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"Es wird gut tun für die innere Reform eines jeden von uns!"

Ausschnitt aus Jan van Eycks Genter Altarbild, um 1435.

Bei seiner Ansprache anlässlich des Weihnachtsempfangs für die römische Kurie am 21. Dezember 2018 übergab Papst Franziskus den Anwesenden ein Buch-Geschenk mit den Worten:

"Es ist ein Klassiker: Das Kompendium der aszetischen und mystischen Theologie von Tanquerey. Ich glaube, dass sie gut ist. Man lese nicht alles in einem Zug durch, sondern suche im Inhaltsverzeichnis nach einzelnen Themen: diese Tugend, jene Haltung oder eine andere Sache. Es wird gut tun für die innere Reform eines jeden von uns und für die Reform der Kirche."

Wer war dieser Priester, dessen nun auf Deutsch frisch in seiner Originalfassung vorliegnden Klassiker der Papst so deutlich empfohlen hat? 

Adolphe Tanquerey wurde am 1. Mai 1854 in Blainville in der Normandie, im äußersten Norden von Frankreich, geboren. Gestorben ist er in Südfrankreich, in Aix-en-Provence, am 21. Januar 1932. Er war Mitglied der Sulpicianer, einer Priester-Kongregation, die 1642 von Jean-Jacques Olier, dem Pfarrer von Saint-Sulpice in Paris, gegründet worden war.Ihr Ziel bestand darin, in Seminaren für eine gute Priesterausbildung zu sorgen.

Sein Theologiestudium absolvierte Tanquerey einige Jahre in Rom, wo er den Doktorgrad in Theologie erwarb. Die Priesterweihe empfing er 1878. Er wirkte als Professor für Dogmatik und Moraltheologie, u. a. in Baltimore (USA), sowie als Oberer in Häusern seiner Kongregation. Ab 1902 lehrte er in Paris (Saint-Sulpice), und ab 1907 in Issy. Ebenso wurde er dazu bestimmt, als Leiter der Sulpizianer-Novizen (1915-26) die eigenen Mitglieder auszubilden und zu formen. Zuletzt lebte er in Aix-en-Provence.

Auch als geistlicher Schriftsteller machte sich Adolphe Tanquerey einen Namen. Als seine beiden wichtigsten Werke, die, gestützt auf Thomas von Aquin und Alfons von Liguori, eine weite Verbreitung fanden, gelten die "Synopsis theologiae dogmaticae" und die "Synopsis theologiae moralis et pastoralis". Sein bekanntestes Werk ist jedoch sein "Précis de théologie ascétique et mystique", der "Grundriss der aszetischen und mystischen Theologie" (deutsch 1935). 

Bei diesem Kompendium der aszetischen und mystischen Theologie handelt es sich nicht um ein geschichtliches Lehrbuch. Vielmehr ist es in der Beschreibung der Schulen der geistlichen Wissenschaft, angefangen bei den Kirchenvätern bis hin zu Alfons Maria von Liguori praktisch orientiert. Auch wenn Tanquerey eine gewisse Vorliebe für die Geistesrichtung der französischen Frömmigkeitsschule zeigt, so ist er keineswegs einseitig. Er ist darauf bedacht, ein Gesamtbild der geistlichen Lehre vorzulegen, -  geeignet und geschaffen für das tägliche Leben.

Aszetische Theologie will "Heilige gestalten", sie lehrt das "Wesen der Heiligkeit und die Mittel, die zu ihr führen". Aszese will die Menschen zur christlichen Vollkommenheit führen. Dabei bezeichnet das aus dem Griechischen stammende Wort "jede mühevolle Handlung, die sich auf die körperliche oder sittliche Erziehung des Menschen bezieht". 

Die mystische Theologie bezeichnet genau jene Wissenschaft, in der die Aszetik die erste Stufe zur Vollkommenheit bildet. Sie führt in ihrem weiteren Verlauf bis zur Schwelle der Beschauung. Mystik meint hier den Einigungsweg mit Gott. Dazu, den Menschen diesen Weg aufzuzeigen, dient das vorliegende Werk des französischen Theologen Adolphe Tanquerey.

Akribisch erläutert er Begriffe und Grundsätze. So erklärt er das Gebet für Anfänger, spricht über die Sünden und ihre Abtötung, geistliche Kämpfe und Versuchungen. Der geistliche Lehrer Tanquerey bleibt jedoch nicht dabei stehen. Er führt jene, die ihm auf diesem Weg folgen, der zur Vereinigung mit Gott führen kann, über die körperlichen und geistigen Anstrengungen hin auf jenen Weg, der für Fortgeschrittene dienlich ist. So erklärt er nun den "Weg der Erleuchtung", der mit Hilfe der göttlichen Tugenden begangen werden kann. Nicht verschwiegen werden jene Kämpfe, die durch das Wiederaufleben von Hauptsünden angegangen werden müssen. Besonders die Lauheit wird hier zu einem großen Widersacher. Dabei ist die Unterscheidung der Geister ein wichtiges Korrektiv. Im dritten Teil des Buches wird der "Weg der Einigung" beschrieben. 

Wenn Tanquerey das Gebet behandelt, welches er als Erhebung der Seele zu Gott bezeichnet, zitiert er die heilige Therese von Avila mit den Worten: "Der einzige Ehrgeiz desjenigen, der sich mit dem Gebet zu beschäftigen beginnt, soll im ernsten Bestreben liegen, seinen Willen dem göttlichen gleichförmig zu machen." Denn, so sagt sie, "darin besteht voll und ganz die höchste Vollkommenheit, die man auf dem geistlichen Wege erreichen kann. Je vollkommener diese Gleichförmigkeit ist, desto mehr empfängt man von Gott und desto schneller kommt man auf diesem Wege vorwärts".  Danach beschäftigt sich der Autor ausführlich mit dem Gebet: seinem Wesen, seiner Wirksamkeit als Mittel, um zur Vollkommenheit zu gelangen, sowie der "Art und Weise, unser Leben in ein andauerndes Gebet zu verwandeln".

Der "Grundriss der aszetischen und mystischen Theologie" ist, wie Papst Franziskus sagte, "ein Klassiker". Darin enthalten ist die reine katholische Lehre. Allein sie führt die Menschen zum Heil durch den Heiland, Jesus Christus – nicht etwa die Suche in mehr oder weniger fernöstlichen Meditationsformen. Die Kirche hat schon immer reichliche Mittel zur Heiligung angeboten. Diese auch zu benützen liegt an der Freiheit jedes Einzelnen. Dazu bedarf es einer inneren Gesinnung. Diese zu erwecken möge das Gebet verhelfen, das der Autor am Ende des Buches niederschreibt: "O Jesu vivens in Maria".

 "O Jesus, der du in Maria lebst,

komm und lebe in meiner Seele.,

durch deinen Geist der Heiligkeit,

durch die Fülle deiner Macht,

(Die Geschichte geht unten weiter)

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durch die Vollkommenheit deiner Wege,

durch die Wahrheit deiner Tugenden,

durch die Teilnahme an deinen Geheimnissen,

siege in mir über alle feindliche Macht,

durch deinen Geist,

zur Ehre deines Vaters."



Adolphe Tanquerey, “Grundriss der aszetischen und mystischen Theologie” ist als unveränderter Nachdruck im Sarto Verlag erschienen und hat 1136 Seiten.

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