage, wo könne er hingehen. Und da wurde relativ schnell entschieden: das Beste ist, nach Castel Gandolfo. Da ist alles vorhanden. Und man weiß nicht, wie lange die Arbeiten noch dauern, und dort kann er bleiben, solange es geht.
Und in der Tat, nach zwei Monaten ist er dann zurückgekommen und wohnt nach wie vor im Kloster Mater Ecclesiae. Er selber hat gesagt, er zieht sich zurück. Er geht auf den Berg, um zu beten. Aber er zieht sich nicht in ein privates Leben zurück, sondern in ein Leben des Gebetes, der Meditation und der Betrachtung, um auf diese Weise der Kirche zu dienen und auch seinem Nachfolger. Und der Nachfolger selber hat öfters gesagt, er solle sich nicht verstecken. Er hat ihn auch immer wieder eingeladen zu öffentlichen großen Gottesdiensten, zu Konsistorien. Ich erinnere mich noch sehr gut vor allem auch an die Eröffnung des Heiligen Jahres am 8. Dezember 2015.
Er ist präsent, auch dann, wenn man ihn nicht sieht. Öfters hat man ihn gesehen. Aber er möchte, so gut es geht, eben einfach präsent, aber unsichtbar bleiben.
Viele Menschen suchen seine Begegnung und er lässt es auch zu. Freut er sich über diese Begenungen? Ich selbst hatte einmal die Chance einer kuzen Begegnung mit ihm. Es fragen doch immer wieder viele Menschen an, die zu ihm kommen wollen.
Es sind sehr viele Menschen, die um eine Begegnung bitten. Und es sind sehr viele Menschen, die dann traurig sind, dass es nicht möglich ist. Aber die, die kommen, die sind sehr froh, sehr glücklich. Das Gleiche gilt für ihn auch. Jede Begegnung ist immer auch ein Zeichen der Neigung, der Zuneigung, auch ein Zeichen, sagen wir, des Einverständnisses. Und menschliche Begegnung tut gut, und zwar beiden Seiten.
Kommen Menschen zu ihm, die seinen Rat suchen?
Bestimmt. Ich bin überzeugt davon. Ich bin nie dabei. Das ist unter vier Augen oder sechs Augen. Natürlich spricht er öfters davon und wir reden miteinander über den Besuch. Es sind immer auch Menschen dabei, die in der Tat in persönlichen Anliegen seinen Rat suchen. Und ich bin überzeugt davon, dass sie auch guten Rat empfangen.
Bekommt er noch zahlreiche Zuschriften? Wer scheibt ihm?
Es schreiben Personen, die ihn von früher kennen. Es schreiben Personen, die ich nicht kenne, die er auch nicht kennt, die ihn aber offensichtlich jetzt über die Literatur nochmal neu kennengelernt haben. Sie drücken ihren Dank aus, drücken ihre Freude aus, drücken teilweise auch ihre Sorgen aus. Es sind Menschen aus aller Welt. Es ist nicht so, dass jetzt nur eine bestimmte Sorte Menschen schreibt oder eine bestimmte Kategorie, nein, überhaupt nicht, vom Alter total durchgemischt, von den gesellschaftlichen Stellungnahmen total durchgemischt, auch was die Positionen betrifft, total durchgemischt.
Wir haben eben vom "Rat suchen" gesprochen. Papst Franziskus, der ja nun selbst fortgeschrittenen Alters ist, hat ja immer wieder gesagt, dass man Rat bei den Älteren, bei den Großeltern suchen solle. Hat Papst Franziskus auch schon mal Rat gesucht bei Benedikt? Wie ist das Verhältnis der beiden?
Ja, es ist so, dass Papst Franziskus in einem seiner Interviews einmal gesagt hat: er ist sehr froh, dass er einen Großvater in Benedikt hat, und zwar einen "weisen Großvater" - man darf das Adjektiv nicht unterschlagen. Und bei den Kontakten, die sie haben, den Begegnungen, die sie haben, davon bin ich überzeugt, dass da in dem Punkt das eine oder andere abfällt oder anfällt.
Sie haben ja nun ein äußerst intensives und ganz persönliches Verhältnis zu Benedikt. Ich weiß nicht, ob es angemessen ist, von einem Vater-Sohn-Verhältns zu sprechen. Haben Sie sich mit ihm schon über Ihre Zukunft unterhalten?
Nein.
Es ist ja auch bekannt, dass Sie gerne Selsorge betreiben würden und das auch tun.
Es war auch so: früher wurde darüber nicht geredet. Nur in dem Moment, in dem er sagte, dass er auf das Amt verzichtet, hat er mich gebeten, dieses Amt, das ich jetzt habe, zu übernehmen. Das war seine Entscheidung, ohne dass er mit mir darüber gesprochen hat. Ich war sehr skeptisch. Ich habe gesagt: "Heiliger Vater, das ist vielleicht nicht das Meine. Aber wenn Sie das für richtig halten für mich, dann nehme ich das gerne im Gehorsam an. Er sagte: "Das meine ich. Ich bitte Sie, anzunehmen." Das war das einzige Mal, dass über mich und meine berufliche Zukunft gesprochen worden ist.
Über welche Themen sprechen Sie mit ihm? Welche Dinge bewegen ihn in der Welt, die ja durchaus viele Krisen hat, und auch, was die Situation der Kirche angeht?
Es ist so: Papst Benedikt nimmt am Geschehen der Welt und der Kirche natürlich Anteil. Wir schauen jeden Tag am Abend als Abschluss des Tages die italienischen Nachrichten an. Dann hat er Zeitungen, er hat den Pressespiegel des Vatikans. Da ist also eine breite Information da. Und oft sprechen wir natürlich gerade über Dinge, die sehr aktuell sind in der Welt und da und dort natürlich auch über aktuelle Entwicklungen hier am Vatikan, dann über den Vatikan hinaus, oder auch über gemeinsam erlebte Dinge in den vergangenen Jahren.
Macht er sich große Sorgen über die Kirche?
Er nimmt natürlich zur Kenntnis, vor allem auch jetzt in seinem Heimatland, dass da ein Zerbröseln des Glaubens und der Glaubenssubstanz ist, die ihn schon beschäftigt und ihn innerlich auch besorgt. Aber er ist nicht der Mann - er ist es nie gewesen und wird es auch in Zukunft nicht sein -, der sich da seine Freude nehmen lässt. Sondern umso intensiver nimmt er diese Sorge ins Gebet hinein und hofft eben auch, dass mit seinem Gebet dafür Sorge getragen wird, dass da Abhilfe kommt.
Er nimmt dies ins Gebet und sicherlich auch in die Heilige Messe hinein. Er predigt an Sonntagen und schreibt da kleine Notizen auf. Was passiert mit den Notizen?
Es ist so, dass in der Tat Sonntag für Sonntag Papst Benedikt das Evangelium auslegt. Meistens sind es nur die "Memores Domini" (Anm. d. R.: Frauen geweihten Lebens) mit mir zusammen. Oder es ist da und dort mal ein Besuch da oder, wenn ich nicht da bin, ein Mitbruder von mir, der dann konzelebriert. Er predigt immer frei. Er hat ein Predigtheft. Das ist wahr. Dort trägt er seine Notizen ein. Und die Frage habe ich mir auch schon gestellt: Was geschieht mit den Notizen? Natürlich halten wir das fest. Ich möchte ihn eines Tages bitten, ob er nicht einmal die Notizen, die wir selber haben, durchschaut, im Sinne von approbiert. Ich weiß es nicht, ob der Tag kommt.
Papst Benedikt ist ja unbestritten einer der größten Theologen - unseres Jahrhunderts allzumal, mit Sicherheit. Viele geben ihm das Attribut "Mozart der Theologie". Sie haben in dem Vorwort des bereits erwähnten Buchs Über den Wolken mit Papst Benedikt XVI. geschrieben: "Papst Benedikt XVI. ist ein Kirchenlehrer. Und mein Lehrer ist er bis heute geblieben." Was haben Sie perönlich von ihm, vielleicht sogar noch in den letzen Wochen, gelernt?
Ich habe vorher gesagt, dass mein theologisches Denken begonnen hat mit der Lektüre der Einführung in das Christentum und dass mein theologischer Lehrer während meiner theologischen Studien, aber auch danach, der Theologe Ratzinger geblieben ist - und das bis zum heutigen Tag. Ihn persönlich kennen zu lernen und auch auf neue Weise auch von seiner Person etwas mitzunehmen, ist natürlich noch mal ein Geschenk darüber hinaus und draufgesattelt. Dafür bin ich sehr dankbar. Ich weiß um diese Gnade. Und dafür werde ich dem lieben Gott Tag für Tag danken.
Welche Lehren sollen denn wir, sollen die Gläubigen aus dem Pontifikat nach dem Wunsch Benedikts wohl ziehen?
Seine große Sorge war, dass der Glaube verdunstet. Und sein großer Wunsch ist sicherlich, dass jeder Mensch seine direkte Beziehung mit Gott, mit dem Herrn, mit Christus findet und dass er dieser Beziehung Zeit, Kraft und innere Zuneigung schenkt. Wer das tut, wird eben das empfinden, wenn Benedikt von Freude spricht. Ich glaube, dass das für ihn ein großes Geschenk wäre, wenn Menschen diesen Vorschlag oder das, was ihn selber bewegt, auch in den eigenen Lebensentwurf mit hineinnehmen würden.
Unser Wunsch an Sie: Geben Sie, bitte, an Papst Benedikt auch im Namen unserer Zuschauer unseren Dank weiter, unsere große Wertschätzung und natürlich die alleherzlichsten Glückwünsche zu seinem 90. Geburtstag. Und Ihnen herzlichen Dank für das Gespräch!
Danke. Ich gebe die Grüße gerne weiter und ich danke Ihnen für das Gespräch.
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