22. Januar 2018
Seit Anfang Januar sind wir zu 5. Unser drittes Mädchen ist da und hält uns alle auf Trab. Die Kleine, jetzt Mittlere feiert sie als "unser Jesuskind" und spielt sehr gerne diverse Krippenszenen mit ihr nach. Sie ist mal Maria, mal der Ochse, die Kleine ist aber immer Jesus, der auch schon unter milden Gaben der heiligen drei Könige begraben wurde und von Mama gerettet werden musste. Die Große versucht möglichst viel Vernunft auszustrahlen und sich von ihrer kompetenten Seite zu präsentieren. Doch auch sie hat die Kleine schon mit Lippenbalsam versorgt, weil alle Mädchen sich doch gerne schminken. Alle beide sind aber besonders begeistert davon, dass die Mama endlich wieder Platz hat auf ihrem Schoß, ohne störenden Babybauch und auch sonst viel beweglicher ist.
Nun müssen alle ihre Rolle neu finden und ihren Platz in der Familie erobern. Dies geht recht entspannt von statten, wenn auch für die ehemals Kleine am schwierigsten, da sie nun als "Sandwichkind" weder klein noch groß, weder das Nesthäkchen, noch die verantwortungsvolle Vierjährige ist. Für sich hat sie das Problem klar gelöst, in dem sie erklärt hat, dass sich ihre beiden Schwestern die Mama teilen können und sie alleine den Papa nimmt. Es sei ja schließlich IHR Papa. Kleinere Provokationen wie grinsend und herausfordernd "Blöde Mama" zu sagen oder beim Essen vom Tisch aufzustehen und weg zu laufen, stellen uns immer mal wieder auf kleine Geduldsproben. Vielleicht ist aber auch noch ein bisschen Ausnahmezustand von den Tagen mit Oma und Opa hängen geblieben, die die beiden Mädchen gehütet haben, als mein Mann und ich im Krankenhaus waren.
"Ein Wochenende bei den Großeltern und die Kinder sind auf Werkseinstellung zurückgesetzt", ist ein Spruch, den ich dazu letztens auf einer Postkarte gelesen habe. Ich finde, er bringt humorvoll auf den Punkt, was die Beziehung von Großeltern und ihren Enkeln prägt: Kinder dürfen sich verwöhnen lassen, dürfen einige Grenzen aufbrechen und Großeltern können ausleben, was sie vielleicht bei ihren Kindern aus der Erziehungsverantwortung heraus, nie gemacht haben. Außerdem bringen Großeltern viel Zeit mit, da sie nicht den Familienalltag organisieren müssen und können sich so auf viele Unternehmungen und Aktivitäten viel bewusster und konzentrierter einlassen. Unsere Große schätzt dies sehr und sagte nach dem letzten Besuch von Oma, dass sie sich sehr gefreut hat, dass sich die Oma so viel Zeit genommen hat. Für sie bedeutet dies spürbar eine große Wertschätzung und die Beziehung zu ihren Großeltern bereichert beide Mädchen merklich in ihrem Leben.
Für Eltern bedeutet der Großelternbesuch neben der Entlastung auch einen gewissen Grad an "abgeben und aushalten können", da man den Kindern natürlich immer anmerkt, wenn sie die gewohnten Strukturen gesprengt haben und sich danach wieder sammeln müssen. In unserem Fall, war es zusätzlich keine reine Spaßveranstaltung, sondern die Zeit mit den Großeltern befand sich im Spannungsfeld zwischen Freude und Sorge, wie wohl alles mit der neuen Schwester wird.
In jedem Fall müssen wir in der Familie neue Beziehungen eingehen, neue Beziehungen knüpfen und alte Beziehungen neu beleben und ggf. anpassen. Beziehung und Erziehung hängen hier eng zusammen, das wird mit jedem Kind, dass neu dazu kommt deutlich und spätestens, wenn die erweiterte Familie dazu kommt, wie z.B. in Form der Großeltern, dann spielt Beziehung eine ganz wichtige Rolle. Ich könnte die Mittlere mit ihren Provokationen sanktionieren und einfach mit Regeln erziehen. Ich kann mich aber auch zu ihr in Beziehung setzen, ihr sagen, dass mir das nicht passt und gleichzeitig verstehen, dass sie Aufmerksamkeit will. Mit ihren Zweieinhalb lenkt sie dann schnell ein und erklärt, dass sie "blöde Mama" nur als Witz gesagt hat und gar nicht ernst gemeint hat. Dann können wir kuscheln und feststellen, dass es für alle nicht leicht ist, wenn sich vieles ändert und die alten Gewohnheiten über den Haufen geworfen werden.
Eigentlich hat es ja auch etwas ganz Wunderbares an sich, sich gemeinsam auf die Reise zu begeben, sich kennen zu lernen, sich aufwachsen zu sehen und am Ende sagen zu können: Dich kenne ich schon seit deiner Geburt.
Unsere Große sagte letztens, dass sie schon ganz gespannt darauf sei, wie sich wohl die Stimme ihrer kleinsten Schwester anhört, wenn diese ihre ersten Worte sagt. Ein spannender Gedanke. Beide Mädchen träumen aber am meisten davon, dass ihre Babyschwester so groß ist, dass sie zu dritt bei Mama und Papa in der Mitte schlafen können…Moment mal: In der Mitte? Das diskutieren wir dann bei Zeiten aus, wie das mit drei Mädchen und der Mitte funktionieren kann.
Alle bisherigen Blogposts von Elisabeth Illig finden Sie hier im Überblick.