Der spätere Bischof Palladius von Helenopolis (ca. 364-420/430), ist der Verfasser der sogenannte „Historia Lausiaca“, einer Sammlung von Schriften aus den Anfängen christlichen Mönchtums. In ihr finden sich Erzählungen sowohl über herausragende, aber auch über absonderliche Asketen. Auch über die heilige Piterum. Palladius, der selbst am Ende des 4. Jahrhunderts unter den Einsiedlern Ägyptens und in Palästina lebte, berichtet über sie folgendes:

Es lebte zu jener Zeit am Porphyrgebirge der heilige Piterum, treubewährt in tugendhaftem Wandel. Zu diesem trat ein Engel und sagte: 

„Was bist du stolz auf deine Frömmigkeit und dein weltfernes Leben? Willst du ein Weib sehen, das frömmer ist als du, so geh' nach dem Frauenkloster der Mönche von Tabennä! Dort wirst du eine finden, die einen Lumpen um den Kopf gebunden hat; diese ist besser als du; denn obgleich sie von allen Seiten Unbill erfährt, hat sie niemals ihr Herz von Gott gewendet; du dagegen sitzest hier, deine Gedanken aber schweifen in den Städten umher.“

Obgleich er niemals die Zelle verlassen hatte, begab er sich zum genannten Kloster und bat die Lehrer, ihm den Eintritt zu gestatten. Ob seines ausgezeichneten Rufes und hohen Alters trugen sie kein Bedenken ihn einzuführen. Er ging also hinein und wünschte alle zu sehen. Doch jene war nicht dabei. Er sagte zuletzt: 

„Stellet mir alle vor; es fehlt noch eine.“

Sie sagten: 

„Eine haben wir noch in der Küche draußen; aber die ist närrisch.“ 

Er sagte: 

„Führt sie herein; ich möchte sie sehen.“ 

Sie gingen hinaus und sagten es ihr; doch sie weigerte sich; sie ahnte wohl, dass ihr Geheimnis verraten werde. Die anderen aber zogen sie mit Gewalt und sagten: 

„Der heilige Piterum wünscht dich zu sehen.“ 

Sein Name war nämlich überall bekannt. Als er sie nun mit dem Lumpen am Kopf eintreten sah, fiel er ihr zu Füßen und sagte: 

„Segne mich!“ 

Ebenso fiel ihm jene zu Füßen und sagte: 

„Segne du mich, Herr!“

Da wunderten sich alle und sprachen zu ihm: 

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„Vater, lass dich doch nicht zum besten halten! Sie ist ja närrisch!“ 

Da sagte Piterum zu allen: 

„Ihr seid närrisch; denn sie ist meine und eure Mutter“ 

- so nennen sie jene, die ein Leben des Geistes führen – 

„und ich wünsche nur ihrer würdig befunden zu werden am Tage des Gerichtes.“

Als sie das hörten, fielen sie jener zu Füßen und jede gestand ein anderes Vergehen: die eine, sie habe sie mit Spülwasser begossen; die andere, sie habe sie geschlagen, so dass sie blaue Flecken bekam; wieder eine andere, sie habe ihr die Nase mit Senf bestrichen; kurz, jede hatte auf andere Weise tollen Übermut getrieben an ihr. 

Da betete Piterum für alle und ging. 

Weil aber jene nicht Ruhm und Ehre bei den Schwestern genießen wollte und die vielen Abbitten lästig fand, entwich sie nach wenigen Tagen aus dem Kloster. Wohin sie ging, wo sie sich verbarg und wo sie gestorben ist, hat niemand erfahren.

(Palladius von Helenopolis, + vor 431)

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