Redaktion - Samstag, 6. Dezember 2025, 8:00 Uhr.
Heute ehrt die katholische Kirche den heiligen Nikolaus von Myra, dessen Verehrung das gesamte Christentum auf einzigartige Weise verbindet. Während der Nikolauskult im Westen vor allem durch das Beschenken von Kindern und volkstümliche Bräuche geprägt ist, hat das Fest in den ostkirchlichen Traditionen auch eine besondere theologische und spirituelle Bedeutung.
In der Russisch-Orthodoxen Kirche etwa steht seine Ikone auf der Ikonostase – der Bilderwand zwischen Altar und Kirchenschiff – unmittelbar neben Christus und Maria mit dem Kind. Diese herausgehobene Stellung zeigt, wie fest die Verehrung des Heiligen im östlichen Christentum verankert ist.
Nikolaus lebte in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts als Bischof der kleinasiatischen Stadt Myra in Lykien, dem heutigen Süden der Türkei. Nach der Überlieferung wurde er zwischen 270 und 286 in Patara geboren und starb zwischen 345 und 365. Sein Name bedeutet im Griechischen „Sieg des Volkes“.
Die bekannteste Geschichte über Nikolaus erzählt von drei armen Jungfrauen, deren Vater mangels Mitgift keine Ehemänner für sie finden konnte. Nikolaus soll ihnen heimlich Gold zukommen gelassen haben – eine Tradition, die bis heute die Bescherung am Nikolaustag erklärt.
Ebenso berühmt ist das Kornwunder: Während einer Hungersnot lag ein Getreideschiff im Hafen von Myra an. Nikolaus überredete den Kapitän, einen Teil der Ladung den Menschen zu überlassen. Der Legende nach fehlte dem Schiff am Bestimmungsort trotz der Spende nichts.
Die Verehrung des heiligen Nikolaus begann bald nach seinem Tod und verbreitete sich zunächst im byzantinischen Raum. Die erste urkundliche Erwähnung einer dem Heiligen geweihten Kirche stammt aus der Zeit Kaiser Justinians um 550, als in Konstantinopel ein entsprechendes Heiligtum entstand. Von dort aus gelangte der Kult in die slawischen Länder.
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Während sich die Verehrung im Westen zu einer volksnahen Tradition entwickelte, die sich stark auf Kinder konzentriert, behielt sie im Osten einen ausgeprägt sakralen Charakter. Die orthodoxe Kirche bezeichnete Nikolaus als den „Auserwählten unter den Vätern“ und die „Krönung der Hierarchen“. Aus seinem Grab soll jahrhundertelang ein aromatischer Myrrhenduft geströmt sein – in der orthodoxen Theologie ein Zeichen der Heiligkeit.
Ein entscheidender Wendepunkt war das Jahr 1087, als italienische Kaufleute und Kreuzfahrer die Reliquien des Heiligen aus Myra nach Bari überführten. Bari entwickelte sich im Westen zu einem bedeutenden Wallfahrtsort und wurde zum zentralen Mittelpunkt der Nikolaus-Verehrung.
Im Osten hingegen deutete man die Überführung später als göttliche Fügung. Orthodoxe Theologen sahen darin eine Rettung der Reliquien vor der späteren osmanischen Eroberung weiter Teile jener Regionen, in denen das östliche Christentum zu Hause war. Daher feiert die orthodoxe Kirche die Übertragung der Reliquien am 9. Mai als „Translatio“.
In der Russisch-Orthodoxen Kirche erreichte die Nikolaus-Verehrung eine außergewöhnliche Intensität. Nikolaus wurde zum Schutzpatron des russischen Volkes und erhielt eine einzigartige Stellung unter den Heiligen.
Die Hafenstadt Novgorod weihte ihm eine ihrer bedeutendsten Kathedralen. Als Handelsstadt verehrte sie Nikolaus nicht nur als Wundertäter, sondern auch als Beschützer der Kaufleute und ihrer Flotten. In der russischen Tradition rückte Nikolaus im Rang am nächsten an die Seite der Gottesmutter – eine Sonderstellung, die kein anderer Heiliger erreichte.




