Vatikanstadt - Dienstag, 16. Mai 2017, 9:11 Uhr.
Papst Franziskus hat ihn 2015 zum Kardinal ernannt: Den Bischof einer kleinen Insel-Nation, die am äußersten Rand Afrikas im Nordatlantik liegt.
Kap Verde ist das erste ehemalige Kolonialland, das Rahmenvereinbarungen mit dem Heiligen Stuhl unterzeichnet hat. Heute aber erlebt es eine neue Art von Kolonialismus, sagt Kardinal Arlindo Gomes Furtado. Dieser neue Kolonialismus wird ihm von internationalen Einrichtungen auferlegt, die die Familie zerstören, so der Bischof des kapverdischen Santiago.
Wie sehr spürt man noch den Einfluss des Kolonialismus und in welchem Ausmaß spürt man die ideologische Kolonialisierung?
Der Kolonialismus von einst wirkte sich von einem Land auf ein anderes aus. Nun ist er global geworden. Die Ideologien kommen von allen Seiten, auch durch die sozialen Netzwerke und die Großmächte, die großen kulturellen Zentren – auch auf Ebene der Vereinten Nationen – versuchen, ihre eigene Ideologie aufzuzwingen.
Wie sehr macht sich bei euch diese globale Kolonialisierung bemerkbar?
Sie ist stark, denn die neuen Generationen haben einen sehr empfänglichen Geist, und vor allem besitzen sie keine örtliche und kulturelle Stabilität. Sie verbringen mehr Zeit mit Freunden und Kollegen im Internet als mit persönlichen Freunden und ihrer Familie. Das ist eine Herausforderung unserer Zeit, denn auf diese Weise begrenzt man die Fähigkeit, zu verstehen.
Welches sind die hauptsächlichen Probleme der Kirche in Kap Verde und was sind ihre größten Möglichkeiten?
Es gibt viele Herausforderungen, aber es drängt mich, vor allem an die Situation der Familie zu erinnern, die wenig strukturiert ist. Die sexuelle Revolution im Westen hat bei uns einen sehr starken Einfluss gehabt. Außerdem gibt es Auswanderung, die die Familien trennt und auf Ebene der familiären Beziehungen Probleme schafft.
Welche anderen Probleme gibt es?
Sicherlich ist ein weiteres Problem jenes der Erziehung. Wie ich bereits sagte, sind die neuen Generationen sehr mit den modernen Kommunikationsmitteln verhaftet, sie sind mehr an die virtuellen Beziehungen gebunden, als an die realen. Das bedeutet auch, dass sie das Bewusstsein für die Zugehörigkeit zur christlichen Gemeinschaft verlieren. Es gibt viel Individualismus: Jeder hat seinen Glauben und versucht nach eigenem, persönlichem Gutdünken zu leben. Das ist ein Problem der Kohärenz zwischen dem Glauben und der Praxis im alltäglichen Leben.
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Es verwundert, dass es diese Probleme in Afrika gibt, das als jener Kontinent angesehen wird, auf dem die Evangelisierung noch stark ist...
Wir sind irgendwo auf halbem Weg zwischen Afrika und dem Westen. Die Probleme der Säkularisierung kommen schnell zu uns.
Vor vier Jahren hat Kap Verde Rahmenvereinbarungen mit dem Heiligen Stuhl unterzeichnet. Wie haben sich die Beziehungen zwischen der Kirche und Kap Verde verbessert?
Die Beziehungen waren schon gut, aber wir wollen Sicherheit für die Zukunft. Wie versuchen, das Gesetz zu reglementieren: Es gibt ein umfassendes Abkommen, aber man muss konkret definieren, wie die Dinge funktionieren sollen. Zum Beispiel beim Ethik- und Religionsunterricht: Wir haben in den katholischen Schulen ein Projekt gestartet und suchen einen Verfahren, um zukünftige Lehrer auszuwählen, vorzubereiten und auszubilden. Wir haben einen Dialog mit der Regierung begonnen, aber wir haben die Auswahlkriterien noch nicht festgelegt. Es liegt an der Kirche, diese Lehrer auszuwählen und es ist gemeinsame Aufgabe des Staates und der Kirche, sie auszubilden. Das ist ein Beispiel für laufende Verhandlungen.
Was kann die Kirche in Kap Verde der gesamten Kirche geben?
Die Lebensfreude, das Zusammensein, den Glauben zu feiern, die Brüderlichkeit, das Teilen mit den anderen, die Solidarität, die zeigt, dass das Leben ein großes Geschenk Gottes ist und dass die Kirche sich versammelt, um gemeinsam als Brüder und Schwestern diese Gemeinschaft zu feiern, die Jesus uns schenkt.
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