16. Dezember 2020
Der Begriff „Das geistliche Leben“ wird heute so gut wie nicht mehr verwendet. Er ist praktisch wie verschwunden. Vielleicht findet er sich noch in dem Begriff „Spiritualität“. Doch „Spiritualität“ ist ein diffuser Begriff und kaum zu fassen. Unter ihm subsumiert sich etwa, was sich manche unter Mediation vorstellen. Auch Entspannungstechniken und das, was als Yoga bezeichnet wird, sowie ganz allgemein die Kommunikation fällt bei manchen in den Bereich der Spiritualität. Spiritualität wird von vielen als „das Heilmittel für den Menschen“ angesehen, als befreie sie ihn von der Versklavung anderer Menschen. Es wird suggeriert, sie gäbe den Menschen Halt für das eigene Leben, ja führe sie geradewegs zur Erlösung.
All das ist „Das geistliche Leben“ nicht. Es ist nicht darauf ausgerichtet, den Menschen körperliche und geistige Gesundheit zu vermitteln. „Das geistliche Leben“ ist etwas für gläubige Menschen.
Gemeint ist das „innere Leben mit Gott“, erklärt dieses Buch: „Das innere Leben ist eine höhere Form des Selbstgesprächs, wenn es zum Gespräch mit Gott wird.“ Die Seele spricht mit ihrem Schöpfer und Herrn. Da jeder Mensch eine Seele besitzt, steht auch jedem Menschen das innere Leben offen. Doch die meisten Menschen bedürfen einer Hinführung, wollen angewiesen werden, müssen lernen.
Viele Heilige, wie etwa der hl. Bischof Franz von Sales, und maßgebliche Theologen, wie der Dominikanerpater Réginald Garrigou-Lagrange, haben dazu großartige Werke verfasst. Das hier vorliegende fast 500 Seiten umfassende Werk „Das geistliche Leben“ gibt die katholische Lehre an der Hand des heiligen Thomas von Aquin wieder. Auf ihn sich berufend und unterstützt von unzähligen Heiligen, hat Erzbischof Marcel Lefebvre eine umfassende Lehre des geistlichen Lebens vorgestellt.
Der Gründer der Priesterbruderschaft St. Pius X. mag manchen suspekt klingen, legt mit diesem Buch aber einen wirklich sicheren geistlichen Wegweiser vor. Niemand sollte sich abschrecken lassen und sich fürchten, er würde ein "unkirchliches" Buch in die Hand nehmen, weil die Piusbruderschaft einen kirchenrechtlich irregulären Status hat. Lefebvres Werk zum heiligen Thomas ist eine gut katholische Quelle – aber eine herausfordernde: Vieles ist in den vergangenen Jahrzehnten verloren gegangen, nicht nur der Begriff des geistlichen Lebens. „Wir müssen uns selbst absterben, um das Leben zu finden. Eben das ist das geistliche Leben. Das ist unsere Rechtfertigung. Die Heiligkeit ist nichts anderes. Oh, sie ist sehr einfach. Sie lässt sich zusammenfassen in zwei Bewegungen unserer Seele: Der Sünde sterben, um für Gott zu leben. Eben das bewirkt das Kreuz. Nichts anderes. Es ist die ganze Erklärung für unser geistliches Leben, für unser inneres Leben. Wir müssen die Sünde in uns verfolgen und uns folglich hinopfern, uns selbst sterben, unsere schlechten Neigungen, unsere Wünsche, Gott nicht zu gehorchen, zum Sterben bringen, um in Gott zu leben. Frei geworden von der Sünde, sollt ihr Diener der Heiligkeit sein (Röm 6, 18), Sklaven der Heiligkeit, sagt der heilige Paulus. Und wie es der heilige Thomas so gut sagt, sind die beiden Aspekte des christlichen Lebens in demselben Akt, im Akt der Liebe, enthalten. Denn wenn man Gott liebt, verabscheut man alles, was von ihm entfernt. Die Sünde aber entfernt uns von Gott. Infolgedessen müssen wir durch den Akt der Liebe, die wir zu Gott und zu unserem Herrn haben, zugleich unsere Sünden verabscheuen und den lieben, welcher der Urheber unseres Seins ist.“
Wer sein geistliches Leben entdecken, pflegen und auch im Einklang mit der Kirche leben will, der kann guten Gewissens zu diesem Werk greifen.
Marcel Lefebvre, "Das geistliche Leben" ist im Sarto-Verlag erschienen und hat 488 Seiten.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.
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