Protagonisten des Konzils: Das Tagebuch von Kardinal Giuseppe Siri

Kardinal Giuseppe Siri (1906 – 1989)
Wikimedia (Gemeinfrei)

Die Arbeit des Zweiten Vatikanischen Konzils ist vielfach noch zu entdecken, auch wenn seit seinem Ende schon 50 Jahre vergangen sind. Einer der Schätze, die den Historikern zur Verfügung stehen, sind die Archive – und nicht nur die vatikanischen.

Das Päpstliche Komitee für Geschichtswissenschaften hat bereits vor drei Jahren eine sorgfältige Arbeit begonnen, nicht nur im Sinne einer Bergung, sondern auch für Studien und Vergleiche, um den aktuellen Stand verschiedener Diözesanarchive festzustellen. Im vergangenen Dezember hat man die zweite Etappe des Weges erreicht mit einer internationalen Studientagung, die in den Seiten großer geschichtlicher Bedeutung und wichtiger Persönlichkeiten geblättert hat.

Eine der Persönlichkeiten, die mit am meisten die konziliare Debatte geprägt haben und über die in den Jahren nach dem Konzil besonders in Italien viel geschrieben wurde, war Giuseppe Siri, Kardinal von Genua und Vorsitzender der Italienischen Bischofskonferenz.

Die archivierten Seiten, die ihn betreffen, hat Monsignore Giuseppe Militello vom  Istituto superiore di Scienze religiose (Höheres Institut für Religionswissenschaften) von Albenga-Imperia geöffnet. Siri führte ein Tagebuch des Konzils, das teilweise durch die Schriften von Benny Lai bekannt wurde.

"Ich habe das Originaltagebuch sehen können, das vom Komitee für Geschichtswissenschaften der Lateranuniversität aufbewahrt wird – erklärt Militello – und vor einigen Jahren hatte ich die Möglichkeit mit dem Original zu arbeiten, um eine historisch-kritische Ausgabe zu erarbeiten."

Gibt es weitere Quellen für den Zeitraum des Konzils?

"Ich konnte auch Korrespondenz sehen, die aufbewahrt wird, aber es sind auch noch einige Dinge zu archivieren. Ich sah die Briefe mit Kardinal Ruffini von Palermo, auch wenn sie noch nicht archiviert sind. Es ist also schon noch etwas zu finden."

Was war das Konzil für Kardinal Siri?

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"Erst einmal war es eine große Gelegenheit, den Stand der theologischen und pastoralen Situation einer Epoche im Wandel festzustellen. Papst Franziskus hat diesen Ausdruck bei der Tagung in Florenz benutzt: Epochenwandel. Der gleiche Ausdruck findet sich in den Notizen von Siri, der einer der wenigen italienischen Bischöfe war, der seine Erwartungen ans Vorbereitungskomitee des Konzils geschickt hatte.

Für Siri war es auch der Moment, sich der internationalen Atmosphäre bewusst zu werden und auf die Pastoralität zu setzen, die die Gesellschaft den Themen des Evangeliums nähern könne. Mit den  Worten "Pastoral" und "Pastoralismus" stand die Angelegenheit des Zweite Vatikanischen Konzils auf dem Spiel. Siri schrieb in seinem Tagebuch, dass man auf das eigene rechte Verständnis des Begriffes "Pastoral" bedacht sein müsse, der mit dem Begriff der Lehre verbunden werden müsse.

Und nach dem Konzil?

"Das Tagebuch endet mit der letzten Session des Konzils, aber wir verstehen einiges aus der Korrespondenz und anderem. Siri war auch besorgt aufgrund der Anwendung, die man vom Konzil hätte machen können: "Man muss die Neubelebung des katholischen Lebens organisieren und die Fehler eindämmen" sagte er. Deshalb kümmerte er sich darum, die Größe der Dokumente in die Diözese zu bringen, aber auch deren korrekte Interpretationen, vor allem die theologischen. Und so arbeitete er auch mit der Zeitschrift Renovatio und an dem Buch "Gethsemani".

War Siri ein Konservativer?

"Er ist eine sehr komplexe Gestalt, er war darauf bedacht, dass das Christentum seine doktrinale Valenz nicht verlöre, hatte aber immer die Bedürfnisse der Leute vor Augen. Deshalb ist für Siri der Priester – wie er in einem Büchlein vor dem Konzil schrieb – sicherlich Mittler zwischen Gott und dem Volk, aber er muss auch Kenntnis der Situationen und des Lebens der Gläubigen an den Tag legen. Man darf wünschen, dass man sich nicht auf banale Klassifizierungen und Klischees beschränkt, sondern die Persönlichkeit Siris anhand seines gesamten Lebensweges zu verstehen sucht. Eine interessante Veröffentlichung ist in diesem Sinne jene seiner Memoiren, in denen er über seine Liebe zur Liturgie spricht. Die Idee der Tagung ist, sich weiter vom Zeugnis der Konzilsväter zu nähren, das Konzil nachzuleben zu versuchen und seinen wahren Geist, was zur Zeit der Väter kein Modewort war.