Redaktion - Montag, 8. September 2025, 13:30 Uhr.
Es klingt wie aus einem Science-Fiction-Film: Elon Musks Firma Neuralink präsentierte jüngst, wie ganze Ströme von Gehirndaten Menschen helfen sollen, allein durch Gedanken mit Computern zu kommunizieren. Musk verspricht, dass Gelähmte dadurch wieder Bewegungen lernen und Blinde sehen könnten – und dass Kommunikation „tausend- oder gar millionenfach schneller“ möglich werde.
Seit 2016 entwickelt das Unternehmen Gehirn-Computer-Schnittstellen, die chirurgisch implantiert werden. 2023 erhielt Neuralink als erstes Unternehmen in den USA die Genehmigung der nationalen Arzneimittelbehörde (FDA) für klinische Tests am Menschen.
Inzwischen tragen mehrere Patienten mit Lähmungen oder neurologischen Erkrankungen das münzgroße Implantat. Sie können damit tippen, im Internet surfen oder Schach spielen – allein mit der Kraft ihrer Gedanken. Musk selbst betrachtet dies nur als ersten Schritt hin zu weit ehrgeizigeren Zielen, die er bis 2028 kommerziell umsetzen will.
Doch diese Vision – so seine Formulierung: eine „grundlegende Veränderung dessen, was es bedeutet, Mensch zu sein“ – wirft ernste anthropologische Fragen auf. Die katholische Kirche erinnert daran, dass jeder technologische Fortschritt im Licht der ganzheitlichen Entwicklung von Person und Gesellschaft beurteilt werden muss. Papst Franziskus hat in mehreren Botschaften zur künstlichen Intelligenz betont, dass Technologie dem Menschen dienen soll – nicht umgekehrt.
„KI hat neue Horizonte eröffnet, etwa in der medizinischen Forschung“, sagte er auf einer vatikanischen Konferenz. „Doch sie wirft auch beunruhigende Fragen auf über die Offenheit des Menschen für Wahrheit und Schönheit, über seine Fähigkeit, die Wirklichkeit zu erfassen.“
Kritik am Reduktionismus
Ethiker sehen in Musks Vision ein reduktionistisches Menschenbild. „Musk wiederholt die Behauptung: ‚Du bist dein Gehirn.‘ Das ist materialistischer Unsinn“, erklärte Steven Umbrello, Leiter eines Instituts für Technikethik im US-Bundesstaat Connecticut, gegenüber dem National Catholic Register.
Das katholische Verständnis sehe den Menschen nicht bloß als Summe von Gehirn und Körper, sondern als Einheit von Leib und Seele, so Umbrello: „Unsere Identität gründet nicht in Nützlichkeit, sondern im Imago Dei, im Bild Gottes, nach dem wir geschaffen sind.“
Schon 2023 hatte das in Philadelphia ansässige National Catholic Bioethics Center gewarnt: Zwar seien Anwendungen wie die Behandlung von Hirnverletzten gute Ziele. Doch die Verbindung des menschlichen Geistes mit künstlicher Intelligenz, um eine Art „Übermenschen“ zu schaffen, bedrohe die Unantastbarkeit der Person, so Joseph Meaney vom NCBC.
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Weltliche Ethiker ebenfalls skeptisch
Auch außerhalb der Kirche gibt es Bedenken. Arthur Caplan, ein führender US-Bioethiker und Berater internationaler Organisationen wie der WHO, kritisierte: „Neuralink ist seiner Zeit weit voraus und setzt massive Implantate ein, während die restliche Forschung vorsichtig und kleinschrittig vorgeht.“ Außerdem gebe es zu wenig unabhängige Kontrolle und zu schwache rechtliche Rahmenbedingungen.
Caplan warnte: „Die Wissenschaft schreitet schneller voran, als Ethiker und Gesetzgeber Schritt halten können.“
Blick in die Zukunft
Neuralink ist nicht allein: Auch andere Konzerne wie Apple oder Start-ups mit Beteiligung von OpenAI entwickeln Technologien, die Gehirnaktivität auslesen oder sogar Gedanken in Sprache oder Bilder umsetzen sollen. Manche Forscher experimentieren mit dem Austausch von Informationen im Traumzustand.
Für die Kirche stellt sich damit die Aufgabe, solche Entwicklungen nicht nur kritisch zu begleiten, sondern zu orientieren. „Die Kirche hat die Verantwortung, Fortschritte zu begrüßen, die Würde und Heilung fördern“, betont Umbrello. „Aber sie muss ebenso jenen Narrativen widerstehen, die verschleiern, was es bedeutet, Mensch zu sein.“
Oder, wie Papst Franziskus bei einem Jugendtreffen sagte: „Kein Algorithmus wird je eine Umarmung, einen Blick, eine Begegnung mit unseren Freunden oder unserer Familie ersetzen.“
Übersetzt und redigiert aus dem englischen Original unserer Partner-Zeitung National Catholic Register.





