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Geschlechtersensibel beten?

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Die Handreichung zur "Geschlechtersensiblen Sprache" im Bistum Hildesheim hat viele Kleriker wie Weltchristen sprachlos gemacht, in der Diözese selbst und weit darüber hinaus. Was mich selbst betrifft: Ich begrüße – einig mit dem weithin bekannten Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg in jeder Hinsicht eine sensible, somit auch geschlechtersensible Sprache –, halte aber den politisch imprägnierten Kampf gegen das generische Maskulinum für vollkommen falsch.

Aufmerksam machen möchte ich hier nur auf Abschnitt 19 der Handreichung, nämlich das Kapitel zur "Vielfältigen Gottes(an)rede". Niemand bestreitet – ganz im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils –, dass die Sprache der Glaubensverkündigung weltoffen und aufgeschlossen sein muss. Es ist aber dezidiert konzilswidrig, den Begriff "Herr" bei der Anrede Gottes auszusondern. Die Sprache des Neuen Testaments ist unmissverständlich: Jesus Christus ist der "κύριος", also der "Herr". Das ist eindeutig, so eindeutig, dass sich jede Kontroverse unter Christen darüber verbietet. Ein Theologe wie Romano Guardini hätte sein christologisches Werk "Der Herr" heute kaum "Der Mensch" genannt oder "Der Bruder". Die Verkleinerungsmaxime herrscht in der Handreichung aber ebenso vor: Statt "Herr Jesus Christus" könne gebetet werden "Christus, unser Bruder". Vielmehr sollen wir in allen Schwestern und Brüdern Christus suchen, erkennen und lieben. Auch feiern wir am hochheiligen Weihnachtsfest die Geburt unseres Herrn Jesus Christus und nicht die Geburt unseres netten Bruders, sympathischen Kollegen oder tollen, coolen Kumpels Jesus. Wir bekennen österlich auch nicht: "Unser Bruder ist auferstanden!", sondern: "Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden!"

Der liturgische Gruß "Der Herr sei mit euch" soll möglichst transformiert werden in "Die Liebe Jesu Christi sei mit euch, Die Geistkraft …" In der Handreichung wird nun behauptet, bezogen auf Gottvater: "Gott ist weder männlich noch weiblich." In diesem Sinne wird empfohlen, statt "Gott unser Vater" zu beten: "Guter Gott, der du uns Vater und Mutter bist." Gefragt wird: "Welches Gottesbild hilft uns in unserem Glaubensleben und spricht die Menschen an, die da sind?" Der christliche Glaube ist aber keine zeitgeistliche Lebenshilfe, sondern die Hoffnung, die uns hält, und der Anspruch, der uns fordert. Die trinitarische Auflösung reicht noch weiter, denn der "Heilige Geist" wird hier zur "Heiligen Geistkraft". Ich frage mich: Hätte die hl. Theresia vom Kinde Jesus darüber gelacht oder sich empört? Vielleicht auch beides. Es geht doch nicht darum, sich in der Sprache des Betens an säkularen Kategorien und Denkmustern zu orientieren, sondern auf Gott zu schauen und sich ihm betend anzuempfehlen, sich in seinen Willen einzufügen. Wir werden den dreifaltigen Gott, dessen "bleibende Unverfügbarkeit" immerhin in dem Papier nicht abgestritten wird, nicht mit einer neuen Sprache zurechtstutzen können. 

Diese Anleitung zu einer kirchlichen Gebetssprachreform steht zudem dem Buchstaben und Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils diametral entgegen. In "Gaudium et spes" lesen wir in Abschnitt 93: "Die Christen können, eingedenk des Wortes des Herrn: "Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr einander liebt" (Joh 13,35), nichts sehnlicher wünschen, als den Menschen unserer Zeit immer großherziger und wirksamer zu dienen. Dem Evangelium gewissenhaft folgend und aus seinen Kräften lebend, verbunden mit allen, die die Gerechtigkeit lieben und pflegen, haben sie das große Werk, das sie hier auf Erden zu erfüllen haben, begonnen, über das sie ihm, der am Jüngsten Tag alle richten wird, Rechenschaft geben müssen.

Nicht alle, die sagen "Herr, Herr", werden ins Himmelreich eingehen, sondern die den Willen des Vaters tun und tatkräftig ans Werk gehen. Der Vater will, daß wir in allen Menschen Christus als Bruder sehen und lieben in Wort und Tat und so der Wahrheit Zeugnis geben und anderen das Geheimnis der Liebe des himmlischen Vaters mitteilen.

Auf diese Weise wird in den Menschen überall in der Welt eine lebendige Hoffnung erweckt, die eine Gabe des Heiligen Geistes ist, daß sie am Ende in Frieden und vollkommenem Glück aufgenommen werden in das Vaterland, das von der Herrlichkeit des Herrn erfüllt ist. "Dem aber, der Macht hat, gemäß der in uns wirkenden Kraft weitaus mehr zu tun als alles, was wir erbitten oder ersinnen, ihm sei Ehre in der Kirche und in Christus Jesus durch alle Geschlechter von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen" (Eph 3,20-21)."

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Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.  

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