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Christliche Märtyrer als Thema bei Benedikts Schülerkreis: Ein Gespräch mit Helmut Moll

Der Prälat und Professor in seinem Büro in Köln. Moll wurde 1944 in Euskirchen geboren, promovierte 1973 bei Joseph Ratzinger und wurde 1976 zum Priester geweiht. Seit 1996 Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für das Martyrologium des 20. Jahrhunderts.

Was ist das Martyrium? Wie kann man es definieren? Und wie wird das Martyrium in der Theologie Benedikts XVI. verstanden?

Das waren einige der Diskussionsthemen beim jüngsten Treffen des Schülerkreises Joseph Ratzinger, der aus ehemalig Schülern von Benedikt XVI. besteht. Das Treffen fand vom 1. bis 3. September in Rom statt.

Einer der Referenten, Monsignore Helmut Moll, war Student von Professor Ratzinger an zwei verschiedenen Universitäten und hat später mit ihm in der Kongregation für die Glaubenslehre zusammengearbeitet, bevor er nach Deutschland gerufen wurde, um sich mit dem großen Projekt des deutschen Martyrologiums des zwanzigsten Jahrhunderts zu beschäftigen. Diese Initiative wurde auf Anregung des heiligen Johannes Paul II. ins Leben gerufen.

Monsignore Moll sprach mit CNA über die Themen seines Beitrags und die Diskussionsrunde.

Worüber haben sie beim Schülerkreis Joseph Ratzinger gesprochen?

Ich habe über die Definition von Martyrium gesprochen, Wie kann man einen Märtyrer definieren? Das ist ein sehr wichtiges Thema. Es gibt einige Extremisten, die behaupten, die Selbstmordattentate seien Martyrium, andere sagen, dass die Opfer jener Ereignisse als Märtyrer angesehen werden sollten. Aber die Definition von Martyrium steht fest und sie ist eine sehr präzise.

Wie lautet also die Definition von Martyrium?

Es gibt drei Kriterien, die von Papst Benedikt angegeben wurden, um einen Märtyrer zu erkennen. Das erste Kriterium ist der Tod. Jemand wird beispielsweise in einer Gaskammer umgebracht, erhängt, erschossen. Dazu zählt auch der passive Tod, wenn man etwa jemanden verhungern oder verdursten lässt. Das zweite Kriterium ist, ein christliches Zeugnis gegeben zu haben, wie wir es zum Beispiel hier in Deutschland kennen von den Katholiken, die Hitler nie gewählt und unterstützt haben und deshalb verfolgt wurden. Das dritte Kriterium ist, bereit zu sein, für den Glauben zu sterben: Wenn jene, die Zeugnis abgelegt haben im Moment der Prüfung zurückweichen, dann können sie nicht als Märtyrer betrachtet werden. Das sind die Kriterien des Glaubens, die bis heute gelten.  

Man spricht jetzt von einem neuen Weg zur Heiligsprechung: Die Hingabe des Lebens. Ist das eine neue Art, das Martyrium zu verstehen?

Nein. Jene, die man für Heilige hält, weil sie ihr Leben für andere einsetzen, können nur nach einem Wunder heiliggesprochen werden, das auf ihre Fürsprache geschieht. Bei den Märtyrern ist das nicht so. Es handelt sich hier nicht um Märtyrer, sondern um Bekenner mit einer gewissen "Spezialisierung".

Warum braucht es also ein neues Kriterium?

Das ist eine lange Geschichte. Ich war zehn Jahre lang Berater der Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Vor einiger Zeit fand ein Symposium mit bedeutenden Professoren statt. Bei diesem Symposium wurde angemerkt, dass bei den Kriterien zur Heiligsprechung etwas fehlen würde. Man musste auf irgendeine Weise die Heiligkeit derer definieren, die ihr Leben den Kranken widmen oder - um ein anderes Beispiel anzuführen - Priester, die aufs Schlachtfeld gehen, um den Soldaten Essen und Trinken zu bringen, oder auch jene, die ihr Leben der Mission widmen und es dort verlieren, wie im Fall von Pater Damian de Veuster, dem belgischen Missionar auf der hawaiianischen Insel Molokai. Es handelt sich nicht um Märtyrer im strikten Sinne, aber eine Besonderheit zeichnet sie aus. Daher fühlte man das Bedürfnis eines vierten Kriteriums, das von Papst Franziskus hinzugefügt wurde. Es handelt sich, letztendlich, um die Hingabe des Lebens, die zu einem frühen Tod führt.

Das Martyrium bleibt also weiterhin das Martyrium nach den Kriterien Benedikts XVI. ….

Nicht wenige wollen die Kriterien des Martyriums erweitern. Die Befreiungstheologen, beispielsweise, verfechten, dass jemand als Märtyrer gilt, wenn er in Lateinamerika gelitten und sein Leben im Kampf für die Befreiung geopfert hat. Oder wenn eine Ordensschwester ein Kind betreut und sich mit seiner Krankheit ansteckt. Ich hingegen halte die Kriterien Benedikts für absolut gültig. Es bedarf eines gewaltsamen Todes, um Märtyrer zu sein. Es braucht Blutvergießen, das heißt, das Leben wird gefordert. Es gibt Fälle in einer Grauzone und diese können, wie gesagt, in die Kategorie der Lebenshingabe einfließen.

Aber was ist das Martyrium für Benedikt XVI.?

Benedikt XVI. hat an fünf verschiedenen Lehrstühlen in Deutschland gelehrt – in Freising, Bonn, Münster, Tübingen und Regensburg - aber das Thema des Martyriums hat er vor allem in Regensburg entwickelt und später in München. Benedikt XVI. interpretiert das Martyrium als ein Zeichen unendlicher Liebe. Es gibt keine Wut, keinen Hass im Martyrium, sondern nur einen höchsten Akt der Liebe. Er bezieht sich auf die Eucharistie, den Akt des Martyriums, welcher Repräsentation des Leidens Christi ist, der sich selbst für unsere Sünden geopfert hat. Leider ist die Eucharistie für viele Christen eine Versammlung der Gläubigen. Der tiefere Sinn der Eucharistie ist hingegen, das Leben für Christus zu geben, denn die Eucharistie ist unbesiegbare Liebe.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Was ist das größte Vermächtnis, das Benedikt XVI. hinterlässt?

Er hat eine grenzenlose intellektuelle Begabung. Er hat unglaubliche Intuitionen. Es gab da einen gewissen Drewermann, der in Deutschland großen Erfolg hatte. Und er fragte sich, warum er so viel Erfolg hätte und verstand dann, dass unsere Theologie zu rational war und sagte sofort, dass die Theologie auch ein Herz und einen Leib braucht. Deshalb ist seine Sprache Dichtung, sie hat eine große Tiefe in Gedanke und Wort. Als man dann anfing, von Befreiungstheologie zu sprechen, hatte er sofort gemerkt, dass man mit der marxistischen Terminologie keine echte Theologie erarbeiten kann. Leonardo Boff erwiderte, dass es sich nur um Worte handle, aber Kardinal Ratzinger antwortete, dass die Worte auch in sich selbst einen Teil an Inhalt besitzen.

Man spricht heute viel vom Ökumenismus des Blutes. Wie sehr haben sie das bei ihren Forschungen bemerkt?

Die Christen zur Zeit Hitlers waren mit einer nichtchristlichen Ideologie konfrontiert und daher haben sich die christlichen Konfessionen vereint, um den gemeinsamen Feind zu bekämpfen. Aber es ist auch wahr, dass der ökumenische Weg nach dem Zweiten Weltkrieg nicht fortgesetzt wurde. Ich würde sagen, im Fall einer Gefahr vereinen sich die Christen zu einer Stimme. In den Konzentrationslagern waren Katholiken und Protestanten zusammen, haben gemeinsam die Heilige Schrift gelesen, haben einen gemeinsamen Ruf verspürt, Christen zu sein.

Können Katholiken und Protestanten beim Thema des Martyriums übereinstimmen?

Das ist schwierig. Es gibt ein Martyrologium in der protestantischen Kirche, aber es gibt unterschiedliche Kriterien. Die Protestanten erkennen das Martyrium für die Reinheit nicht an, jenes der heiligen Agnes, der heiligen Cäcilia und lassen auch Selbstmorde zu. Aber die Gnade ist eine absolute Sache; alle Argumente zugunsten des Suizids sind unzulänglich. Aber die Protestanten haben ihn in ihrem Martyrologium akzeptiert.

Übersetzt aus dem Italienischen von CNA / Susanne Finner.

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