Der Weltjugendtag als spirituelle Reise

Robert Rauhut von EWTN im Interview über eine Woche, die auch für ihn persönlich eine besondere, übernatürliche Qualität hat

EWTN Deutschland live aus Krakau: Martin Rothweiler (links) und Robert Rauhut berichten vom Weltjugendtag.
EWTN Deutschland live aus Krakau: Martin Rothweiler (links) und Robert Rauhut berichten vom Weltjugendtag.
EWTN
So kennen ihn die Zuschauer von EWTN: Robert Rauhut bei der Arbeit.
So kennen ihn die Zuschauer von EWTN: Robert Rauhut bei der Arbeit.
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Nun hat er offiziell begonnen, der Weltjugendtag in Polen. Wer nicht selber in Krakau dabei sein kann, aber ihn miterleben will, kann es unter www.krakau2016.de tun: EWTN – Katholisches Fernsehen strahlt ein Sonderprogramm aus Polen aus, mit vielen Live-Sendungen. Mit dabei der ausgemachte Polen-Kenner und Leiter Kommunikation des Senders, Robert Rauhut. 
 
Herr Rauhut, Sie haben die wohl wichtigsten Vertreter der Kirche in Polen persönlich vor dem Weltjugendtag für EWTN interviewt. Was ist Ihr Eindruck – was werden die prägenden Elemente dieser Tage sein? 
 
In zeitlicher Nähe zum Weltjugendtag habe ich eine mehrtägige Reise durch das Gastland des diesjährigen Weltjugendtags unternommen. Dabei habe ich die spirituelle Route genommen, die einst der Heilige Johannes Paul II. selbst vorgeschlagen hat: Gnesen – Krakau – Tschenstochau. Diese spirituelle Reise beginnt an den Ursprüngen des Christentums in Polen – in Gnesen am Grab des Hl. Adalbert. Denn hier hat das christliche Abenteuer in Polen mit der Taufe des Fürsten Mieszko I. und seinem Hof begonnen. Polen begeht in diesem Jahr das 1050-jährige Jubiläum seiner Taufe, zum ersten Mal im freien Polen, dem Polen nach 1989. Zu Beginn steht also das Taufsakrament: Was bedeutet es für mich Christ zu sein, getauft zu sein und wie lebe ich diese Gnade in der Welt von heute – in Polen und anderswo. Darüber habe ich mich mit dem Primas von Polen und Erzbischof von Gnesen Wojciech Polak ausgetauscht. Weiter ging es dann in die "Stadt der Heiligen" – nach Krakau. Hier bin ich auf den Spuren von Karol Wojtyla gewandelt, dem späteren Johannes Paul II., also an dem Ort, der ihn in seinem Leben am meisten geprägt hat. Es ist der Versuch zu verstehen, wer und was diesen Heiligen unserer Zeit geprägt hat, der über viele Jahre das Steuer des Schiffs Petri lenkte. Und wir befinden uns im Jahr der Barmherzigkeit, das auch sehr eng mit Krakau verbunden ist, denn hier lebte die Missionarin der Barmherzigkeit, die Ordensschwester und Heilige Faustyna Kowalska. Das Jahr der Barmherzigkeit ist also eng mit Krakau verbunden. Kardinal Dziwisz, der langjährige Privatsekretär von Johannes Paul II. und als Erzbischof von Krakau der Gastgeber des diesjährigen Weltjugendtags hat im Gespräch mit EWTN diese beiden Personen und die Botschaft der Barmherzigkeit in den Mittelpunkt gestellt.
Die Welt, unsere Zeit braucht die göttliche Barmherzigkeit mehr denn je angesichts der weltweiten Krisen, Herausforderungen und Gefährdungen des menschlichen Lebens in allen Bereichen. Die Botschaft von der Barmherzigkeit Gottes werden die jungen Menschen aus der ganzen Welt hier erfahren können, nicht als süßen Kitsch, sondern als etwas, dessen jeder bedürftig ist. Schließlich habe ich mich nach Tschenstochau begeben, zum Mariensanktuarium von Jasna Gora, auf dem "hellen Berg". Das ist die spirituelle Hauptstadt Polens. Hier schlägt das mütterliche, das marianische Herz des katholischen Glaubens in Polen. Jeder, der dort hinpilgert, trifft auf die Gastfreundschaft der Pauliner-Mönche. Jeder kann dort vor dem Gnadenbild der "schwarzen Madonna von Tschenstochau" seine Herzensanliegen vor Gott bringen – mit Maria zu Jesus Christus. Das hat der Prior von Jasna Gora, Pater Marian Waligora OSPPE, ganz besonders unterstrichen. Und jeder Papst, der heutzutage Polen besucht, kommt an diesem Ort nicht vorbei. Gerade ist Pilgerzeit und tausende von Menschen pilgern zu Fuß nach Tschenstochau. Zu diesen Strömen werden sich nun diejenigen der Jugendlichen aus der ganzen Welt dazugesellen. Ich denke, dies werden die prägenden Elemente dieses Weltjugendtags sein, die uns auch unser Nachbarland, seine Menschen und ihren Glauben näherbringen. Zusätzlich bin ich auch unter anderem in Lodz gewesen, einer der größten Städte Polens. Dort habe ich Erzbischof Marek Jedraszewski von Lodz, Vize-Vorsitzender der polnischen Bischofskonferenz getroffen. In unserem Gespräch ging es um die großen Herausforderungen für den Glauben und die Kirche heute: Säkularisierung, Islam, Flüchtlinge, Wissenschaft und so weiter. Der Erzbischof hat Antworten auf drängende Probleme der Zeit gegeben und dabei noch einmal klargemacht, was es für unsere Zeit bedeutet als Getaufte, als Christen in dieser Welt zu leben. 
 
Sie sprechen selber fließend Polnisch, sind ein Kenner des Landes: Wie wichtig ist der Weltjugendtag für Polen und die Kirche in Polen, besonders die "einfachen Gläubigen"?
 
Dieses Jahr ist für die polnische Kirche insgesamt ein großes Gnadenjahr. Wie gesagt: Polen begeht das 1050-jährige Taufjubiläum der Taufe Polens. Man tut es als freies Land, diesmal als Zusammenarbeit von Kirche und Staat. Dann ist das Jahr der Barmherzigkeit, dass so eng mit den Patronen des Weltjugendtags den Heiligen Johannes Paul II. und Schwester Faustyna Kowalska verbunden ist. Und schließlich der Weltjugendtag als großes Glaubensfest mit jungen Menschen aus der ganzen Welt zusammen mit Papst Franziskus. Das ist auch für die Kirche in Polen schon ein besonderes Jahr. Polen ist ein sehr gastfreundliches Land. Und alle die sich auf diesen Weltjugendtag freuen, wollen den vielen Besuchern etwas von dieser Offenheit und Gastfreundschaft vermitteln. Auch wenn hier die Säkularisierung immer stärker präsent ist, ist das Glaubensleben nach wie vor sehr lebendig. Auch das kann Polen den Pilgern schenken – also einen Funken Hoffnung und Mut, als Christ auch heute bestehen zu können. Die Menschen reisen in der Ferienzeit gerne in die Berge oder ans Meer, aber ich denke, nicht wenige werden in typisch polnischer Spontanität zum Weltjugendtag nach Krakau reisen. Und für die "einfachen Gläubigen". Sie freuen sich in ihren Pfarreien und Gemeinden, Menschen aus Ländern zu begegnen, wo sie vielleicht nie hinkommen werden und sich von ihnen und ihrer Kultur, ihrem Glauben beschenken zu lassen. Es ist also ein Geben und Nehmen. Für das Land, für die Kirche, für die Gläubigen eine große Chance!

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In Krakau kommen Katholiken aus aller Welt zusammen, aus dem säkularisierten Deutschland genauso wie Pilger aus dem Irak, die unter Verfolgung und Vertreibung leiden. Was erhoffen oder versprechen Sie sich für junge deutsche Katholiken, die mit Glaubens-Geschwistern aus Polen, dem Irak und anderswo zum ersten Mal in Berührung kommen?
 
Es ist zunächst einmal schön, dass so viele Gläubige aus der ganzen Welt, darin aus Deutschland nach Polen kommen. Indem sie schon hier sind können sie ein wenig die Polen und ihr Land kennenlernen. In den Begegnungen werden sie schon merken, wie das Land wirklich tickt. Das Medienbild ist doch ein wenig verzerrt und bisweilen einseitig. Sie werden beispielsweise in Krakau auf eine sehr lebendige Seelsorge mit jungen Menschen, sei es Schüler, Studenten oder jungen Berufstätigen treffen. Sie werden auf eine Glaubensgemeinschaft treffen, die sehr präsent ist im öffentlichen Leben des Landes – in der Kultur, in der Wissenschaft, ja auch bisweilen in der Politik verstanden als Dienst am Gemeinwohl. Das Glaubensleben bildet kein Ghetto. Es bildet das Fundament vieler Dinge. Sie werden einer Kirche begegnen, in der das Leben aus den Sakramenten nach wie vor lebendig ist. Viele empfangen das Sakrament der Beichte. Das Sakrament hat also nicht nur etwas mit der Geschichte, der Vergangenheit zu tun. Nein, es kann Bedeutung für mein Leben haben. Ich kann irgendwo die Last abladen, die mein Herz belastet. Diese Erfahrung können die jungen Menschen in diesen Tagen in Krakau machen. Wie sieht es mit den Glaubensgeschwistern der verfolgten Kirche aus. Sie werden ein wenig ihre Alltagsprobleme vergessen dürfen, ein wenig Atem schnappen, Freude am Glauben und im Glauben erfahren dürfen, eine Glaubensgemeinschaft, die sie nicht vergessen hat. Sie sind ganz herzlich willkommen und Krakau freut sich auf sie!
 
Auch der Papst ist natürlich dabei in Krakau und Tschenstochau. Eine weitere wichtige Station wird Auschwitz und Birkenau sein. Der Heilige Vater hat sich entschieden, dort zu schweigen. Wie bewerten Sie diese Geste, zumal von einem Papst, der alles andere als wortkarg ist?
 
Angesichts dieses "Golgotha der modernen Welt" wie es Papst Johannes Paul II. einmal genannt hat, ist das Schweigen unter diesem Kreuz eine würdige Haltung. Die Vorgängerpäpste brachten ihre jeweilige Geschichte mit. Papst Johannes Paul II. als Pole, Papst Benedikt XVI. als Deutscher. Papst Franziskus kommt hier mit seiner argentinischen Herkunftsgeschichte. Diese Tragödie des 20. Jahrhunderts ist für ihn persönlich einfach entfernter – es gibt eine größere Dienst. Angesichts der Frage, wie konnte der Mensch als Abbild Gottes anderen Menschen solch diabolisches hinzufügen, kann man nur schweigen. Es gibt keine schnellen Antworten. Die Frage, wo Gott war, verbindet sich mit der Frage, wo war der Mensch? Und dennoch hat auch in diese absoluten Finsternis Gottes Licht hineingeleuchtet – durch eine Hl. Edith Stein, Theresa Benedicta vom Kreuz ist hier umgebracht worden. Eine Wahrheitssucherin, die Gott fand und ihm auch hier in dunkelster Nacht vertraute. Ein Hl. Maximilian Kolbe, der sein Leben für einen anderen Mithäftling aufopferte. Ein genialer Mensch, der so viele Talente besass, und hier auf der Schlachtbank starb. Aber auch der Offizier Pilecki, der sich freiwillig "in die Hölle" begab, um im KZ den Widerstand zu organisieren und die Welt über das Lager und das Drama in ihm aufklärte. Und der dann in einem anderen totalitären System, dem Kommunismus der Nachkriegszeit, als nicht systemkonform umgebracht wurde. Auschwitz und Birkenau. Wer dort war, der spürt in der Luft etwas Diabolisches, den Schrei der vielen Opfer, die geschlachtet wurden – die Shoah, vor allem der Juden aber auch der anderen Völker. Was können wir an diesem Ort lernen? Sich an die Opfer zu erinnern, sich an die Fehler in der Geschichte zu erinnern, damit sich diese nie mehr wiederholen – Das Böse durch das Gute zu besiegen!
 
Zum Schluss: Worauf, worüber freuen Sie sich persönlich am meisten in den kommenden Tagen? Kann man als Journalist überhaupt die übernatürliche und sakramentale Seite solcher Tage "mitnehmen"?
 
Ich freue mich, mit den vielen jungen Menschen aus der ganzen Welt hier da sein zu können. Ich selbst bin auch jung, aber ich finde junge Menschen halten einen im Geist frisch und offen. Gemeinschaft im Glauben zu erleben mit viel positiver Kraft, Dynamik, Hoffnung etc. das ist auch für mich bereichernd. Es ist in der Tat ein Mammutprogramm, das wir Journalisten in diesen Tagen zu bewältigen haben. Ich möchte ganz herzlich alle Leser dazu einladen den Weltjugendtag und den Papstbesuch in Polen bei uns auf EWTN live und in voller Länge mitzuverfolgen. Weitere Informationen finden Sie auf www.krakau16.de und www.ewtn.de! Und dennoch werde ich auch versuchen, den einen oder anderen Moment für Gebet und Sakramente zu finden. Ja, es ist eine Herausforderung, aber sicherlich möchte ich auch das ein oder andere "mitnehmen". Und in diesen Tagen wie auch in den vergangenen Tagen in Polen spüre ich auch die übernatürliche Seite dieser Tage in einem ganz positiven Sinne. Der Weltjugendtag wird dann zu einer gnadenreichen Erfahrung!
 
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