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Klaus Berger präsentiert posthum eine "Theologie der Stille"

Katholische Kirche in der Stille: Die Aufnahme des Fotografen Frankie Garcia entstand bei 30 Tage langen Schweige-Exerzitien.

Auch nach seinem Tod im Juni 2020 bereichert der große Heidelberger Exeget und Neutestamentler Klaus Berger die Theologie. Erst in diesem Jahr ist bei Herder posthum sein Werk "Schweigen" erschienen, das auf 200 Seiten eine Theologie der Stille entfaltet. Nur 200 Seiten, muss man dazusagen – denn eine ganze Reihe der Gedanken von Berger sind kaum mehr als kurze Notizen oder Aufzeichnungen, die sich für einen Nicht-Theologen, der sich für das Thema "Schweigen" interessiert, nur schwer zugänglich sind.

Neben biblischen und liturgischen Texten geht Berger immer wieder vor allem auf Zeugnisse und Schrifttum aus biblischer Zeit ein, die nicht in den Kanon der Heiligen Schrift aufgenommen wurden, sowie auf große Mystiker – allen voran Meister Eckhart und Johannes Tauler.

"Wenn das Wort Gottes im Zentrum der Religion steht, ist die Voraussetzung jeglichen Kontakts mit dem Himmel, dass der Mensch zuvor schweigt", betont Berger. "Ähnlich wie früher ein Nüchternheitsgebot der eucharistischen Kommunion vorausging, ist es hier das Schweigen vor der Offenbarung. Dieses ist etwa die Funktion des Schweigens an den Tagen der Karwoche im Sinn der Vorbereitung auf Ostern."

In der Bibel sei das Schweigen "gerade der ‚Kronzeugen‘" nicht zu übersehen. Das Schweigen bleibe "ungewöhnlich, unangepasst und unerwartet. Doch sind alle Menschen, von deren Schweigen berichtet wird, ehrwürdig und hochverehrt." Im Falle des Zacharias etwa, des Vaters von Johannes dem Täufer, schreibt Berger: "Da Johannes der Täufer selbst ‚Stimme‘ genannt wird, also Stimme Gottes, hat es einen besonderen Sinn, wenn vor der Geburt dieser Stimme die ‚nahegelegene‘ Stimme des menschlichen Vaters verstummt, so wie Menschen aufhören sollten oder eben müssen, zu reden, wenn Gottes eigene Rede ertönt."

In der frühen Kirche spielte das Schweigen eine viel größere Rolle, als es heute der Fall ist. Ignatius von Antiochien zählt "das Schweigen des Bischofs in der Liturgie grundsätzlich und dauerhaft zu seinen ‚Merkmalen‘. Denn durch sein Schweigen markiert er die Grenzlinie zwischen dem Bereich des Menschen und Gottes Bereich, zwischen Erde und Himmel. Mit und in seinem Schweigen beginnt mit und in seiner Person die himmlische Sphäre." Sicherlich könnte man hier gut Vergleiche mit Bischöfen unserer Tage anstellen, die sich häufig durch Wortmeldungen um mediale Aufmerksamkeit bemühen. "Je mehr man einen Bischof schweigen sieht, umso größere Ehrfurcht soll man vor ihm haben", sagt Ignatius.

In einer persönlichen Nachbemerkung am Ende des Buches schreibt Berger: "Das Herz meines Glaubens ist die kleine, tausendjährige, in Sandstein gehauene romanische Marienkapelle im Klusfelsen bei St. Peter vor den Toren von Goslar […]. Mittlerweile umgibt sie dichter Laubwald. Wo die Sandsteinwände das flackernde Kerzenlicht zurückwerfen, kann ich am leichtesten wahrnehmen, was Anbetung und Stille sind. Und schweigen muss ich schon selber." Dieser beinahe romantische, jedenfalls aber demütige und kindliche Kommentar zeigt deutlich, warum das Buch wertvoll ist: Alle theologische Überlegung zum Thema "Schweigen" muss das geistliche Leben bereichern, nicht bloß der Gelehrsamkeit dienen.

Klaus Berger, "Schweigen. Eine Theologie der Stille", ist im Herder-Verlag erschienen und hat 200 Seiten. 

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