[Lesungen HIER]

Die beiden heutigen Lesungen sprechen über die Umkehr von Menschen, die ihren Unfug, ihre Dummheit einsehen. In der Vorbereitung ist mir dabei ein beliebtes Wort von Papst Franziskus eingefallen. Er sagt immer wieder einmal: Alle, alle, alle sind eingeladen. Diese beiden Gedanken – das Papstwort der Einladung aller und die Umkehr der beiden Personen – scheinen zwar nicht zusammenzupassen. Aber ich versuche, es zu erklären.

Wenn der Papst wiederholt, dass alle von Jesus Christus eingeladen sind, interpretieren das manche Medien: Er setzt sich ab von Papst Benedikt. Benedikt habe eine Kirche vertreten, in die nur Brave, nur Auserwählte, nur Kirchenfromme eingeladen sind. Die Medien meinen: Franziskus wolle das korrigieren. Ich halte diese Interpretation für falsch und bösartig. Die beiden Päpste wollen nichts Gegensätzliches.

Denn das Entscheidende: Auch Jesus hat alle eingeladen. Aber er hat alle Eingeladenen aufgefordert, umzukehren, sich zu bekehren und zwar nicht vor ihrem Eintritt in seine Gemeinschaft, sondern beim Eintritt in seine Gemeinschaft. Ganz deutlich wird das in der Berufung des Apostels Matthäus. Er beruft den Mann, der öffentlich als Sünder gilt, weil er Zoll einnimmt und mit den Römern zusammenarbeitet. Und dann isst Jesus mit Matthäus und seinen Berufsgenossen. Die Pharisäer skandalisieren sich. Und Jesus sagt: Ich bin gekommen, nicht um Gerechte zu berufen, sondern Sünder. Also Franziskus hat recht, ebenso hatte Benedikt Recht.

Alle sind eingeladen in die Gemeinschaft Jesu, aber nicht dazu, dass alles so bleibt wie vorher, sondern damit sie durch die Gemeinschaft mit Jesus neue Menschen werden. Es geht für uns Getaufte darum, in der Gemeinschaft Jesu alle Tage neue Menschen zu werden, alle Tage umzukehren.

Das Problem heute ist: Die öffentliche Meinung sagt: Christen und vor allem Katholiken wollen bessere Menschen sein, sündenlose Menschen. Jedenfalls behaupten die Draußenstehenden, dass Christen sagen, sie hätten keine Sünden. Das gilt erst Recht für Priester und Bischöfe. Seitdem aber sexueller Missbrauch durch Priester und Bischöfe bekannt wurde, scheint die Gemeinschaft zu zeigen, dass sie das Gegenteil ist von dem, was sie vorgibt.

In Wirklichkeit aber hat die Kirche immer schon gesagt: Wir sind eine Gemeinschaft von Sündern, wir sind eine Gemeinschaft von Sündern auf dem Weg, die alle Tage an ihre Brust klopfen müssen. Auch Petrus und die anderen Apostel waren eine Gemeinschaft von Sündern. Auch alle Päpste und Bischöfe der Kirchengeschichte waren Gemeinschaften von Sündern. Freilich waren sie eine Gemeinschaft, die wusste, dass sie sündig ist und alle Tage umkehren und sich von ihren Sünden abwenden muss, ihre Sünden bereuen muss.

Das Eintreten in die Gemeinschaft Jesu bedeutet ja nicht nur, Jesus als guten Freund zu bekommen und eine Gruppe zu finden, bei der man sich wohlfühlt. Die Gemeinschaft Jesu will ja dazu beitragen, dass ich endlich nicht mehr so viel um mich selbst kreise, dass ich nicht mehr so viel Angst habe, dass ich nicht mehr so einsam bin, dass ich nicht mehr an vielen Dingen so hänge. Sie will einfach, dass es mir gelingt, ein neuer Mensch zu werden. Sie will helfen, dass es mir endlich gelingt, so zu werden, wie ich im Grunde immer schon sein möchte, ein liebender, anständiger, altruistischer Mensch, dass ich eben hoch über mich hinauswachse. Schließlich will die Gemeinschaft mit Jesus die Welt verändern, weg von der Egoismuspolitik, weg von der Machtpolitik, weg von dem Konsum um des Konsums willen. Die Gemeinschaft Jesu will zwar nicht Politik machen, denn sie ist keine politische Einrichtung. Das haben manche in den letzten Jahrzehnten falsch gesehen. Aber sie bezieht sich auch nicht nur auf das Jenseits oder nur auf das Seelenheil des Einzelnen. Wenn es den Christen wirklich echt um das Reich Gottes geht, dann verändern sie automatisch auch die Welt und die Politik. Wenn sich Christen an die Gebote des Moses und die Bergpredigt halten, dann ändert sich die Politik. Dann verändert sich das Verhalten der Wähler an der Wahlurne, dann denken Wähler nicht nur an sich, sondern an das Wohl aller, an Gerechtigkeit und Frieden.

Zurück zu den beiden Brüdern. Der Bruder ist der Weise, der verspätet einsieht, dass es doch intelligenter ist, zu gehorchen, auch wenn er vorher Sünder war. Wir sind alle Sünder, aber wir haben alle noch die Chance, unsere Dummheit einzusehen. Jesus freut sich über jeden, der seine Dummheit einsieht. Man könnte auch sagen: Kirche ist die Gemeinschaft derer, die gemerkt haben, dass sie dumm waren. Denn Sünde ist nicht nur Bosheit, sie ist auch letztlich Dummheit. Der Intelligente geht mit Jesus. Amen.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.

Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.