Glaube und Wissenschaft: Von Kopernikus bis zur Urknalltheorie

Porträt von Nikolaus Kopernikus aus dem Rathaus in Toruń – 1580
KI-generiertes Bild

Viele Menschen glauben fälschlicherweise, dass Wissenschaft und Religion im Grunde unvereinbar sind. Doch ein Blick in die Geschichte widerlegt diese Annahme eindrucksvoll: Zahlreiche der größten Wissenschaftler aller Zeiten fanden in ihrem tiefen Glauben sogar eine starke Motivation für ihre bahnbrechenden Entdeckungen.

Von Kopernikus’ heliozentrischem Weltbild bis zu Lemaîtres Urknalltheorie zeigen diese Beispiele, dass wissenschaftlicher Fortschritt und religiöser Glaube keineswegs im Widerspruch stehen.

Die astronomische Revolution: Kopernikus und Galilei

Die moderne Astronomie verdankt ihre Grundlagen zwei Wissenschaftlern, deren Glaube oft übersehen wird. Nikolaus Kopernikus (1473–1543) war nicht nur Astronom, sondern auch Domherr der katholischen Kirche.

Seine revolutionäre heliozentrische Theorie, welche die Sonne ins Zentrum des Universums stellte, entwickelte er bereits vor 1514 in seinem „Commentariolus“. Entgegen landläufiger Meinung stieß seine Arbeit zunächst nicht auf kirchlichen Widerstand.

Papst Clemens VII. und mehrere Kardinäle hörten sich 1533 interessiert Vorträge über Kopernikus’ Theorie an. Kardinal Nikolaus von Schönberg schrieb dem Astronomen sogar einen Brief, in dem er ihn zur Veröffentlichung seiner Entdeckungen ermutigte. Kopernikus widmete sein Hauptwerk De revolutionibus orbium coelestium Papst Paul III.

Galileo Galilei (1564–1642) erweiterte das kopernikanische System durch seine Beobachtungen mit dem Teleskop. Trotz seines berühmten Konflikts mit der Inquisition blieb Galilei zeitlebens ein überzeugter Katholik. Nach offiziellen Berichten behielt er seinen Glauben bis zu seinem Tod 1642 bei.

Der Konflikt entstand weniger aus wissenschaftlichen als aus politischen und persönlichen Gründen. Galilei versuchte, die Kirche zu einer bestimmten Interpretation der Heiligen Schrift zu drängen, was in der Zeit der Reformation besonders heikel war. Papst Urban VIII. hatte Galilei zunächst unterstützt, fühlte sich aber durch dessen Schrift „Dialog über die beiden hauptsächlichen Weltsysteme“ persönlich angegriffen.

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Mathematische Genies und ihr Glaube

Blaise Pascal (1623–1662) verkörperte die Verbindung von wissenschaftlicher Brillanz und religiöser Tiefe. Der französische Mathematiker und Physiker erfand eine der ersten mechanischen Rechenmaschinen, die Pascaline.

Als Pionier der Wahrscheinlichkeitstheorie und der Spieltheorie legte er wichtige Grundlagen der modernen Mathematik. Nach seiner mystischen Erleuchtung in der „Nacht des Feuers“ am 23. November 1654 wandte sich Pascal verstärkt religiösen Schriften zu. Seine Pensées gelten als Meisterwerk christlicher Apologetik und zeigen, wie sich wissenschaftliches Denken und Glauben ergänzen können.

André-Marie Ampère (1775–1836) entwickelte die Grundlagen der Elektromagnetismus-Theorie. Nach ihm ist die Einheit der elektrischen Stromstärke benannt. Ampère war ein aufrichtiger und frommer katholischer Gläubiger, der seinen Glauben auch während der Französischen Revolution bewahrte.

Nach dem Tod seiner Frau schrieb er das Gebet: „O Herr, Gott der Barmherzigkeit, vereinige mich im Himmel mit denen, die du mir auf Erden zu lieben erlaubt hast.“ Ampère war Mentor des seligen Frédéric Ozanam, des Hauptgründers der Vinzenz-von-Paul-Gesellschaft.

Experimentelle Physik und christliche Demut

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Michael Faraday (1791–1867) revolutionierte das Verständnis von Elektrizität und Magnetismus. Seine Entdeckungen legten das Fundament für Elektromotoren, Generatoren und Transformatoren.

Faraday war ein tiefgläubiger Christ, der aus Demut den Ritterschlag und das Amt des Präsidenten der Royal Society ablehnte. Albert Einstein hängte ein Bild Faradays in sein Arbeitszimmer neben die Porträts von Newton und Maxwell. Faradays starke moralische Überzeugungen prägten seinen ethischen Ansatz in der Wissenschaft. Als Mitglied einer kleinen christlichen Gemeinde blieb er seinem Glauben zeitlebens treu.

Der Physiker war größtenteils Autodidakt und hatte nur geringe formale Bildung erhalten. Trotz Legasthenie revolutionierte er die Wissenschaft durch brillante Experimente. Faraday verwendete niemals komplexe Mathematik in seiner Arbeit, sondern stützte sich auf praktische Experimentierkunst. Seine Entdeckungen entstanden aus der Überzeugung, dass Gottes Schöpfung geordnet und verständlich sei.

Biologie und der Schöpfungsglaube

Louis Pasteur (1822–1895) begründete die Mikrobiologie und entwickelte das nach ihm benannte Pasteurisierungsverfahren sowie wichtige Impfstoffe. Der Katholik äußerte den berühmten Ausspruch: „Je mehr ich die Natur studiere, desto mehr staune ich über das Werk des Schöpfers.“

Pasteur war ein gläubiger Mensch, der erkannte, dass das Universum geordnet und organisiert war. In einem Brief an seine Schwestern schrieb er als junger Mann: „Falls du auf der Reise straucheln solltest, wird eine Hand da sein, die dich stützt. Sollte diese fehlen, würde Gott, der allein die Hand von dir nehmen würde, das Werk vollenden.“

Pasteurs Glaube zeigte sich besonders in seiner Ablehnung der Theorie der Spontanzeugung. Er bestand darauf, dass Leben nur aus Leben entstehen könne, nicht aus chemischen Reaktionen.

Gregor Mendel (1822–1884) war Augustinermönch und wird als Vater der modernen Genetik bezeichnet. Nach seinem Universitätsstudium trat Johann Mendel in den Augustinerorden ein und nahm den Ordensnamen Gregor an.

Von 1856 bis 1863 führte er in den Klostergärten seine berühmten Erbsen-Experimente durch, wobei er etwa 28.000 Pflanzen züchtete und untersuchte. Seine mathematischen Gesetzmäßigkeiten der Vererbung legten den Grundstein für die Genetik.

Kosmologie und priesterliche Berufung

Georges Lemaître (1894–1966) war ein belgischer katholischer Priester und Physiker, der die Urknalltheorie entwickelte. Der spätere Monsignore widersprach der damals herrschenden Vorstellung eines statischen Universums und postulierte ein dynamisches Modell.

Lemaître erkannte seine Berufung sowohl zum Priestertum als auch zum Forscherleben bereits während seiner Gymnasialzeit. Seine Ausbildung erhielt er am Institut Supérieur de Philosophie, das von dem späteren Kardinal Désiré Mercier gegründet worden war.

Lemaître lehnte sowohl den Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion als auch den Konkordismus ab. In einem Interview mit der Zeitung New York Times im Jahr 1933 erklärte er: „Sobald man erkennt, dass die Bibel nicht vorgibt, ein Lehrbuch der Wissenschaft zu sein, verschwindet die alte Kontroverse zwischen Religion und Wissenschaft.“

Der Priester und Physiker vertrat die Ansicht der „zwei Wege zur Wahrheit“ und betrachtete Wissenschaft und Glauben als verschiedene Methoden, die Wahrheit zu erkennen. Lemaître glaubte, dass der christliche Forscher sogar einen Vorteil gegenüber seinem ungläubigen Kollegen haben könne, da er wisse, dass „das Rätsel eine Lösung hat“.