Vatikanstadt - Freitag, 14. Juli 2017, 7:49 Uhr.
Zu einer gemeinsamen Sicht es nicht gekommen: Die vin Papst Franziskus eingesetzte Kommission zum Heiligsprechungsverfahren des seligen Kardinals Alois Stepinac hat ihre letzte Sitzung beendet.
Der Ausschuss besteht aus katholischen wie orthodoxen, kroatischen wie serbischen Experten. Aufgabe seiner sechs Sitzungen war das gemeinsame Studium des kroatischen Märtyrers, dessen Heiligsprechungsverfahren auf Widerstand gestossen war.
Kardinal Stepinac starb als Märtyrer am 10. Februar 1960, nachdem er vom jugoslawischen kommunistischen Regime eingesperrt und misshandelt worden war. Papst Johannes Paul II. erklärte ihn im Jahr 1998 zum "seligen Märtyrer", aber gegen seine mögliche Heiligsprechung gab es Vorbehalte unter orthodoxen Serben.
Gemäß einer vom Presseamt des Heiligen Stuhls veröffentlichten Mitteilung hat die Kommission anerkannt, dass "jede Kirche ihre eigenen Kriterien zum Vorgehen in einem Heiligsprechungsprozess besitzt." Die Mitglieder der Kommission versicherten, dass die Arbeiten erlaubt hätten, "das Leben und den Dienst eines katholischen Hirten in einem besonders problematischen Abschnitt der Geschichte zu illustrieren."
Unterschiedliche Wahrnehmungen
Doch obwohl viele Schritte unternommen wurden, "sind die vorherrschenden Interpretationen, die jeweils von den kroatischen Katholiken und den serbischen Orthodoxen gegeben werden, weiterhin unterschiedlich", was die Figur Kardinal Stepinacs angehe.
Die Untersuchung seines Lebens habe, so die Kommission, daran erinnert, "dass alle Kirchen im Lauf der Zeit verschiedene und grausame Verfolgungen erlitten haben und ihre Märtyrer und Bekenner im Glauben haben".
In diesem Sinne hätten sich die Mitglieder der Kommission über eine mögliche Zusammenarbeit in Zukunft geeinigt, "und ein gemeinsames Wirken vereinbart, um das Gedächtnis an die Märtyrer und Bekenner der beiden Kirchen weiterzugeben."
Kardinal Stepinac wurde 1898 in Krasic, Kroatien geboren. Während seiner Jugend litt er unter den Folgen des Ersten Weltkriegs. Mit 32 Jahren wurde er in Rom zum Priester geweiht, und vier Jahre später zum Bischof, mit dem Recht auf die Nachfolge des amtierenden Bischofs von Zagreb.
Im Zweiten Weltkrieg erhob er seine Stimme gegen die Ungerechtigkeit und schützte Verfolgte und Bedürftige. Nach dem Krieg wurde sein Land gezwungenerweise Jugoslawien eingegliedert.
In diesem Zusammenhang und während des kommunistischen Regimes unter Marschall Tito wurden viele Priester gefoltert und katholische Schulen zerstört. Tito schlug Stepinac vor, sich von Rom zu trennen und eine "Nationalkirche" zu gründen.
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Stepinac weigerte sich, wurde angeklagt und zu 16 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Im Gefängnis wurde er von Papst Pius XII. zum Kardinal ernannt. Er starb, unter polizeilich überwachtem Hausarrest, am 10. Februar 1960.
Westliche Sympathisanten und konfessionelle Spannungen
Aber warum ist die Figur von Kardinal Stepinac so umstritten? Professor Jure Krišto vom Kroatischen Institut für Geschichte erklärte in einer Email-Korrespondenz mit CNA noch vor Auftakt der Untersuchung, dass das "kommunistische Regime sich Kardinal Stepinac entledigen wollte, da es offensichtlich war, dass er sich nicht unter deren mächtige Hand beugen würde. Das bedeutete auch, dass die katholische Kirche die einzige unabhängige Gruppierung gewesen wäre, da sie die Idee einer kroatischen katholischen Nationalkirche ablehnte."
Es war gerade aufgrund der Sympathien für das Regime Titos, dass gewisse – mit dem Marxismus liebäugelnde – westliche Intellektuelle das Urteil im kommunistischen Prozess, in dem Kardinal Stepinac als Kriegsverbrecher verurteilt wurde, akzeptiert hatten, obwohl die Anschuldigungen praktisch unbegründet waren.
Auch nationalistische und auch konfessionelle Themen spielen in der Angelegenheit weiter eine Rolle, da Serbien größtenteils orthodox ist und einige Mitglieder der Orthodoxie der Idee eines "Großserbien" anhängen.
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— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) June 27, 2017