Zum Abschluss des Heiligen Jahres 2000 hat Papst Johannes Paul II. in „Novo millennio ineunte“ an die gebotene Sorgfalt im Bereich der Familienpastoral erinnert, insbesondere mit Blick auf die „tiefgehende Krise“ der fundamentalen Institution der Familie. Er bekräftigte das seinerzeit bereits angefochtene Naturrecht: „In der christlichen Auffassung von der Ehe entspricht die Beziehung zwischen einem Mann und einer Frau – eine gegenseitige und ganzheitliche, einzige und unauflösbare Beziehung – dem ursprünglichen Plan Gottes, der in der Geschichte durch die Verhärtung des Herzens verdunkelt worden war; doch Christus stellte durch die Enthüllung dessen, was Gott ‚am Anfang‘ gewollt hat (Mt 19,8), die Ehe in ihrem ursprünglichen Glanz wieder her. In der zur Würde des Sakraments erhobenen Ehe kommt sodann das ‚tiefe Geheimnis‘ der bräutlichen Liebe Christi zu seiner Kirche zum Ausdruck (vgl. Eph 5,32).“

Die Kirche muss wachsam, entschlossen und beherzt jeglichem Druck widerstehen, der aus Gesellschaft und Kultur ausgeübt wird – sodass durch eine „immer vollkommenere Erziehung im Geist des Evangeliums die christlichen Familien ein überzeugendes Beispiel dafür geben, daß man eine Ehe leben kann, die voll und ganz dem Plan Gottes und den tatsächlichen Bedürfnissen der menschlichen Person entspricht: jener der Eheleute und vor allem jener viel zerbrechlicheren der Kinder“. Diese Gefährdungen sind heute noch sehr viel deutlicher bewusst geworden. Johannes Paul II. appelliert weiter: „Die Familien selbst müssen sich immer mehr die den Kindern gebührende Sorge und Aufmerksamkeit bewußt machen und zu aktiven Trägern einer wirksamen Präsenz in Kirche und Gesellschaft zum Schutz ihrer Rechte werden.“

Johannes Paul II. betont in diesem Zusammenhang die herausragende Bedeutung der Liebe, die in der christlichen Familie gegenwärtig ist und von dort aus positiv in die Welt hineinwirken soll: „Aus der innerkirchlichen Gemeinschaft öffnet sich die Liebe, wie es ihrer Natur entspricht, auf den universalen Dienst hin und stellt uns in den Einsatz einer tätigen, konkreten Liebe zu jedem Menschen. Das ist ein Bereich, der das christliche Leben, den kirchlichen Stil und die pastorale Planung gleichermaßen bestimmt und kennzeichnet.“ Die Familie ist sozusagen der Lernort der Hingabe, der Liebe zu den Mitmenschen, besonders zu den Ärmsten, die der Hilfe am meisten bedürftig sind. In der Familie wächst die Güte, das Verständnis füreinander. So wird der Blick geschärft für das Leid und die Not der Nächsten.

Zu den Armen gehören in besonderer Weise auch die ungeborenen Kinder und Menschen in der letzten Phase ihres Lebens. Aus der Familie, die im Glauben der Kirche verwurzelt ist, können Impulse entstehen und Initiativen für ein Zusammenleben in der Gemeinschaft wachsen: „Der Schauplatz der Armut läßt sich unbegrenzt ausweiten, wenn wir zu den alten die neuen Formen der Armut hinzufügen, die häufig auch die Milieus und gesellschaftlichen Gruppen betreffen, die zwar in wirtschaftlicher Hinsicht nicht mittellos sind, sich aber der sinnlosen Verzweiflung, der Drogensucht, der Verlassenheit im Alter oder bei Krankheit, der Ausgrenzung oder sozialen Diskriminierung ausgesetzt sehen. Der Christ, der auf dieses Szenarium blickt, muß lernen, seinen Glauben an Christus in der Weise zu bekennen, daß er den Appell, den Christus von dieser Welt der Armut aussendet, entschlüsselt. Es geht um die Weiterführung einer Tradition der Nächstenliebe, die schon in den zwei vergangenen Jahrtausenden unzählige Ausdrucksformen gefunden hat, die aber in unseren Tagen vielleicht noch größeren Einfallsreichtum verlangt. Es ist Zeit für eine neue ‚Phantasie der Liebe‘, die sich nicht so sehr und nicht nur in der Wirksamkeit der geleisteten Hilfsmaßnahmen entfaltet, sondern in der Fähigkeit, sich zum Nächsten des Leidenden zu machen und mit ihm solidarisch zu werden, so daß die Geste der Hilfeleistung nicht als demütigender Gnadenakt, sondern als brüderliches Teilen empfunden wird.“ Die Armen und Bedürftigen sollen sich in der Gemeinschaft der Christen „wie ‚zu Hause‘ fühlen“.

Johannes Paul II. schreibt mit Blick auf die Herausforderungen unserer Zeit: „Wäre dieser Stil nicht die großartigste und wirkungsvollste Vorstellung der Frohen Botschaft vom Reich Gottes? Ohne diese durch die Liebe und das Zeugnis der christlichen Armut vollzogene Weise der Evangelisierung läuft die Verkündigung, die auch die erste Liebestat ist, Gefahr, nicht verstanden zu werden oder in jenem Meer von Worten zu ertrinken, dem die heutige Kommunikationsgesellschaft uns täglich aussetzt. Die Liebe der Werke verleiht der Liebe der Worte eine unmißverständliche Kraft.“ Zu diesen Vorbildern für die Welt von heute gehören auch Familien, die geborgen sind im Glauben und entsprechend der verbindlich gültigen Morallehre ein wahrhaft christliches Leben führen, in liebendem Gehorsam und dankbarer Treue der Kirche des Herrn verbunden. Wer in unserer Zeit gemäß der Lehre der Kirche aller Zeiten lebt, der bezeugt zugleich die „Phantasie der Liebe“ gemäß dem Evangelium und die Schönheit von Gottes Liebe heute.

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