CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden Pfingstsonntag.

Jeder weiß, dass die Kirche am Pfingstsonntag die Ausgießung des Heiligen Geistes feiert. In der ersten Lesung (Apg 2,1–11) lässt uns die Liturgie jedes Jahr die Geschichte dieses Ereignisses hören. Die anderen Lesungen wechseln in den drei sonntäglichen liturgischen Zyklen, um verschiedene Aspekte des Geheimnisses, das wir feiern, zu vertiefen.

In diesem Jahr zeigt uns das Evangelium (Joh 25,26–27; 16,12–15) eine der grundlegenden Aufgaben des Heiligen Geistes in unserem Leben. Jesus nennt ihn Paraklet – ein Begriff, der verschiedene Bedeutungsnuancen besitzt: Verteidiger, Fürsprecher, Tröster. Aber sie alle weisen auf ein Handeln zugunsten der Gläubigen hin. Und was ist diese Handlung, zusammenfassend? Jesus sagt: „Er wird Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr legt Zeugnis ab.“

Zeugnis ablegen bedeutet, die erkannte Wahrheit zu attestieren. Deshalb sagt uns Jesus, dass der Paraklet „der Geist der Wahrheit ist, der vom Vater ausgeht“.

Im Johannesevangelium zeigt das Wort „Wahrheit“ die Realität Gottes an. Jesus sagt: „Ich bin die Wahrheit“ (Joh 14,6), weil er „der einzige Sohn vom Vater ist, voll Gnade und Wahrheit“ (Joh 1,14) und „der treue und zuverlässige Zeuge“ (Offb 3,14).

In seinem irdischen Leben hat Jesus Zeugnis für den Vater abgelegt, indem er den Menschen die ganze Wahrheit verkündet hat: „Ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe“, sagt er (Joh 15,15). Aber heute fügt er hinzu: „Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen.“

Das scheint ein Widerspruch zu sein. Jesus hat uns sicherlich alles gesagt, aber um dieses „Alles“ wirklich zu verstehen, brauchen wir weitere Erklärungen, Vertiefung und Verinnerlichungen, deren Last wir ohne den Heiligen Geist nicht tragen können. Wir vermögen nicht nur nicht, sie zu erkennen, sondern selbst wenn wir sie kennen würden, wären wir nicht in der Lage, sie zu „tragen“, und sie würden uns zermalmen.

Bedenken wir das einmal! Wenn es uns schon zu schwer erscheint, die Last dessen zu tragen, was Jesus bereits zu seinen Jüngern gesagt hat, dessen, was wir im Evangelium lesen: Liebt eure Feinde; gebt, ohne etwas als Gegenleistung zu erhoffen; es ist besser, sich ein Auge ausreißen, als von ihm zum Bösen verführt zu werden; nehmt mein Kreuz auf euch und folgt mir – wenn wir schon nicht fähig sind, diese Lasten zu tragen, was wird dann das sein, was der Heilige Geist und offenbart?

In Wirklichkeit offenbart er uns keine anderen Dinge. Er führt uns dazu, diese gleichen Dinge zu kennen, indem er uns eine immer größere Liebe schenkt, die immer schwerere Anforderungen tragen kann.

Der heilige Augustinus sagt: „Damit ihr also wachset und ihn fasset […] das müßt ihr nicht von jenem Lehrer, der an eure Ohren sich wendet, d. h. durch äußerliche Tätigkeit pflanzt und begießt, sondern von dem, der das Wachstum gibt, erbitten und erhoffen“ (In Ioh. Ev., Om. 97,1).

Deshalb spricht die zweite Lesung (Gal 5,16–25) zu uns vom Wirken des Heiligen Geistes als Prinzip des Fruchtbringens: „Die Frucht des Geistes ist Liebe.“

Die Liebe, von der der heilige Paulus spricht, ist die Ausrichtung des Herzens auf die Ehre Gottes, auf die Erfüllung seines Willens und auf das Wohl der anderen. Der Heilige Geist wirkt in uns und gibt uns die Fähigkeit, diese Last zu tragen mit „Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit“.

Er macht uns dazu fähig. Wir aber müssen es wollen! Deshalb müssen wir Ihn beständig anflehen: „Komm, Heiliger Geist […] Ohne dein lebendig Wehn kann im Menschen nichts bestehn, kann nichts heil sein noch gesund […] Wasche […] gieße Leben ein […] heile […] löse […] wärme […] lenke […] Gib dem Volk, das dir vertraut, das auf deine Hilfe baut, deine Gaben zum Geleit!“

Nur so verwirklichen sich in uns die Worte Jesu: „Auch ihr legt Zeugnis ab.“ Denn die erkannte Wahrheit wird Frucht des Geistes, die es der Welt ermöglicht, in den menschlichen Gesichtern der Jünger Christi die charakteristischen Züge des unsichtbaren Erscheinungsbildes des Vaters zu erahnen.

Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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