Vatikanstadt - Freitag, 19. Februar 2016, 10:43 Uhr.
Auch wenn verschiedene Medien berichten, Papst Franziskus habe angesichts des Zika-Virus die Verwendung von Verhütungsmitteln erlaubt, so hilft ein gründlicher Blick auf seine Aussagen, was er auf der fliegenden Pressekonferenz im Flugzeug vom Mexiko nach Rom gesagt hat.
"Abtreibung ist ein Verbrechen, ein absolutes Übel"
Der Heilige Vater nahm Bezug auf das Thema des Zika-Virus und den aktuellen Gesundheitsnotstand. Er hob hervor, dass "die Abtreibung kein geringeres Übel ist: sie ist ein Verbrechen. Es bedeutet einen rauszuwerfen, um einen anderen zu retten. Es ist das, was die Mafia macht. Es ist ein Verbrechen, es ist ein absolutes Übel."
Franziskus erinnerte im Flieger dann daran, dass vor einigen Jahren "Paul VI., der Große, in einer schwierigen Situation in Afrika den Ordensschwestern erlaubt hat, Verhütungsmittel anzuwenden, falls sie vergewaltigt werden" und dass "eine Schwangerschaft zu vermeiden kein absolutes Übel ist. In bestimmten Fällen, wie in diesem von Paul VI., den ich genannt habe, war das klar."
Diesbezüglich hat der Direktor des Pressebüros des Heiligen Stuhles, Pater Federico Lombardi, zu ACI Stampa — der italienischen Ausgabe von CNA — gesagt, dass "der Papst entschieden zwischen der Abtreibung, einem Verbrechen, und der Verhütung unterschieden hat. Dadurch, dass er an das Beispiel von Paul VI. erinnerte, hat er unterstrichen, dass in besonders schwerwiegenden Fällen eine — selbstverständlich nicht abtreibende — Anwendung in Betracht gezogen werden kann."
Zum diesem Thema sagte Frau Dr. Melissa Moschella, Professorin für Philosophie an der Catholic University of America (Vereinigte Staaten), dass der Papst, als er sich auf die Vermeidung einer Schwangerschaft im Fall von Zika bezog, nicht notwendigerweise die Verhütungsmittel eingeschlossen hat, sondern durchaus die natürliche Regulierung der Fruchtbarkeit gemeint haben könnte.
Normalerweise lehrt die Kirche für den Fall, dass ein Ehepaar einen schwerwiegende Grund hat, eine Schwangerschaft zu vermeiden, dass sie dies durch die natürliche Regulierung der Fruchtbarkeit tun kann: Dabei geht es um die Identifizierung der fruchtbaren Zeiträume und der Enthaltung von sexuellen Beziehungen an diesen Tagen.
Moschella sagte weiterhin, dass für den afrikanischen Fall, auf den der Papst Bezug nahm, die Dispens für die Ordensschwestern "nicht wirklich eine Ausnahme war, wenn man die Regel versteht".
Warum Nonnen im Kongo in den 1960ern Verhütungsmittel nahmen
Der betreffende Fall bezieht sich auf die frühen 1960er-Jahre, als der Vatikan eine Dispens für einige Ordensschwestern in Belgisch-Kongo gewährte, so dass sie orale Verhütungsmittel nehmen konnten, da sie angesichts der damals herrschenden Gewalt in Gefahr waren, vergewaltigt zu werden.
"Im Fall einer Vergewaltigung, hat sich die Person, die sie erleidet — aus moralischer Sicht — nicht in eine sexuelle Beziehung verwickelt, da der Missbrauch eine Schändung des Körpers der Frau ohne deren freien Willen ist und ohne Akzeptanz ihrerseits." Professorin Moschella weiter: "In diesem Sinn ist der Same, der als Ergebnis der Vergewaltigung eingeführt wurde, ein fremdes Eindringen in den Körper der Frau, das nicht akzeptiert oder freiwillig erlaubt wurde. Es ist somit ein gewaltsames Eindringen."
Katholisches Verständnis von Sexualität
Um diesen Unterschied zu verstehen, muss man zuerst die Absicht der menschlichen Sexualität verstehen und warum die Kirche sich gegen Verhütung ausspricht, fügte sie hinzu.
"Sex bedeutet aus katholischer Sicht, dass sich eine Person ganz der anderen schenkt in einer Art Beziehung, die sich im Kinder haben und bekommen realisiert" erläutert sie.
"Und so widerspricht man auf gewisse Weise dem, was man mit dem Körper macht, wenn man absichtlich die Fruchtbarkeit verhindert. Es ist als würde man nicken, um ´ja´ zu sagen, während der Kopf ´nein´ denkt. Das Ergebnis ist, dass Kontrazeption unmoralisch ist, weil sie die Natürlichkeit der Sexualität selbst verletzt, da man sexuelle Beziehungen hat ohne die natürliche Möglichkeit der Schwangerschaft.“
Aber diese Situation, legt Moschella dar, sei nicht gegeben bei einer Vergewaltigung. Im Fall der Vergewaltigung gebe es schließlich keinen freiwilligen Sex von Seiten der Frau.
Verhütung als Selbstverteidigung
Aus diesem Grund würde man die Verhütung nicht als unmoralisches kontrazeptives Mittel ansehen, das versucht, im Sex den Aspekt der Vereinigung vom Aspekt der Zeugung zu trennen, sondern als Teil eines Aktes der Selbstverteidigung, durch den die Frau versucht, sich der Situation zu erwehren.
Das erkläre auch, so die Professorin, warum einige Handlungen - wie die Verwendung von Spermiziden oder der Versuch, den Einsprung zu verzögern, wenn er noch nicht stattgefunden hat - akzeptabel sein können, auch in Fällen von Vergewaltigung, vorausgesetzt sie beinhalten nicht das Risiko, einen bereits entstandenen menschlichen Embryo zu töten.
All das "ist sehr unterschiedlich" von der Situation des Zika-Virus, betonte sie.
"Im Fall des Zika-Virus sprechen wir von Frauen, die freiwillig sexuelle Beziehungen eingegangen sind und dann Kontrazeptiva benutzen, um zu vermeiden, dass diese sexuellen Beziehungen fruchtbar seien. Und das widerspricht der Bedeutung des sexuellen Aktes und beinhaltet einen Mangel an Integrität, der für die Person und die Beziehung schädlich ist", endet die Expertin der Catholic University.
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