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Barmherzigkeit und Klarheit in „Amoris laetitia“

Papst Franziskus

Auch wenn Papst Franziskus in „Amoris laetitia“ nicht müde wird, für positive Sichtweisen und Chancen der Ehepastoral zu werben, weist er in gleicher Weise auf den „kulturellen Niedergang“ hin, etwa auf die „Schnelligkeit, mit der die Menschen von einer Liebesbeziehung zur anderen wechseln“: „Sie meinen, dass man die Liebe wie in den sozialen Netzen nach Belieben des Konsumenten ein- und ausschalten und sogar schnell blockieren kann. … Der Narzissmus macht die Menschen unfähig, über sich selbst, über ihre Wünsche und Bedürfnisse hinauszusehen. Wer jedoch die anderen benutzt, wird früher oder später mit der gleichen Logik schließlich selber benutzt, manipuliert und verlassen werden.“

Franziskus kennzeichnet hiermit Phänomene im menschlichen Zusammenleben, die mit der postmodernen Herrschaft des Relativismus in Verbindung stehen. Die zentrifugalen Kräfte der Beliebigkeit reichen weit in die Gesellschaften und, wie der deutsche Synodale Weg gezeigt hat, auch in die Kirche hinein.

Wichtig sei es, so der Papst, Zeugen zu finden, die mithelfen, „die innersten Fasern der jungen Menschen zum Schwingen zu bringen, dort, wo sie am fähigsten sind zu Großherzigkeit, Engagement, Liebe und sogar zu Heldentum, um sie einzuladen, mit Begeisterung und Mut die Herausforderung der Ehe anzunehmen“.

Wer spricht tatsächlich in dieser Zeit noch positiv, liebe-, glaubens- und hoffnungsvoll über die Ehe? Stattdessen wird breit – auf dem Synodalen Weg in Deutschland – über „gelingende Beziehungen“ räsoniert, und allein die Sprache zeigt, dass sich hier kirchliche Amtsträger und engagierte Laien mit dem Zeitgeist gemein machen. Junge Menschen, die eine Familie gründen könnten, werden verunsichert. Sie erleben Irritation statt geistlicher Führung. Das Evangelium Jesu Christi wird verschwiegen, die Lehre der Kirche übersehen, ignoriert oder karikiert.

Zudem konstatiert Papst Franziskus mit den Synodenvätern auch eine geistige wie emotionale Verkümmerung von Paaren, die keine Möglichkeiten mehr entdecken, wie sie in ihrer Liebesbeziehung wachsen können: „Die Krise der Paarbeziehung destabilisiert die Familie und kann durch Trennungen und Scheidungen schwere Konsequenzen für Erwachsene, Kinder und die ganze Gesellschaft mit sich bringen, indem sie den Einzelnen und die sozialen Bindungen schwächt.“

Aus scheiternden Ehen entstehen oft neue Beziehungen und Bindungen, problematische familiäre Verhältnisse. Zu den Gefährdungen des Familienlebens tritt die „Schwächung des Glaubens und der religiösen Praxis in einigen Gesellschaften“ hinzu, ebenso ökonomische Notlagen, Arbeitslosigkeit oder Krankheiten. Papst Franziskus würdigt insbesondere die Familien, die Menschen mit Behinderungen aufnehmen und umsorgen als ein „Zeichen des Heiligen Geistes“, ebenso wie jene, die Migranten helfen und ein Obdach schenken. In solchen Situationen wird die „Logik der barmherzigen Aufnahme“ und die „Integration der Schwachen“ spürbar gegenwärtig.

Der Papst spricht auch die Familien an, die von den „Grenzsituationen des Lebens“ besonders getroffen sind und mahnt zu aufmerksamer Begleitung der Betroffenen: „Wenn zum Beispiel eine Frau ihr Kind allein aufziehen muss, wegen einer Trennung oder aus anderen Gründen, und dabei arbeiten muss, ohne die Möglichkeit zu haben, das Kind bei anderen Menschen zu lassen, wächst es in einer Verlassenheit auf, die es aller Art von Risiken aussetzt, und seine persönliche Reifung bleibt gefährdet. In den schwierigen Situationen, welche die am meisten Bedürftigen erleben, muss die Kirche besonders achtsam sein, um zu verstehen, zu trösten, einzubeziehen …“. Es gelte, Zeugnis für die „Barmherzigkeit Gottes“ abzulegen, die „heilsame Kraft der Gnade“ und das „Licht des Evangeliums“ anzubieten – und selbstverständlich diese Familien, etwa die Alleinerziehenden, am Leben der Gemeinde teilhaben zu lassen, mit mitfühlender Sorge und Verständnis.

Energisch bekräftigt Papst Franziskus die Lehre der Kirche über die Ehe und erteilt jenen eine Absage, die andere Beziehungsformen mit der Ehe gleichstellen wollen. Er führt aus: „Niemand kann meinen, die Familie als natürliche, auf die Ehe gegründete Gemeinschaft zu schwächen, sei etwas, das der Gesellschaft zugutekommt. Es geschieht das Gegenteil: Es beeinträchtigt die Reifung der Personen, die Pflege der gemeinschaftlichen Werte und die ethische Entwicklung der Städte und Dörfer. Es wird nicht mehr in aller Klarheit wahrgenommen, dass nur die ausschließliche und unauflösliche Vereinigung zwischen einem Mann und einer Frau eine vollkommene gesellschaftliche Funktion erfüllt, weil sie eine beständige Verpflichtung ist und die Fruchtbarkeit ermöglicht. Wir müssen die große Vielfalt familiärer Situationen anerkennen, die einen gewissen Halt bieten können, doch die eheähnlichen Gemeinschaften oder die Partnerschaften zwischen Personen gleichen Geschlechts, zum Beispiel, können nicht einfach mit der Ehe gleichgestellt werden. Keine widerrufliche oder der Weitergabe des Lebens verschlossene Vereinigung sichert uns die Zukunft der Gesellschaft. Doch wer kümmert sich heute darum, die Ehen zu stärken, ihnen bei der Überwindung der Gefahren zu helfen, die sie bedrohen, sie in ihrer Erziehungsrolle zu begleiten und zur Beständigkeit der ehelichen Einheit zu motivieren?“

Diese ernsthafte Frage ist auch uns heute aufgegeben: Wer kümmert sich darum, die Ehen zu stärken? Wer steht positiv ein für die selbstverständlich gegengeschlechtliche christliche Ehe – wer entscheidet sich dafür, die verbindlich gültige Lehre der Kirche abzuändern und auf den Wellen des Zeitgeistes zu segeln? Vergessen wir auch nicht, dass in allem und über alle der Herr das letzte Wort haben wird.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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