29. April 2019
In der Karwoche und über Ostern waren wir fast täglich in der Kirche. Palmsonntag fing unser Gottesdienstmarathon an. Zunächst harmlos und fröhlich mit Palmwedeln und einer Prozession, dann allerdings deutlich ernster, als das Leiden Christi aus dem Lukasevangelium verlesen wurde.
Um die Kirche zu heizen, gibt es Bodengitter aus denen warme Luft kommt. Ein großer Spaß für die Jüngste, die immer wieder auf das Gitter laufen wollte, um sich von der warmen Luft das Kleidchen und die Haare hochpusten zu lassen. Die Kommunionkinder in den ersten Bankreihen hatten perfekten Blick auf das Spektakel, was wiederum die Kleine animiert hat, noch ein bisschen mehr Gas zu geben und begeistert hin und her rennen wollte. Die Aktion wurde wiederum von den Kommunionkatecheten mit ungeduldigen Blicken quittiert.
Die Großen fanden den Auftritt ebenfalls sehr lustig, trugen ihren Teil dazu bei, indem sie ihrer Schwester versuchten mit den Palmwedeln noch zu zu jubeln und waren natürlich ebenfalls entsprechend unruhig. Parallel dazu hörten wir das Leiden Christi, mir stand der Schweiß auf der Stirn, ich versuchte die Kleine abzulenken, holte sie immer wieder zurück, wollte sie in der Bankreihe halten, bemühte mich die Aufmerksamkeit der Großen wieder inhaltlich auf das Evangelium zu lenken und irgendeinen Kompromiss zwischen Bewegung und nicht Stören zu finden.
Es war wirklich anstrengend, der Text war lang und wurde gefühlt mit jeder Minute immer länger, bis ich schließlich mit der Kleinen in die Sakristei gegangen bin, wo ich dann über den Lautsprecher dem Evangelium folgen konnte und sie weder stören noch die Kinder ablenken konnte.
Gut, jetzt ist sie im Januar gerade 1 Jahr alt geworden, aktuell in ihrer „Sturm und Drang“-Phase und sieht Laufen und Bewegung als größtes Lebensglück an. Da hat man dann oft die Wahl zwischen bockig schreien oder laufen lassen, was beides in der Kirche unpassend ist, sodass raus gehen dann die beste Alternative ist.
Natürlich empfinde ich als Mutter die Gesamtsituation als viel anstrengender und stressiger, als die übrigen Gottesdienstbesucher, ich nehme ja auch schon Zwischentöne wahr und verhindere mit frühzeitiger Intervention schlimmeres. Schon oft haben mich Kirchbesucher angesprochen und mir gesagt, dass die Kinder so toll mitmachen würden und gar nicht stören und sie die Kleine auch nicht gehört hätten. Das freut mich einerseits, andererseits stresst es mich, weil mir schon bewusst ist, dass Kinder in der Kirche beäugt werden. Wie reagieren die Eltern, haben sie die Kinder im Griff, was darf das Kind, was ist ungehörig, jetzt klettert es auf die Altarinsel, dann schreit es, weil es von der Kniebank gerutscht ist, hätte man das nicht verhindern können? Fragen über Fragen und eigentlich wollte man doch nur zur Messe gehen, beten, sich fallen lassen und seinen Gedanken nachgehen.
Mit den Großen kann ich das mittlerweile, die hören zu, sitzen ordentlich in der Bank, aber die Kleine ist aktuell für einen Kirchbesuch ungeeignet, obwohl sie das Gebetsritual an vielen Abschnitten des Tages kennt und sogar richtig mitbeten kann. Sie macht eine Art Kreuzzeichen, murmelt ein Gebet vor sich hin und liebt es sich vor dem Essen die Hände zu reichen oder auch Mama und Papa ein Kreuz vor dem Schlafen gehen auf die Stirn zu malen. Sie besitzt eine natürliche und anerzogene Neugier und Offenheit für das Gebet, das zeigt sie auch in der Kirche und eigentlich möchte ich ihr die Teilnahme ermöglichen.
Ich verstehe aber natürlich auch, wenn Menschen in Ruhe der Messe folgen möchten und kann auch das Bedürfnis nach der inneren Sammlung im Gebet nachempfinden, genauso wie sich manche Dinge nicht gehören, wie z.B. das Klettern auf die Altarinsel. Dennoch finde ich es auch schade, dass es in einem normalen Gottesdienst keinen Raum gibt für die Kleinsten. Vielleicht eine Spielecke in der Sakristei, wo die Eltern dann trotzdem zu hören und dabei sein können, aber auch übertragen, dass Eltern sich gestresst fühlen und immer Sorge haben zu stören und dass nicht die Messe ein Abbild der Familie ist, in der Jung und Alt zusammenkommen.
In meiner Heimatpfarrei gab es immer zwei Messen. Samstagabend und Sonntagmorgen. Ohne dass es abgesprochen war, aber es ergab sich aus den Uhrzeiten, gingen Samstag die Leute, die Ruhe suchten und sonntags waren dann auch die Familien mit kleinen Kindern dabei. Heute gibt es nur noch diese eine Sonntagsmesse, in der dann eben alle aufeinandertreffen.
Ja, manchen fehlt das Gespür für unpassendes und unangemessenes Verhalten im Kirchenraum, aber die Mehrzahl hat einen guten Kompromiss mit den kleinen Kindern gefunden zwischen Bewegung, nicht stören und Aufmerksamkeit.
Ich würde mir wünschen, dass sich Priester und Gemeinden wieder mehr Gedanken darüber machen, wie sie gemeinsam als generationenübergreifende Gemeinde funktionieren und Gottesdienst feiern können. Oder wie Jesus es gesagt hat: „Lasset die Kinder zu mir kommen, denn ihnen gehört das Himmelreich!“
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