7. November 2017
Kann man Konzerne zwingen, Menschenrechte besser zu achten? Eine zeitlich unbegrenzte internationale Arbeitsgruppe hat vor wenigen Tagen bei den Vereinten Nationen die Ausarbeitung eines international rechtsverbindlichen Dokuments behandelt, welches länderübergreifende Unternehmen betrifft.
Beraten wurde über die Einführung von Gesetzen, die es ermöglichen würden, länderübergreifende Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen in Bereichen wie Gesundheitswesen, Umwelt, Nachhaltigkeit und Arbeitsrechte verantwortlich zu machen.
Der erste dokumentierte Arbeiterstreik der Welt fand im Jahr 12 v. Chr. in Ägypten statt. In westlichen Ländern wurde das Streikrecht im frühen 20. Jahrhundert eingeführt.
"Heute können sich die Arbeiter auch an die nationale Gerichtsbarkeit in den Ländern wenden. Eine weitere Möglichkeit für einen Arbeiter wäre der Weg über eine nationale oder eine internationale Gewerkschaft. Ein Fall kann auch vor unserer Organisation (ILO) gebracht werden." erklärt Githa Roelands, Leiterin der Abteilung für multinationale Unternehmen und Unternehmensverpflichtung der Internationalen Arbeitsorganisation ILO (International Labour Organisation).
Gegenwärtig gibt es auf internationaler Ebene keine Möglichkeit, Unternehmen gerichtlich zur Rechenschaft zu ziehen. In der internationalen Rechtsordnung gibt es Lücken und Unebenheiten in Bezug auf die Handhabe der Menschenrechte seitens der Unternehmen.
Im Rahmen der internationalen Menschenrechte können Unternehmen nur für solche Menschenrechtsverletzungen direkt belangt werden, die internationale Straftaten gemäß des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs darstellen.
Experten fordern auch internationale Gesetze, um betriebliche Führungskräfte verantwortlich machen zu können.
Alfred-Maurice de Zayas, unabhängiger Experte zur Förderung einer demokratischen und gerechten Weltordnung erinnerte daran, dass es nicht nur Unternehmen und Regierungen sind die Menschenrechte verletzen. "Auch Geschäftsleute begehen sie. Wir wissen das von den Nürnberger Prozessen, wo sich Führungskräfte von Krupp und Flick und Tesch verantworten mussten und für schuldig befunden wurden, Straftaten begangen zu haben. Bisher haben wir kein Strafsystem für geschäftliche Führungskräfte. Ich finde, dass sich das ändern muss. Es sollte eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen geben, zivilrechtliche Haftung der Investoren, zivilrechtliche Haftung der Spekulanten, weil sich deren Handlungen durchaus auf Menschenrechte auswirken, und zwar oftmals sehr negativ."
Die Organisatoren der Arbeitsgruppe hatten Ivan Jurkovič Apostolischer Nuntius, ständiger Vertreter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf gebeten die Rolle des Moderators zu übernehmen. Für ihn geht es nicht nur darum, neue Gesetze einzuführen, sondern ein Umdenken zu fördern "...sehr ähnlich der Position des Heiligen Stuhls, der das Allgemeinwohl als höchstes und einziges Gut betrachtet. Das bedeutet, dass das, was dem Wohl jedes Einzelnen dient, auch zum Wohl derer gereicht, die verkaufen, produzieren und Geld machen."
Papst Franziskus glaubt, dass das allgemeine Wohlergehen, wenn es nur im Dienst von Profit und Kapital steht, einzig und allein Exklusion hervorbringt.
Nuntius Jurkovič nannte es das Gleichgewicht von Geschäftstätigkeit und Verantwortlichkeit. "Manchmal kann man multinationale Organisationen beschuldigen, manchmal ist es ein viel komplexeres Problem. Letzten Endes finde ich es jedoch höchst interessant, dass es eine Art Prozess des kulturellen Wandels gibt."
Unabhängig von zukünftigen Gesetzen kann man seine Kaufkraft benutzen, um Fairen Handel zu unterstützen, Unternehmen dazu zu bringen, das Richtige zu tun, und jene zu boykottieren, die Menschenrechte verletzen und die Umwelt schädigen. Der Druck der dadurch auf die Unternehmen ausgeübt wird kann dazu führen, dass sie Menschen und Umwelt über den Profit stellen.
Prof. Michael Hopkins, CSR Finanzinstitut, London, Teilnehmer der Arbeitsgruppe:
"Ich denke, dem Erzbischof wird diese Aussage gefallen, weil sie zufällig aus der Bibel stammt, der King James Übersetzung: 'Behandle andere grundsätzlich so, wie du von ihnen behandelt werden möchtest'."
Zum ersten Mal kommt man bei den Vereinten Nationen mit einem rechtsverbindlichen Dokument voran, das hilft, Unternehmen für ihre Menschenrechtsverletzungen belangen zu können. Internationale Unternehmen - viele mit größerem Finanzhaushalt, als die Länder, in denen sie arbeiten - konnten sich bisher der Immunität erfreuen, wenn es darum ging, für verursachte Umweltschäden oder geforderte Menschenleben Verantwortung zu übernehmen.
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Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Bei den Vereinten Nationen ist Ecuador an der Spitze des 'Kampfes', um einen internationalen Vertrag und Standards zu schaffen, die diesen Zustand ändern.
In einem Interview mit dem lateinamerikanischen TV-Sender TeleSur bestätigte letzten Juli die ständige Vertreterin bei den Vereinten Nationen und Leiterin der Arbeitsgruppe für die Erstellung des rechtsverbindlichen Papiers, Maria Fernanda Espinosa, Leiterin der UN Arbeitsgruppe, ständige Vertreterin Ecuadors bei den Vereinten Nationen in Genf, einen 'neuen Ton' bei den Vereinten Nationen.
Wie im Fernsehinterview weiter zu hören:
"Man kann einen Willen erkennen, es gibt den Vorsatz, 'ja' zu sagen, "wir brauchen Profit, wir müssen Geschäfte machen, aber nicht um den hohen Preis der Würde des Menschen und der Zerstörung der Natur. Wir können so nicht weitermachen." Ich meine, wir brauchen andere Vorgaben, andere Werte, müssen mit einer anderen Betriebsethik vorgehen."
"Ich denke, wir müssen mutig sein, in diesem Prozess dabei sein, sagt Ivan Jurkovic, Apostolischer Nuntius, "der so sehr auf einer Linie ist mit der Ausrichtung und den persönlichen Empfindungen von Papst Franziskus. Ich freue mich sehr, dass man mich eingeladen hat und ich diese Arbeitssitzung moderieren durfte."
Dieser Beitrag wurde von unserem U.N.-Korrespondenten Christian Peschken in Genf verfasst. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins 'Vatikano'. Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media
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Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansichten des Autors wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.