Vatikanstadt, 07 Mai, 2025 / 1:00 AM
Kardinal Pierbattista Pizzaballa OFM, der Lateinische Patriarch von Jerusalem, wird als möglicher Papstnachfolger gehandelt. Er gilt als konservativer Theologe und pastoraler Brückenbauer. Der 59-jährige Italiener hat durch seine erfolgreiche Sanierung der Finanzen des Lateinischen Patriarchats internationale Aufmerksamkeit erlangt – eine Erfahrung, die im Vatikan angesichts der dortigen Finanzkrise besonders geschätzt werden könnte.
Als Papst Franziskus ihn 2016 zum Apostolischen Administrator des Lateinischen Patriarchats von Jerusalem ernannte, stand Pizzaballa vor einer immensen Herausforderung: Das Patriarchat hatte Schulden in Höhe von etwa 100 Millionen US-Dollar angehäuft, hauptsächlich durch Missmanagement beim Aufbau der American University of Madaba.
Ein Insider berichtete damals, der Vatikan habe die Wahl eines neuen Patriarchen ausgesetzt und stattdessen Pizzaballa entsandt, um die finanziellen Probleme zu bereinigen. Bis 2020 hatte er diese Aufgabe erfolgreich gemeistert, indem er einen wirtschaftlichen Beirat aus Finanzexperten einrichtete und einen erfolgreichen Spendenaufruf durch den Ritterorden vom Heiligen Grab initiierte.
Zudem führte Pizzaballa neue Statuten ein, die die Verwaltung verschiedener Einrichtungen des Lateinischen Patriarchats mit dem Kirchenrecht und den aktuellen Vorschriften des Heiligen Stuhls in Einklang brachten.
Diese Erfolge bei der Bewältigung finanzieller Probleme könnten Pizzaballa zu einem attraktiven Kandidaten für das Papstamt machen, da der Vatikan selbst mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten kämpft.
Im Jahr 2023 verzeichnete der Heilige Stuhl ein Betriebsdefizit von etwa 83 Millionen Euro, fünf Millionen mehr als im Vorjahr. Der vatikanische Pensionsfonds weist zudem ein Defizit von schätzungsweise 631 Millionen Euro auf. Ein wesentlicher Grund für diese Finanzkrise ist wohl auch ein dramatischer Rückgang der Spenden an die katholische Kirche weltweit.
Neben seiner finanziellen Expertise zeichnet sich Pizzaballa durch diplomatisches Geschick aus, das er während des Nahostkonflikts unter Beweis stellte. Als die Hamas am 7. Oktober 2023 ihre Angriffe im südlichen Israel startete, war er gerade erst eine Woche zuvor zum Kardinal ernannt worden.
Er kehrte umgehend aus Rom ins Heilige Land zurück und verfasste einen ausgewogenen Hirtenbrief, in dem er sowohl die Hamas-Gräueltaten als auch das Ausmaß der israelischen Vergeltung verurteilte. Als ein Journalist ihn fragte, ob er bereit wäre, sich selbst gegen israelische Kindergeiseln auszutauschen, die von der Hamas in Gaza festgehalten wurden, erklärte er seine Bereitschaft dazu.
Pizzaballas Positionen zu verschiedenen kirchlichen Themen
Pizzaballa hat sich in Bezug auf die LGBT-Agenda kaum öffentlich geäußert. In einem Interview wurde er gefragt, ob er eine Familie mit zwei Frauen oder zwei Männern und deren Kindern in der Kirche willkommen heißen würde.
Er antwortete: „Natürlich. Die Kirche ist für jeden offen. Kommen sie zum beten? Wir können sie nicht aufhalten. Andererseits müssen wir auch anerkennen, dass es einen Unterschied zwischen ihnen und einer regulären Familie gibt. Das ist offensichtlich. Sie haben nicht den gleichen Status, die gleiche Stellung. Ich würde sie natürlich nicht abweisen.“
Zum interreligiösen Dialog hat Pizzaballa deutlichere Positionen bezogen. Er sah den Nahost-Krieg als Wendepunkt: „Nach Jahren des interreligiösen Dialogs haben wir festgestellt, dass wir einander nicht verstehen.“
In liturgischen Fragen zeigte sich Pizzaballa als Kenner und Bewahrer der Tradition. Bei der Osternachtfeier in der Grabeskirche führte er traditionelle Riten wie das „Lucernarium“ durch, wie CNA Deutsch berichtete.
Sein Verständnis der Liturgie ist tief in der Tradition der Kirche verwurzelt, wie er in seiner Predigt betonte: „Die Liturgie Jerusalems ist um diesen Ort herum aufgebaut, ebenso wie die Liturgie der ganzen Kirche. Von hier aus schöpfen wir das Licht, das das gesamte christliche Leben erhellt.“
Im Kontext der Synodalität hat Pizzaballa den von Papst Franziskus eingeleiteten synodalen Prozess im Heiligen Land als eine Gelegenheit der Begegnung und des Zuhörens beschrieben. Er hat die Pfarrer, Jugendlichen, kontemplativen Klöster und verschiedenen kirchlichen Bewegungen eingeladen, sich am lokalen Synodenprozess zu beteiligen und betont: „Alle, die das Gefühl haben, dass sie etwas zu sagen haben, sollten die Möglichkeit haben, dies zu tun.“
Gleichzeitig warnte er davor, dass Synodalität nicht nur dazu dienen sollte, über Probleme zu sprechen, sondern „ein Weg sein muss, der vom Wort Gottes erhellt wird, das immer der Träger des Lebens ist“.
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Zur Frage der überlieferten lateinischen Messe hat sich Pizzaballa öffentlich kaum geäußert, erlaubt sie jedoch in seiner Jurisdiktion. Obwohl der Kardinal keine offiziellen Stellungnahmen zum Motuproprio Traditionis Custodes, das die Feier der klassischen römischen Liturgie massiv einschränkt, abgegeben hat, zeigt seine Praxis eine gewisse Offenheit gegenüber der älteren Form der Liturgie.
In Jerusalem wird regelmäßig eine Sonntagsmesse im alten Ritus in der Kapelle des Österreichischen Hospizes für Pilger gefeiert. Der Kardinal verfüge über „eine kleine Gruppe von Priestern, einen Diözesanpriester und einige Ordensmänner, die die traditionelle Messe bei Bedarf feiern können“, wie Pater David Neuhaus SJ, ein Jesuit und ehemaliger Patriarchalvikar für hebräischsprachige Katholiken, berichtete.
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