Neckargemünd - Mittwoch, 1. Januar 2025, 7:00 Uhr.
Am 1. Januar 1990 starb in Neckargemünd Pater Tomáš Týn OP im Alter von 39 Jahren. Der nach menschlichen Maßstäben viel zu früh verstorbene Priester, der am 3. Mai 1950 in Brünn (damals Tschechoslowakei) geboren wurde, erhielt seine letzte Ruhestätte auf dem örtlichen Friedhof.
Die Eltern von Pater Tomáš waren beide Ärzte und lebten nach christlichen Prinzipien inmitten des kommunistischen Umfelds in der Tschechoslowakei. In seiner Heimat besuchte er die Grund- und Mittelschule, bevor er in Dijon (Frankreich) die Gymnasialstudien absolvierte und 1969 das Abitur machte. Die Familie hatte die Heimat während des sogenannten Prager Frühlings im Jahr 1968 verlassen.
Am 28. September 1969 wurde der hochbegabte Student in Deutschland Dominikaner, erhielt in Warburg das Ordenskleid und begann das Noviziat. Mit großer Freude trug er das weiße Kleid des heiligen Dominikus und den Rosenkranz am Gürtel. Ein Jahr später, am 29. September 1970, legte er die einfachen Gelübde ab und begann das obligatorische philosophisch-theologische Studium in der Provinz Teutonia. Besonders gern betete der junge Ordensmann den Rosenkranz. Er verehrte die Muttergottes und sah sich auf den Spuren seines Ordensvaters Dominikus und des heiligen Papstes Pius V.
Deutschland gehörte zu jenen Ländern, in denen sich der nachkonziliare Wind, insbesondere nach den Studentenunruhen des Jahres 1968, in einen Sturm verwandelt hatte. Dieser Sturm leerte bald die Kirchen, verwüstete in kurzer Zeit Priesterseminare und zerstörte Ordensberufungen.
Desorientiert von den theologischen und philosophischen Irrtümern seiner Mitbrüder „flüchtet“ der junge Dominikaner 1973 nach Bologna. Er hatte erfahren, dass es dort ein ordenseigenes Studienzentrum gab, dessen Ziel es war, den Dominikaner-Orden im Einklang mit der Tradition zu erneuern. Außerdem war sein Landsmann Pater Jiří Veselý (1904–2004) im Kloster San Domenico Novizenmeister.
Tomáš Týn setzte seine theologische Ausbildung fort, legte nach der vorgeschriebenen Frist seine feierlichen Gelübde ab und erlangte ein Lizentiat in Theologie zum Thema Geheimnis der Beziehung zwischen Gnade und freiem Willen. Am 29. Juni 1975 wurde er in Rom von Papst Paul VI. zum Priester geweiht. Zu diesem feierlichen Anlass opferte er, während Paul VI. ihm die Hände auflegte, sein Leben dem Herrn auf für die Befreiung seines Heimatlandes vom Kommunismus und von der Unterdrückung der Kirche.
Bald promovierte der junge Dominikanerpriester am Angelicum und kehrte anschließend nach Bologna zurück, wo er Dogmatik und Moraltheologie lehrte. Pater Tomáš zeigte große Entschlossenheit gegenüber den Abweichungen von der katholischen Lehre. In den folgenden Jahren hatte er verschiedene Ämter inne, die man ihm aufgrund seiner hohen Kompetenz anvertraute.
Wie der heilige Dominikus in seiner Zeit, so predigte und bezeugte auch Pater Tomáš das fleischgewordene Wort. Er predigte, dass Gott der einzige Retter der Menschheit ist, und sah in den vielfachen Versuchen, das Dogma der Gottheit Christi aufzulösen, die Untergrabung des gesamten Katholizismus von innen.
Dieser hochbegabte Theologe stand mit dem damaligen Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Joseph Ratzinger, in brieflicher Verbindung. Ebenso wie er prangerte auch Pater Tomáš den zeitgenössischen Subjektivismus und Relativismus an und galt deshalb in seinem Orden als konservativ. Am 4. August 1985 schrieb er seinen ersten Brief an den Präfekten. Zuvor hatte er das Buch „Zur Lage des Glaubens“ gelesen, ein Interviewband von Ratzinger mit Vittorio Messori.
Bereits 1974 hatte Tomáš Týn, als er noch kein Priester war, zusammen mit einigen weiteren Dominikanern eine Petition an das Generalkapitel des Ordens gerichtet und die Aufrechterhaltung der traditionellen Liturgie der Dominikaner verlangt. Dieser Bitte wurde jedoch nicht entsprochen. Stattdessen wurden die dominikanischen Antragsteller gezwungen, sich an das neue Messbuch von Paul VI. zu halten.
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In seinem Brief an den späteren Papst Benedikt XVI. dankte ihm Pater Tomáš dafür, dass er das Indult „Quattuor abhinc annos“ vom 3. Oktober 1984 befürwortet hatte, das die Messfeier nach dem sogenannten tridentinischen Ritus – die aber im Kern mindestens auf die Zeit von Papst Gregor dem Großen zurückgeht – ermöglichte. Er schrieb: „Wie heilig und erhaben ist diese Freude, mit der die Herzen sowohl des zelebrierenden Priesters als auch der anwesenden Gläubigen erfüllt sind.“
Er führte aus, dass sich „im ehrwürdigen antiken Ritus“ alles „nur Gott“ zuwende, „dem der gekreuzigte Sohn als überaus gnädiger Vater in der Opfergabe seines göttlichen Opfers höchste Ehre erweist […]. Ich habe nie verstehen können und kann es auch jetzt noch nicht verstehen, warum so viel Schönes aus der Kirche verbannt werden sollte.“
Kardinal Ratzinger antwortete daraufhin: „Als ich Ihren Brief las, war ich überwältigt von großer Freude über die völlige Übereinstimmung zwischen uns und spürte die einigende Kraft der Wahrheit […].“
Weiter schrieb Ratzinger: „Es ist für mich ein großer Trost zu wissen, dass Sie Moraltheologie lehren, eine Disziplin, die wirklich grundlegend für die richtige Gestaltung des christlichen Lebens ist, aber von vielen stark verfälscht wird, die den Gläubigen Steine statt Brote anbieten […].“
Die Verbreitung des Rosenkranzgebets lag Pater Tomáš am Herzen. Für ihn galt der Rosenkranz als ein Zeichen der apostolischen Liebe zu den Seelen, als missionarische Leidenschaft, als Verteidigung des Glaubens inmitten der Irrtümer der heutigen Welt, als Fürbitte für die Erlösung vor Gott. Der „kleine Weg des Rosenkranzes“ galt ihm als „Summa“ von Glaubensbekenntnis und Gebet, von Aktion und Apostolat, um Jesus Christus in den Seelen zu verwurzeln.
Eines Tages schloss Pater Tomáš seine Predigt mit den Worten: „Liebe Brüder, versuchen wir, dieses Gebet zu schätzen; versuchen wir vor allem, mit apostolischer Liebe, mit Liebe zu den von Christus erlösten Seelen, dieses Gebet zu verbreiten; machen wir uns in unserem ganzen Leben zu Aposteln des Heiligen Rosenkranzes für Maria, und Maria wird uns im Augenblick unseres Todes segnen.“
Im Sommer des Jahres 1989 bekam Pater Tomáš plötzlich starke Schmerzen. Eine erschreckende Diagnose bedeutete ihm, dass er nur noch wenige Monate zu leben habe. Bevor er nach Deutschland reiste, um die letzten Wochen seines irdischen Lebens bei seiner Familie zu verbringen, die ihn in seiner schweren Krankheit durch ihr medizinisches Fachwissen wie auch durch liebevolle Pflege unterstützen konnte, hielt er am 28. Oktober 1989 in der Basilika des Heiligen Dominikus seine letzte Predigt. Er schloss mit den Worten, indem er seine offenen Arme in Anlehnung an das Kruzifix ausbreitete: „Wir, die wir die Gnade (nicht das Verdienst) haben, die katholische Kirche in der Reinheit der Tradition zu lieben, lassen wir uns von der Welt hassen […].“
„Es ist schön zu lieben, wenn man gehasst wird. Aber nicht in der Lüge des falschen Pluralismus zu lieben, sondern in der Besonderheit der einen, katholischen Wahrheit, in der Wahrheit des gekreuzigten Christus, des einzigen Retters der Welt“, so Pater Tomáš.
Das irdische Leben von Pater Tomáš Týn OP endete am Neujahrstag des Jahres 1990, nachdem ihm sein Mitbruder Pater Patrizio Pilastro OP die letzte Ölung gespendet hatte. Sein Provinzial, Pater Francesco Pierbon OP, feierte am 5. Januar 1990 das Requiem und beerdigte ihn auf dem Friedhof von Neckargemünd.
Für den ausgezeichneten Theologen Tomáš Týn, den leidenschaftlichen Prediger und geistlichen Begleiter, der viele Seelen zur Bekehrung führte, für diesen Priester, der selbst sein eigenes kurzes und intensives Leben für die Freiheit seines Landes anbot, wurde im Februar 2006 durch den Erzbischof von Bologna, Kardinal Carlo Caffarra (1938–2017) in der Basilika des Dominikanerklosters San Domenico der Seligsprechungsprozess eröffnet.