4. Januar 2025
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden Hochfest der Erscheinung des Herrn.
„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um ihm zu huldigen“ (Mt 2,2) – Die im Evangelium erwähnten Sterndeuter, die im griechischen Ausgangstext „magoi“ – wörtlich Magier – genannt werden, waren Mitglieder der persischen Priesterkaste, dem jüdischen Volk fremde Gelehrte, die sich der Beobachtung der Sterne, der Astrologie und Praktiken der Wahrsagung widmeten, die wir auch heute noch als „magisch“ bezeichnen. In der Zeit, in der das Evangelium geschrieben wurde, wurden sie teils mit Respekt als Weise, teils mit Furcht als Zauberer und teils mit Verachtung als Betrüger und Verführer angesehen (vgl. Apg 13,4–12).
Die Ambivalenz des Begriffs Magier verdeutlicht die Ambivalenz der religiösen Dimension als solcher. Die Religiosität kann ein Weg zur wahren Erkenntnis werden, ein Weg zu Jesus Christus. Wenn man sich jedoch angesichts der Gegenwart Christi sich ihm nicht öffnet und sich gegen den einzigen Gott und Erlöser stellt, dann wird sie dämonisch und zerstörerisch.
In der Erzählung des Evangeliums zu den Sterndeutern ist die philosophisch-religiöse Weisheit eindeutig eine Kraft, die die Menschen dazu bringt, sich auf den Weg zu machen und die sie letztlich zu Christus führt.
Als Astronomen beobachteten diese Magier ein Phänomen in den Sternen (höchstwahrscheinlich die Konjunktion des Planeten Jupiter, dem Stern der höchsten babylonischen Gottheit, und Saturn, dem kosmischen Repräsentanten des jüdischen Volkes, im Tierkreiszeichen Fische, die in den Jahren 7–6 v. Chr. stattfand, was heute als die echte Zeit der Geburt Jesu gilt). Für die babylonische Astronomen war dies ein berechenbares Phänomen, das sie auf das Land Judäa und einen neugeborenen „König der Juden“ hinwies.
Doch nicht allen, die die Konjunktion der Planeten berechnen konnten und sie sahen, kam der Gedanke an einen König in Judäa, der auch für sie von Bedeutung wäre. Es gab vielleicht verschiedene Faktoren, die dazu beitrugen, in der Sprache des Sterns eine Botschaft der Hoffnung wahrzunehmen. Aber nur derjenige konnte davon berührt und bewegt werden, der selbst ein Mensch mit einer gewissen inneren Unruhe war, ein Mensch der Hoffnung, auf der Suche nach dem wahren Stern der Erlösung. Die Männer, von denen Matthäus spricht, waren nicht nur Astronomen. Sie waren „Weise“, das heißt, sie waren in der Lage, über sich selbst hinauszugehen, sie waren im tiefsten Sinne religiöse Menschen, Sucher der Wahrheit, Sucher des wahren Gottes. Wir können sagen, dass diese Sterndeuter den Weg der Religionen und der menschlichen Wissenschaft hin zu Christus darstellen, sowie auch deren Überwindung im Hinblick auf ihn: Sie sind Vorgänger, Vorläufer, Sucher der Wahrheit, die alle Zeiten umfasst.
Der Stern führt sie auf der Suche nach dem König der Juden: Das bedeutet, dass der Kosmos von Christus spricht! Es bedeutet aber auch, dass die Sprache des Kosmos für den Menschen in seinen echten Verhältnissen nicht vollständig zu entschlüsseln ist. Die Schöpfung gibt zahlreiche Hinweise. Sie weckt im Menschen die Intuition des Schöpfers. Darüber hinaus weckt sie die Erwartung, eigentlich die Hoffnung, dass sich dieser Gott eines Tages offenbaren wird. Und sie ruft gleichzeitig das Bewusstsein dafür hervor, dass der Mensch auf ihn zugehen kann und muss. Aber das Wissen, das aus der Schöpfung entsteht und sich in den Religionen konkretisiert, kann auch die rechte Orientierung verlieren, so dass es den Menschen nicht mehr dazu antreibt, über sich selbst hinauszugehen, sondern ihn dazu verleitet, sich auf seine eigenen Schemas zu fixieren.
Als sich die Sterndeuter vor dem Jesuskind niederwerfen, werden alle ihre Schemas zunichte gemacht: Als Astrologen hatten sie bis zu diesem Moment geglaubt, dass die Sterne das Schicksal der Menschen lenken; aber jetzt erkennen sie, dass es nicht der Stern ist, der das Schicksal des Kindes bestimmt, sondern dass es das Kind ist, das den Stern lenkt (Hl. Gregor von Nazianz).
Wenn Christus einmal erkannt ist, dann kann und muss alles, was in der Wissenschaft und Weisheit der Heiden wahr ist, von den Christen angenommen werden, weil es Christus gehört! Das ist die Essenz des Katholizismus. Das ist der Sinn der Gaben der heiligen drei Könige. Das ist die Verwirklichung der Prophetie in Jesaja 60,5: „Der Reichtum der Nationen kommt zu dir.“
Aus diesem Grund konnten die Urchristen griechische und römische Bilder, die antiken Tempel selbst und sogar einige kultische Elemente nehmen und in der christlichen Liturgie verwenden. Aus diesem Grund kopierten Mönche im Mittelalter die Texte heidnischer Denker und heidnischer Literatur. Aus diesem Grund wird im Humanismus klassische Literatur studiert und in der Renaissance greifen Architektur, Malerei und Bildhauerei heidnische Vorbilder auf und verwandeln sie. Es handelt sich nicht um Eklektizismus oder Synkretismus – in denen verschiedene und disharmonische Dinge zusammengefügt werden –, sondern darum, alles, wirklich alles, in Christus zu erneuern. „Alles gehört euch“, sagt der hl. Paulus, denn „ihr gehört Christus und Christus gehört Gott“ (1 Kor 3,22–23).
Deshalb lasst uns den Religionen der Völker mit Respekt begegnen, lasst uns die Entdeckungen der Wissenschaft mit Dankbarkeit annehmen, lasst uns die Gaben der Weisheit der Menschen in Liebe annehmen; aber das alles hat nur dann einen Sinn, wenn wir uns wie die heiligen drei Könige vor dem Kind niederwerfen und es anbeten.
Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
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