Rom - Donnerstag, 25. Februar 2016, 12:52 Uhr.
"Das ist ein ganz besonderes Ereignis hier, sehr historisch und ganz einmalig", erklärt Dietrich Bäumer, Lehrer für Biologie, Chemie und katholische Religionslehre der "Scuola Germanica Roma" in einem Interview mit CNA und EWTN.
Die deutsche Schule Roms blickt auf eine 150-jährige Geschichte zurück und bietet Bildung vom Kindergarten bis zum Abitur an. "Das Ziel ist es, die Kinder im Kindergartenalter einzuschulen, um sie mit der deutschen Sprache vertraut zu machen. Dann können sie, früher nach 13 Jahren, heute nach 12 Schuljahren, hier an der deutschen Schule ihr deutsches Abitur ablegen."
Diskussion um aktuelle Problematiken
"Wir haben an unserer Schule mit einer Reihe von Vorträgen über die Flüchtlingsproblematik begonnen, in der es gerade darum ging, wie wir mit Menschen umgehen, die zu uns kommen, aber eine andere Glaubensüberzeugung haben", so Dr. Bäumer zur Genese der Idee, den obersten Glaubenshüter der katholischen Kirche einzuladen.
"Es ging bei uns um die Frage, wie wir unser eigenes Glaubensbekenntnis, unsere eigene Überzeugung ein bisschen mehr mit in die Diskussion bringen."
Das Ganze geschieht vor dem Hintergrund einer säkularisierten Gesellschaft, die zunehmend die Religion in den persönlichen Bereich verdränge, führt Bäumer aus. "Wir freuen uns darüber, im Gespräch mit dem Kardinal zu thematisieren, wie es gelingen kann, unseren christlichen Glauben wieder etwas stärker zu zeigen und auch zu betonen", erklärt der Religionslehrer.
"Ich glaube, wir brauchen uns da nicht zu verstecken."
Auch das öffentliche, gemeinsame christliche Zeugnis durch die kürzliche Unterzeichnung einer gemeinsamen Erklärung von Papst Franziskus und dem Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche Kirill I. auf der Reise von Papst Franziskus nach Mexiko sei ein Anstoß gewesen.
"Es geht hier um eine Wertschätzung des Glaubens, um ein mutiges Glaubensbekenntnis im Hinblick auf die Christenverfolgung weltweit. Wir hoffen, dass wir mit diesem Treffen hier Mut und Überzeugungskraft innerhalb unserer Schulgemeinschaft etwas mehr stärken können", erläutert Bäumer.
Der Kardinal und die Kinder
Ein vielstimmiges "How are you?", begrüßte den Kardinal in einem der Klassenzimmer der Grundschule, wo gerade Englischunterricht war. Weiter ging es durch den Kindergarten bis hin zum Gymnasium.
Eines der kleinsten Mädchen trug rot und lief dem Kardinal auf Schritt und Tritt nach. Der mit seinen roten Insignien als Kardinal erkennbare Gast versicherte ihm warmherzig: "Da hast du dir aber die richtige Farbe ausgesucht". Im Gymnasiumstrakt angekommen legte Müller den Schülern nahe, sich auch wirklich in allen Fächern gut anzustrengen, nicht nur im Religionsunterricht.
Kardinal Müller erklärt den Glauben
Ehrfürchtige Begrüßung erfuhr der Würdenträger in der "Aula Magna" von den dort versammelten Abiturienten. Ein kurzes Ständchen auf dem Flügel, eine kurze Bildbetrachtung von Dr. Bäumer und eine Ansprache von Schulleiter Dr. Michael Szewczyk, dann trat der Ehrengast persönlich nach vorne, um Fragen zu beantworten. Da ging es um Glaubensfragen, aber auch um ganz persönliche Dinge, wie seine eigene Berufung.
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"Wir müssen einfach annehmen, dass wir als Menschen Glaubensschwierigkeiten haben", so Kardinal Müller, "wie der hl. Thomas, der ja ganz konkret mit seinen Fingern die Wunden berühren wollte."
Es ginge darum, den Glauben zu hinterfragen und sich nach und nach zu eigen zu machen, riet er den Schülern. "Es ist nicht so, als würde man das einmal machen, und dann hätte man ihn in der Tasche. Das ist ein Prozess."
"Das muss auch in der Schule diskutiert werden: Wie kann man die ganz großen Glaubensfragen mit unserem Verstand angehen, zum einen empirisch, wie es sich mit dem Kosmos verhält, dann aber auch geistig, denn der Mensch ist kein Produkt der Natur, sondern ein geistiges Wesen."
"Woher komme ich, wohin gehe ich, was bin in?" die tiefe Beschäftigung mit diesen wichtigsten Fragen legte der Geistliche den Schülern ans Herz.
Auf die Frage seiner Berufung umriss Kardinal Müller kurz seinen geistigen und geistlichen Weg der Entdeckung des Priestertums und schloss mit einem Schmunzeln: "Nun, ich mochte immer Latein und Geschichte. Wenn ich kein Priester geworden wäre, dann vermutlich Lateinlehrer."
Zwei im Kunstunterricht eigens gefertigte Geschenke wurden dem Kardinal zum Abschluss mit auf den Weg gegeben.
Scuola Germanica Roma
Die geistigen Impulse fielen auf fruchtbaren Boden; die Schule ist ganz allgemein in guter Beziehung mit der Kirche.
"Es existieren eigentlich gute Kontakte zur Kirche", erläutert Dr. Bäumer, "gerade in den katholischen Gemeinden, wo sie zur Erstkommunion gegangen sind und gefirmt wurden, sind unsere Schüler sehr aktiv, als Messdiener zum Beispiel."
"Einige von ihnen werden von daher auch den Kardinal kennen, weil er in der ‘Santa Maria dell’Anima’ schon gefirmt hat."
Die Schule setzt sich aus 30 Prozent deutschen und 70 Prozent italienischen Schülern zusammen.
"Es ist eine sogenannte "Begegnungsschule", bei der es vor allem darum geht, Schüler aus Italien in dieser Schule zu unterrichten und eine internationale Begegnung möglichst fruchbar zu gestalten - eine Begegnung zwischen der italienischen Kultur und der deutschen Kultur."
Dr. Bäumer schließt: "Uns liegt daran, die deutsche Kultur eben hier an diesem Ort, hier an diesem historischen Ort Rom, einem wichtigen Ort und natürlich Haupstadt Italiens, präsent zu halten. "