[Lesungen HIER]

Liebe Brüder und Schwestern,

noch einmal wünsche ich Ihnen gesegnete Ostern. Mit der Ostkirche sage ich Ihnen: Christus ist wahrhaft auferstanden. Freuet euch. Dies ist unser Osterglaube. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Christus ist nicht nur gekreuzigt worden, sondern lebt und ist nicht im Tod geblieben. Auch wir sind berufen zur Auferstehung und zum ewigen, glücklichen Leben bei Gott. Auch für uns ist der Tod nicht das letzte. Es lohnt sich zu leben, denn wir werden ewig bei Gott leben.

Wir wollen und müssen aber auch das heutige Evangelium ernst nehmen. Ich kann es Ihnen nicht einfacher machen. Ich muss die vier entscheidenden Ecken nennen, von denen das Evangelium spricht.

Erstens: Die Jünger haben nach der Kreuzigung Jesu Angst. Sie verstecken sich vor den Menschen, die Jesus gekreuzigt haben. Angst gehört auch zur Frohen Botschaft. Und in diese Angst kommt Jesus und sagt als erstes zweimal zu ihnen: Der Friede sei mit euch. Das heißt in diesem Kontext: Habt keine Angst. Angst ist zwar selbstverständlich, und dagegen hält Jesus: Bitte dennoch Frieden.

Als zweites kommt etwas Erstaunliches: Jesus spricht von den Sünden der Menschen und sagt den Jüngern. Ihr könnt und sollt den Sündern ihre Sünden erlassen. Dazu haucht er ihnen den Heiligen Geist ein, damit sie die Sünden erlassen können. Wir dürfen uns schon wundern, dass hier beim Auferstandenen gleich von den Sünden die Rede ist. Vielleicht weisen sie darauf hin, dass Jesus ja wegen der Sünden der Menschen noch vor wenigen Tagen gekreuzigt worden ist, dass er gestorben ist, um die Menschen von den Sünden zu erlösen.

Und drittens kommt der Zweifel, der Zweifel des Thomas. Er kann nicht glauben, dass Jesus von den Toten erweckt worden ist. Er war bei der ersten Erscheinung Jesu nicht dabei. Offenbar gehört der Zweifel auch dazu. Offenbar geht es nicht ohne den Zweifel. Offenbar darf der Zweifel auch bei uns dazugehören. Und Jesus geht auf den Zweifel ein, lässt sich von Thomas berühren, verurteilt Thomas nicht, sondern überzeugt ihn.

Und schließlich der vierte und letzte Akzent dieses Evangeliums: Die Jünger kommen zu dem Glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Jesus hatte viele Zeichenhandlungen getan. Und der Evangelist schreibt: Sie seien aufgeschrieben, damit die Jünger zum Glauben daran kommen, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Dies ist der eigentlich große Sprung: Jesus wird nicht nur ein Prophet genannt, ein großer gläubiger Mensch, ein Wundertäter. Sondern Jesus wird Sohn Gottes genannt. Als der Evangelist Johannes das schreibt, sind wohl schon einige Jahrzehnte nach der Kreuzigung Jesu vergangen. Die Jünger waren noch Jahre nach seinem Tod gepackt von den Taten und Worten Jesu, von seinen Erscheinungen nach seinem Tod und haben sich an die Selbstaussagen Jesu erinnert. Jesus hatte gesagt: „Wer mich sieht, sieht den Vater“. „Ich und der Vater sind eins“. „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. „Ich gebe lebendiges Wasser“. „Moses hat euch gesagt, ich aber sage euch.“ Jesus war eine Provokation gewesen. Und vor allem: Er hatte sein Leben für die Seinen gegeben. Er war Gott auf Erden. Er war der Sohn Gottes, die Selbstaussage Gottes. Gott ist in ihm erschienen.

In dem Evangelium dieses Sonntags mischen sich Irdisches und Himmliches: Einerseits Angst vor den Menschen, vor der Masse und Zweifel der Apostel, die ganz Menschen sind und geblieben sind. Andererseits Jesu Erscheinen, sein Friedenswunsch, die Geistausgießung zur Sündenvergebung und das Bekenntnis zu Jesus als Sohn Gottes. Auch in unserem Leben gehören vermutlich Angst und Zweifel zusammen mit dem Erstaunen über Jesus und der Mut, sich in seine Arme zu werfen. Amen.

Pater Eberhard von Gemmingen SJ war von 1982 bis 2009 Redaktionsleiter der deutschen Sektion von Radio Vatikan.

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