Iraks Christen: Gegeißelt, verwundet, immer noch da, so Erzbischof von Erbil

"Es ist nicht genug zu sagen: Der 'IS' stellt nicht den Islam dar." - "Wie wird der Westen reagieren? Meine Frage ist nicht rhetorisch. Die Christen im Nahen Osten wollen die Antwort wissen."

Erzbischof Bashar Warda an der Georgetown University am 15. Februar 2018.
CNA / Jonah McKeown

"Ohne ein Ende dieser Verfolgung und Gewalt hat die religiöse Vielfalt keine Zukunft im Irak - oder sonstwo im Nahen Osten": Das hat der Erzbischof von Erbil in einer Rede vor der Georgetown University in Washington am 15. Februar gesagt. 

Der Chaldäische Erzbischof sprach über die Lage der Christen im Irak - und darüber, was Muslime und westliche Politiker tun können, um mitzuhelfen, religiöse Minderheiten zu schützen und Gemeinden wieder aufzubauen. 

"Wir christlichen Menschen, die seit 1400 Jahren in Geduld und Glauben verfolgt werden, stehen nun vor einer existenziellen Herausforderung. Es ist möglicherweise die letzte Herausforderung, der wir im Irak begegnen werden."

Der Erzbischof sprach diese eindringliche Warnung am Georgetown Berkley Center für Religion, Frieden und Weltangelegenheiten.

Nachdem ein Angriff des IS mehr als 125.000 Christen vertrieben hatte, sagte Warda, dass es einen Kern der Gläubigen gibt, die ihre Heimat in den Ninive-Ebenen im Irak nicht verlassen werden. In einer einzigen Nacht nahm ISIS fast alles von der Herde des Bischofs und ließ sie "ohne Obdach, ohne Zuflucht, ohne Arbeit, ohne Eigenschaften, ohne Klöster, ohne die Fähigkeit, an irgendwelchen Dingen teilzunehmen, die unserem Leben Würde verleihen", Warda sagte. "Und dennoch sind wir immer noch dort, gegeißelt, verwundet, aber immer noch da", bemerkte er.

"So wenige von uns sind übrig, manche schätzen 200.000 Christen oder weniger", fuhr der chaldäische Bischof fort. "Es stimmt zwar, dass wir wenige an der Zahl sind, aber die Apostel waren viel weniger."

Der Erzbischof sprach nicht nur über das Leiden seines Volkes, sondern auch von Vergebung - sogar für die Islamisten, die verüben, was die Europäische Union und USA längst als Völkermord anerkannt haben. 

"Wir verzeihen denen, die uns ermordet haben, die uns gefoltert haben, die uns vergewaltigt haben und alles um uns herum zerstören wollten. Wir vergeben ihnen im Namen Christi. "

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Diese Botschaft der Vergebung, so der Erzbischof weiter, ist etwas, das Christen ihren muslimischen Nachbarn im Nahen Osten bezeugen können.

"Wir sagen dies unseren muslimischen Nachbarn: Lernt das von uns. Lasst uns Euch helfen zu heilen. Eure Wunden sind so tief wie die unseren... Wir beten für Eure Heilung. Lasst uns gemeinsam unsere verwundeten und gequälten Länder heilen", so Warda. 

Er forderte die muslimischen Führer auf, anzuerkennen, dass Änderungen zum Schutz religiöser Minderheiten notwendig seien.

"Es ist nicht genug zu sagen: Der 'IS' stellt nicht den Islam dar.' Wir brauchen mehr."

"Ich würde die muslimischen Länder ermutigen, mitzuhelfen, indem sie christliche Dörfer, jesidische Dörfer, wiederaufbauen, um ein Zeichen der Solidarität zu setzen", sagte Warda weiter.

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Als ein Beispiel dafür würdigte er die Arbeit der Vereinigten Arabischen Emirate: "Seit dem Angriff des IS sind sie bei uns und helfen allen - Katholiken, Jesiden, Muslimen."

"Es gibt eine fundamentale Krise innerhalb des Islam selbst und wenn diese Krise nicht anerkannt, angesprochen und behoben wird, kann es für Christen im Nahen Osten keine Zukunft geben".

Der Erzbischof weiter: "Wir haben die mutigen Stimmen einiger islamischer Führer gehört, die über die Notwendigkeit von Veränderungen sprechen, und über die Notwendigkeit, dieses Problem offen anzusprechen." Dies müsse unterstützt werden. 

Wichtig sei darüberhinaus, mit "Ehrlichkeit und Respekt" einen echten im interreligiösen Dialog zwischen Christen und Muslimen zu pflegen. Warda selbst arbeitet an nachhaltigen Lösungen zum Wiederaufbau seiner Gemeinde im Nordirak. Er sieht Hoffnung in der neuen katholischen Universität von Erbil, die kürzlich dank der finanziellen Unterstützung der italienischen Bischofskonferenz ihre Pforten öffnete.

"Wir, Christen, die wir die Frohe Botschaft und die Vergebung unseres Herrn Jesus Christus haben, wir haben etwas anzubieten. Wir können unsere Schulen öffnen, unsere Bildungszentren sogar für diejenigen öffnen, die uns gefoltert haben und ihnen sagen: 'Bitte, hör zu, wer wir sind und lass uns wissen, wer du bist. Innerhalb von Bildungseinrichtungen haben wir wirklich die Chance, uns besser kennenzulernen und mehr Toleranz und gegenseitige Achtung zu erringen", sagte Warda gegenüber EWTN.

Christliche und muslimische Studenten studieren gemeinsam an der Katholischen Universität von Erbil, die eines Tages bis zu 700 Studenten beherbergen wird. Heute studieren derzeit 82 Studenten in Wirtschaftswissenschaften, Völkerrecht, englischer Literatur, Buchhaltung und anderen Abschlüssen.

Dr. MaryAnn Cusimano Love hat die Katholische Universität von Erbil vergangenes Jahr besucht. Sie sagte gegenüber CNA, dass sie im Irak "die mutige Arbeit der Kirche" aus erster Hand erlebt habe und ermutigte christliche Gruppen, Erzbischof Warda direkte Hilfe zu leisten.

"Wir können für ihn beten, wir können ihm unsere direkte Hilfe geben und weiterhin solidarisch sein, egal ob es unsere Regierungen sind oder nicht".

Erzbischof Warda betonte: "Wir Christen sollten nicht passiv bleiben oder einfach nur beten, dass alles gut wird. Wir spielen selber auch eine entscheidende Rolle."

Der Oberhirte forderte die Katholiken im Westen auf, die irakischen Christen beim Wiederaufbau geistig, moralisch, politisch und materiell zu unterstützen. "Wie wird der Westen reagieren? Meine Frage ist nicht rhetorisch. Die Christen im Nahen Osten wollen die Antwort wissen." 

Übersetzt aus dem englischen Original.

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