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Glaube und Götzendienst

Papst Benedikt XVI. im Jahr 2010

Vom „Licht Gottes“ erzählt der Glaube Israels, so lesen wir in der Enzyklika „Lumen fidei“. Es leuchte für Israel durch das „Gedächtnis der vom Herrn vollbrachten Taten, die im Gottesdienst in Erinnerung gerufen und bekannt und von den Eltern an die Kinder weitergegeben werden“: „Daraus ersehen wir, dass das Licht, das der Glaube bringt, an die konkrete Erzählung des Lebens, an das dankbare Gedenken der Wohltaten Gottes und an die fortschreitende Erfüllung seiner Verheißungen gebunden ist.“ Die Dankbarkeit liegt uns bisweilen fern. Wir verschließen uns dem Licht des Glaubens, wenn wir egoistisch und selbstbezüglich agieren. Manchmal scheint auch eine Art Lichtempfindlichkeit zu bestehen, wenn wir meinen, die Lehre der Kirche nach unserem Gutdünken oder nach der neuesten soziologischen Meinung verändern zu können. Benedikt kommt auf die „gotische Architektur“ zu sprechen: „In die großen Kathedralen dringt das Licht vom Himmel her durch die Glasfenster ein, in denen die heilige Geschichte dargestellt ist. Das Licht Gottes kommt zu uns durch die Erzählung seiner Offenbarung und kann so unseren Weg in der Zeit erhellen, indem es an die göttlichen Wohltaten erinnert und zeigt, wie seine Verheißungen sich erfüllen.“

Mit Blick auf die Geschichte Israels, aber natürlich nicht weniger auf die Geschichte des Christentums werde auch die „Versuchung des Unglaubens“ sichtbar: „Das Gegenteil des Glaubens erscheint hier als Götzendienst. Während Mose auf dem Sinai mit Gott spricht, erträgt das Volk das Geheimnis des verborgenen Antlitzes Gottes nicht, es erträgt nicht die Wartezeit. Von seiner Natur her verlangt der Glaube, auf den unmittelbaren Besitz zu verzichten, den die Vision anzubieten scheint — es ist eine Einladung, sich der Quelle des Lichtes zu öffnen, indem man das Geheimnis eines Angesichts respektiert, das sich auf persönliche Weise und zum richtigen Zeitpunkt offenbaren will.“ Auch wir scheuen uns oft, Gott zu verehren und wenden uns Götzenbildern zu. Nationalistische Ideologien sind eine Form des Götzendienstes, völkisches Denken und das Streben nach materiellen Besitztümern. Wir können unsere Privatideen vergötzen, ob beliebig ausgedacht oder in weltlichen Diskursformaten wie dem deutschen „Synodalen Weg“ inszeniert. Es liegt ein tückischer Hochmut darin, das Gut des Glaubens ins bloß Menschliche zu ziehen und auf diese Weise „sich selbst ins Zentrum der Wirklichkeit zu setzen, in der Anbetung des Werkes der eigenen Hände“: „Wenn der Mensch die Grundorientierung verloren hat, die seinem Leben Einheit verleiht, verliert er sich in der Vielfalt seiner Wünsche; indem er sich weigert, auf die Zeit der Verheißung zu warten, zerfällt er in die tausend Augenblicke seiner Geschichte. Darum ist der Götzendienst immer Polytheismus, eine ziellose Bewegung von einem Herrn zum andern. Der Götzendienst bietet nicht einen Weg, sondern eine Vielzahl von Pfaden, die anstatt zu einem sicheren Ziel zu führen, vielmehr ein Labyrinth bilden.“ Der Götzendienst ist eine Abwendung vom lebendigen Gott in die Dunkelheit der eigenen Fantasien, Gelüste und Okkupationen: „Glauben bedeutet, sich einer barmherzigen Liebe anzuvertrauen, die stets annimmt und vergibt, die das Leben trägt und ihm Richtung verleiht und die sich mächtig erweist in ihrer Fähigkeit zurechtzurücken, was in unserer Geschichte verdreht ist. Der Glaube besteht in der Bereitschaft, sich immer neu vom Ruf Gottes verwandeln zu lassen. Das ist das Paradox: In der immer neuen Hinwendung zum Herrn findet der Mensch einen sicheren Weg, der ihn vom Hang zur Zerstreuung befreit, dem ihn die Götzen unterwerfen. … Der Glaube ist eine unentgeltliche Gabe Gottes, welche die Demut und den Mut verlangt, zu vertrauen und sich anzuvertrauen, um den lichtvollen Weg der Begegnung zwischen Gott und den Menschen zu sehen, die Heilsgeschichte.“ Sind wir bereit, heute, in unserer Zeit, uns neu Gott zu öffnen und uns vertrauensvoll auf den Weg des Glaubens zu begeben?

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