30 Juli, 2018 / 2:03 PM
Nach den Ferien wird unsere Große Vorschulkind. Eigentlich ist sie einige Tage nach dem Stichtag geboren, aber sie ist schon so fit, dass sowohl wir als auch ihre Erzieherinnen im Kindergarten Sorge haben, sie könne sich langweilen, wenn sie noch lange auf die Schule warten muss.
Sie hat schon früh damit begonnen sich für Buchstaben zu interessieren, mittlerweile hat sie sich Kleinbuchstaben selber beigebracht, sie beginnt zu lesen, hat an Oma und Opa bereits eine kurze Email verfasst und ist stets wissbegierig, Neues zu erkunden und zu verstehen.
Im Zuge dieser Entscheidungsfindung, die uns gewiss nicht leichtgefallen ist, ist uns aufgefallen, wie schwer es uns als Eltern fällt, anderen von den Talenten und Fähigkeiten unserer Tochter zu berichten. Schnell wird man als Eltern in einen Topf mit denen gesteckt, die ihre Kinder für hochintelligent halten, als etwas Besonderes ansehen und jedem Pädagogen, der sich ihnen in den Weg stellt mit Klagen drohen wegen mangelnder Aufmerksamkeit für das Kind. Vielen Pädagogen hingegen fehlt das Wissen darüber, wie man Kinder optimal fördert, die Neugier und Fähigkeiten mitbringen, da sie es gewöhnt sind, Kinder zu fördern, die in unterschiedlichen Bereichen Schwächen zeigen.
So dreht man sich ein bisschen im Kreis. Die einen wissen nicht so recht mit dem Kind umzugehen und die anderen fühlen sich missverstanden.
Ich glaube, dass man diese Erfahrung auf viele Bereiche ausweiten kann. Unsere Gesellschaft ist recht defizitorientiert und tut sich schwer damit neidlos, die Errungenschaften anderer anzuerkennen. Um Wachstum, Wohlstand und ein positives Menschenbild in der Gesellschaft zu generieren, sind Neid und Defizitorientierung zwei schwierige Faktoren, die eher blockieren als unterstützen.
Das fängt bei jedem einzelnen an, wenn man ihn nach seinen Fähigkeiten und Talenten befragt. Was kann ich eigentlich gut? Wie kann ich mein Potenzial optimal entfalten?
Dabei geht es weniger um Leistung, als vielmehr um Erfüllung durch Zufriedenheit und einer positiven Einstellung zu dem, was man im Stande ist zu geben. Sei es beruflich oder auch privat in den Hobbys die man verfolgt.
Bei Kindern darf Förderung natürlich nicht in Überforderung ausarten oder darin, dass sie nur noch unterwegs sind, um einen Kurs nach dem anderen zu besuchen. Es geht auch nicht um wahllose Förderung, damit "was Anständiges aus dem Kind wird", sondern um ressourcenorientierte Förderung, die dem Kind gerecht wird.
Jeder Mensch hat mit Sicherheit ungenutztes Potenzial, welches nie weiter genutzt wurde und entweder aus falsch verstandener Zurückhaltung unerwähnt blieb oder aber nie weiter beachtet wurde.
"Ich traue dir das zu", ist ein ebenso wichtiger Satz wie "mir macht Freude…". Denn das sind die beiden Komponenten, aus denen Erfolg und Entwicklung bei Kindern resultiert. Bestätigung und Zuspruch von außen sowie die intrinsische Motivation weiter zu kommen und sich zu entfalten.
Unsere Große freut sich schon sehr auf die Schule im nächsten Jahr und besonders darauf, endlich ihrer großen Freude am Lesen, Schreiben und Rechnen nachzukommen.
Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick.
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