25. März 2019
"Wir arbeiten nach Emmi Pikler, da sind wir total überzeugt von!", erzählte mir eine Kursleiterin für Eltern-Kind-Kurse. Emmi Pikler stellt das Kind in den Mittelpunkt, Kommunikation und Augenkontakt sind wichtige Eckpunkte, genauso wie Bedürfnisorientierung, wie z.B. das Wickeln im Stehen, wenn das Kind dies lieber mag, als im Liegen.
Daneben finden sich in der bunten erziehungstheoretischen Welt noch viele andere Schulen, denen man sich anschließen kann: Montessori, Reggio, Fröbel oder ganz hip "Attachment parenting" oder zu Deutsch "bedürfnisorientierte Erziehung".
Mitten drin sind Eltern, die in Kursen sitzen, in denen ihnen von den unterschiedlichen Erziehungsrichtungen vorgeschwärmt wird und die sich unweigerlich dem Druck ausgesetzt sehen, sich einer dieser Richtungen anzuschließen.
Wichtig ist immer: Das Kind und seine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt, Pädagogik auf Augenhöhe ist ein Grundsatz und die Grenzen des Kindes sind maßgebend.
In den sozialen Netzwerken liest man hitzige Diskussionen von Befürwortern und Gegnern einzelner Erziehungsmethoden und ich gewinne zunehmend den Eindruck, dass den Eltern die Intuition für ihre Kinder verloren geht und die Kinder mit ihren tatsächlichen Bedürfnissen aus dem Blickfeld geraten.
Ich denke, dass es bei allen Erziehungstheorien positive und nützliche Elemente gibt, die gerade unsicheren Eltern Hilfestellungen bieten bei der Erziehung ihrer Kinder, besonders in kritischen Entwicklungsphasen und immer dann, wenn man sprichwörtlich "mit seinem Latein am Ende ist!".
Für den normalen Hausgebrauch erachte ich die strikte Befolgung der einen oder anderen Theorie für unsinnig und auch nicht den kindlichen Bedürfnissen entsprechend. Kinder brauchen starke Eltern, kein partnerschaftliches Gegenüber, Kinder brauchen Orientierung, keine demokratischen Abstimmungen und Diskussionen, Kinder brauchen Regeln und Grenzen, keine optionalen Tagesabläufe, die nach ihren Bedürfnissen verändert werden.
Und doch gibt es auch bei uns Tage, an denen wir nicht um 12 Uhr essen, sondern vielleicht am Nachmittag Grillen und sich deswegen alles verschiebt. Doch das entscheiden wir dann nicht, weil irgendjemand gerade ein Bedürfnis hat, sondern weil wir eine Familie sind und es uns manchmal situativ anders nett machen, als üblich. Doch genau das ist der Punkt: Unsere Kinder wissen, was üblich ist und können dann auch erkennen, dass es Ausnahmen gibt und es eben manchmal auch anders läuft.
Regeln, Grenzen und ein klares Erziehungsverständnis der Eltern stehen Spaß, Kreativität und Ausnahmen nicht gegenüber, sondern ermöglichen diese erst, da den Kindern bewusst ist, was der Rahmen ist, in dem diese Ausnahmen stattfinden.
Ich denke, dass dieses familiäre Miteinander eigentlich intuitiv in den meisten Menschen verankert ist, aber besonders diese hippen Erziehungstheorien, in denen "streng" und "Grenzen" als Unworte rangieren, Eltern verunsichern.
Wie oft habe ich mir schon Kommentare angehört, wenn ich meinen Kindern an der Bäckertheke kurz vor dem Abendbrot kein Brötchen auf die Hand erlaubt habe, weil eben kurz darauf gemeinsam gegessen wird. "Als Erwachsener äße man ja auch, wenn man hungrig ist, so können die Kinder kein Hungergefühl entwickeln und hätten ein ungesundes Verhältnis zu Essen!", hörte ich mir einmal an.
"Wohl den falschen Erziehungsratgeber gelesen!?" war meine Antwort an die verdutzte Mittvierzigerin. Seit wann ist es falsch, feste Essenszeiten zu haben und sich dahingehend zu disziplinieren, sich eine halbe Stunde vorher nicht noch ein Brötchen auf die Hand rein zu pfeifen? Das sollten Erwachsene können und ebenso anstreben, ihren Kindern dasselbe beizubringen.
Was passiert den später mit diesen ganzen Kindern, die von ihren Eltern bedürfnisorientiert erzogen und im Stehen gewickelt wurden? Das sind dann jene Azubis, über die sich heute schon die Ausbildungsbetriebe beschweren, weil die nicht in der Lage sind sich anzupassen, Vorgaben zu befolgen, sich unterzuordnen und Leistung zu bringen.
Das bedeutet nicht, dass Kinder stets von Anfang an auf Leistung getrimmt werden sollen, nein im Gegenteil, Kinder sollten Kind sein dürfen, Spielen, Matschen und von ihren Müttern zum Essen gerufen werden und eben keine Diskussionen darüber führen müssen, ob es eventuell in Ordnung ist, wenn alle bereit sind und Hunger haben, vielleicht zum Essen zu kommen!
In jedem Fall sollten Eltern darin bestärkt werden auf ihre Instinkte und ihre Intuition zu hören. Ihre Kinder in liebevoller Konsequenz erziehen und ihnen Raum zur kindlichen Entfaltung bieten. Dann ist es nett sich hier und da mal ein Häppchen zur Anregung raus zu picken, aber sich nicht verunsichern lassen, wenn Wickeln im Liegen, doch ne prima, bewährte Methode ist, mit der das Kind sicher keinen Knacks davonträgt!
Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick.
Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.
Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansichten der Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.