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Kardinal Marx: „Unsere Demokratie basiert auf dem christlichen Menschenbild“

Kardinal Reinhard Marx

Kardinal Reinhard Marx hat in einem großen Interview bekräftigt: „Unsere Demokratie basiert auf dem christlichen Menschenbild.“ Der Erzbischof von München und Freising äußerte sich gegenüber der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch zu Gesellschaft und Christentum.

„Das christliche Menschenbild heißt auch: Freiheit wird nicht als grenzenloser Narzissmus zelebriert, sondern das Leben kann nur gelingen, wenn man mit anderen verantwortlich zusammenlebt“, betonte Marx. „Das ist eine wesentliche Grundlage für die Zukunft unseres Gemeinwesens, daran entscheidet sich, ob die Demokratie eine Zukunft hat.“

„Plötzlich erahnen wir, welche unglaublichen Voraussetzungen die Demokratie erfordert“, so der Kardinal über die gegenwärtige Lage in Deutschland. „Dass Menschen mehr füreinander tun, als sie müssen. Dass Demokratie eine große Mehrheit braucht, die bereit ist, sich auf das Gute hin zu orientieren. Demokratie und Freiheit erscheinen nicht mehr selbstverständlich.“

Marx sprach von einem „Zerfall der globalen Ordnung, den ich als Zivilisationsrückschritt erlebe“. So stehe „wieder das Denken in Interessen und Mächten im Vordergrund, weniger die Moral oder Menschenrechte. Und das schlägt um auf die Bevölkerung. In der Folge sehen wir Polarisierung, Aggression, verbale Attacken, Gewalt.“

„Seit Jahrzehnten sprechen wir von Krisen der Institutionen“, sagte der Münchner Erzbischof und bezog ausdrücklich auch die Kirche mit ein: „Eine Institution, die mir sagt, was ich tun soll, wie ich denken soll, wie ich leben soll, die kommt in einer offenen Gesellschaft immer stärker unter Druck. Eine Institution, die sagt: Ich weiß, was Gott über dich denkt – die funktioniert heute nicht mehr. Und das ist gut. Aber als Kirche sind wir auf dem Weg und wandeln uns.“

Zum Thema Migration fordere Marx Integration, was nicht Aufgabe des Eigenen bedeute. Dass man in Deutschland etwa „im Kindergarten auf Sankt Martin oder Nikolaus verzichtet, weil das christlich ist. Das ist Futter für die Radikalen. Man kann doch auch sagen, das gehört zu unserer Tradition, dieses verkrampfte Weglassen ist keine Integration.“

„Man muss zum Eigenen stehen und kann dann neugierig sein auf das Neue, man kann doch beides feiern: Nikolaus und Zuckerfest“, zeigte sich der Kardinal überzeugt.

Bei allen Problemen gelte: „Das letzte Wort der Geschichte hat Gott, und das müssen wir als Christen einbringen in die Gesellschaft. Wir Menschen können Elend und Leid erleben, aber Hoffnung haben wir immer, weil wir ein Ziel haben, und ich glaube, dass uns ein liebender Gott erwartet.“

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