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Es geht um mehr als die Beichte: Wie die Piusbruderschaft die Geste von Franziskus nutzt

Pater Franz Schmidberger mit dem Generaloberen der Bruderschaft, Bischof Bernard Fellay.
Ein junger Pater Schmidberger mit dem Gründer der Piusbruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre. Am 8. Dezember feierte der Regens des Seminars der Piusbrüder in Deutschland sein 40. Priesterjubiläum.
Plakat-Aktion für die Beichte: Damit wirbt die Piusbruderschaft

Zum Jahr der Barmherzigkeit hat Papst Franziskus erklärt, dass die Beichte der Piusbruderschaft “gültig und erlaubt” empfangen werden kann. Das Generalhaus der Priesterbruderschaft St. Pius X (FSSPX) dankte dem Heiligen Vater in einem Schreiben für “seine väterliche Geste”. Wie geht die FSSPX mit dieser Geste um? Antworten von Pater Franz Schmidberger, Regens des Priesterseminars “Herz Jesu” und ehemaliger Distriktoberer der Bruderschaft in Deutschland und Österreich.

CNA: Pater Schmidberger, hat die Piusbruderschaft tatsächlich aus der Presse von dieser Geste erfahren, zumal es ja in einem Schreiben an Erzbischof Rino Fisichella zu lesen war?

SCHMIDBERGER: Ja, wir haben die Nachricht, Papst Franziskus habe den Patres der Priesterbruderschaft St. Pius X. für die Zeit des Heiligen Jahres generell die Beichtjurisdiktion für alle Gläubigen gegeben, aus der Presse erfahren. Sie wissen ja: Unsere Beziehungen zu den römischen Behörden sind nicht die engsten und freundschaftlichsten, so dass wir alles schon im Voraus erführen.

CNA: Haben Sie von anderen kirchlichen Vertretern auch gehört? Wie bewerten Sie die Berichterstattung dazu in katholischen wie weltlichen Medien?

SCHMIDBERGER: Ich habe in der Tagespresse dazu einen Artikel gelesen; ansonsten hielten sich die Massenmedien im deutschen Sprachraum sehr zurück. Wir stehen nun einmal nicht besonders in ihrer Gunst, weil wir eben nicht dem Mainstream des Zeitgeistes folgen. In kirchlichen Medien habe ich einen nüchternen Satz gelesen. Man dürfte wohl in den Ordinariaten eher peinlich berührt gewesen sein, dass Geistlichen, die fälschlicherweise jahrelang als außerhalb der Kirche stehend oder sogar als Fundamentalisten beschimpft worden sind, nun die Beichtjurisdiktion gegeben wird, und dies durch einen Hoheitsakt des Heiligen Vaters selbst.

CNA: Wie nutzt die Bruderschaft nun diese Geste? Bietet sie aktiv das Sakrament der Versöhnung an – auch bei Gläubigen, die sonst nicht bei Priestern der FSSPX beichten?

SCHMIDBERGER: In unserem Priesterseminar Herz Jesu haben wir noch vor Weihnachten einen Beichttag festgesetzt und durch eine Anzeige in der Zeitung die Gläubigen darauf aufmerksam gemacht; unsere Seminaristen haben Flugblätter dazu ausgeteilt und Plakate geklebt. Ich nehme an, dass in den Prioraten und Kapellen ähnlich Angebote den beichtwilligen Gläubigen unterbreitet worden sind. Dazu kommen die regulären Beichtzeiten an Sonn- und Feiertagen und auf Anfrage hin auch während der Woche.

Falls das Angebot des Beichttages angenommen wird, sollen weitere Veranstaltungen dieser Art folgen, insbesondere in der Fastenzeit, jeweils verbunden mit der stillen Anbetung des allerheiligsten Altarssakramentes.

CNA: In seiner Ansprache an die deutschen Bischöfe hat Papst Franziskus diese aufgefordert, sich im Heiligen Jahr verstärkt um die Eucharistie zu bemühen, und um die Beichte, die vielerorts praktisch verschwunden sei. Wie regelmäßig gehen denn die Gläubigen zur Beichte, die auch sonst bei der Priesterbruderschaft ihre Berufung als katholische Laien leben?

SCHMIDBERGER: Vielleicht darf ich hier mit konkreten Zahlen aufwarten. Bei ungefähr 110 Gottesdienstbesuchern von außen an den Sonntagen zählen wir im Durchschnitt an die 15 Beichten, dazu kommen einige Beichten während der Woche; somit liegt die Beichtfrequenz bei ungefähr 6 Wochen, was einem ganz normalen christlichen Leben entspricht. In den anderen Kapellen der Bruderschaft dürfte das Verhältnis ziemlich dasselbe sein. Ansonsten aber ist die Beichte, von Ausnahmen abgesehen, in Deutschland zu einem verlorenen Sakrament geworden. Der Verlust des Sündenbewusstseins ist einerseits der Grund, andererseits eine Folge davon. Das Streben nach der Tugend und ein Leben nach dem Willen Gottes ist für den Christen ein Buch mit sieben Siegeln geworden. Viele gehen dazu ohne jede innere Disposition, oft mit schweren Sünden beladen, zur hl. Kommunion. Nicht die Zahl der Kommunionen zeugt heute von der Lebendigkeit und dem Eifer einer Gemeinde, sondern die Zahl der Beichten.

CNA: Wie erklären Sie sich diese deutlich höhere “Quote”?

SCHMIDBERGER: Wenn jahrelang in der Verkündigung nicht mehr über die Gebote Gottes gepredigt wird, über Sünden, die vom Reiche Gottes ausschließen (Gal 5,21), dann bricht die christliche Moral und eben das Sündenbewusstsein beim ehemals gläubigen Volk zusammen.

In allen unseren Kapellen versuchen wir, die Wahrheit, die Schönheit und die Tiefe der katholischen Religion zu vermitteln; wir predigen den ganzheitlichen katholischen Glauben ohne Abstriche und halten zur Ehrfurcht dem Heiligen gegenüber an, insbesondere zur Ehrfurcht gegenüber der hl. Eucharistie. Wir verkündigen nach Kräften den gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus Christus. Dazu kommen Einkehrtage und das Angebot von Exerzitienkursen, wo vor den Teilnehmern das gesamte katholische Dogma, die entsprechende christliche Moral und das geistliche Leben aufgerollt werden. Dazu leiten wir die Gläubigen zu einem Leben des Gebetes an; in diesem empfangen sie dann von Gott das Licht über dessen Erhabenheit, Heiligkeit und erbarmende Vatergüte und über ihre eigene Erlösungsbedürftigkeit. Bei uns wird eben die Botschaft Unserer Lieben Frau von Fatima gelebt.

CNA: Die Geste von Papst Franziskus ist ja für das Jahr der Barmherzigkeit bestimmt – aber der Papst wird diese nicht nach dem 20. November 2016 für erledigt erklären, oder? Erwarten Sie vielmehr weitere Gesten dieser Art – mit Blick auf andere Sakramente etwa?

SCHMIDBERGER: Eine Beschränkung auf das Heilige Jahr ist in der Tat schlecht vorstellbar und dürfte wohl auch nicht dem Denken des Papstes entsprechen. Vielleicht folgen zunächst noch weitere Gesten ähnlicher Art. Aber auf die Dauer wird es sicher um eine endgültige Normalisierung mit  einer kirchenrechtlichen Struktur für die Priesterbruderschaft St. Pius X. gehen.

CNA: Bereits sein Vorgänger, Papst Benedikt XVI., hat sich um ein Rapprochement mit der Piusbruderschaft bemüht. Nun schreibt Papst Franziskus im gleichen Brief wörtlich: “Ich vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen”. Wie schätzen Sie diese Aussage ein?

(Die Geschichte geht unten weiter)

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SCHMIDBERGER: Zweifellos sieht Papst Franziskus in unserer Bruderschaft eine Kraft, die an der von verschiedenen Seiten geforderten Neuevangelisierung Hand anlegen kann. Auch entspricht unser Werk in etwa seiner Forderung nach dem Geist der Armut, empfangen wir ja keine Kirchensteuern und auch keine staatliche Unterstützung, sondern leben allein durch die Spendenfreudigkeit und den Opfergeist der Gläubigen. Wenn der Papst tatsächlich eine kirchenrechtliche Struktur ins Auge fasst, so würde dies viele Türen öffnen für ein weit umfangreicheres Wirken unserer Priester, als dies jetzt möglich ist. Vor allem könnten wir gemäß unserer Berufung mitwirken bei der Heranbildung einer neuen Priestergeneration voll Glaubensgeist und apostolischem Eifer.

CNA: Abschließend: Sie feiern heuer Ihr vierzigjähriges Priesterjubiläum. Was erhoffen Sie sich von der katholischen Kirche generell für die nächsten 40 Jahre, und welche Rolle wird die Piusbruderschaft dabei aus Ihrer Sicht spielen?

SCHMIDBERGER: Man kann für die nächsten Jahre der Kirche nur eine Reform an Haupt und Gliedern wünschen und für solch eine innere Erneuerung aus dem Geist der Heiligkeit heraus sich einsetzen. Dabei geht es vor allem um die Erneuerung des katholischen Priestertums, um die neue Hinführung der Gläubigen zu den Quellen des Heiles, zu den Sakramenten, es geht um eine lebendige Glaubensvermittlung in Predigt, Katechese, Einkehrtagen und Exerzitien, wie schon gesagt, wobei auch die modernen Kommunikationsmittel wie z.B. das Internet, Audio- und Videodateien verwendet werden könnten.

Die heutige Krise ist in erster Linie eine Krise des Glaubens, und dieser kommt vom Hören (Röm 10,17). Darum beten wir oft mit der ganzen Kirche die Oration aus der Messe für die Ausbreitung des Glaubens: „O Gott, Du willst, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen; so sende, wir bitten Dich, Arbeiter in Deine Ernte; lass sie voll Zuversicht Dein Wort verkünden, auf dass Deine Botschaft dahineile und in Herrlichkeit sei und alle Völker Dich, den einen wahren Gott, erkennen wie auch Deinen von Dir gesandten Sohn Jesus Christus, unsern Herrn.“

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