1. Mai 2025
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden dritten Sonntag der Osterzeit.
In diesen besonderen Tagen, die so wichtig sind für das Leben und die Geschichte der Kirche, am Vorabend des Konklaves zur Wahl des neuen Papstes, lässt uns die göttliche Vorsehung das Evangelium vom Primat Petri hören (Joh 21,1–19).
„Primat“, vom lateinischen „primus“ (erster), bezeichnet die Position des Ersten, der alle anderen in einer bestimmten Hinsicht übertrifft. Ja, aber in welcher Hinsicht? Versetzen wir uns gedanklich in jenen Tag nach der Auferstehung des Herrn, an das Ufer des Sees von Tiberias, und folgen wir der Geschichte des Evangelisten, die reich an symbolischen Elementen ist.
Sieben Jünger sind zusammen. „Ich gehe fischen“, sagt Simon Petrus. „Wir kommen auch mit“, sagen die anderen. Doch die Arbeit ohne Jesus ist vergebliche Mühe – selbst im Boot des Petrus, selbst unter seiner Führung. Erst durch das Eingreifen des auferstandenen Herrn wird der Fischfang nicht nur erfolgreich, sondern so üppig, dass sie das Netz kaum einholen können, da es so voller Fische ist.
An diesem Punkt ist es der Jünger, den Jesus liebte, der einen „Primat“ erlangt: Er ist es, der den Herrn erkennt (und erinnern wir uns, einen ähnlichen Primat hatte er bereits am Ostermorgen erlangt, als er als Erster zum leeren Grab und zum Glauben kam); dieser Primat im Erkennen gründet auf der Liebe, mit der Jesus ihn liebt. Doch Petrus erlangt gleich darauf auch eine Stellung als „Erstplatzierter“. Er gürtet sein Gewand um, stürzt sich in den See und erreicht in kürzester Zeit das Ufer; und dieser Primat gründet auf der Liebe, mit der er Jesus liebt.
Kommen wir nun zu dem Gespräch, in dem Jesus Petrus dreimal feierlich die Aufgabe überträgt, seine Herde zu weiden. Hier ist es der Herr selbst, der ihn fragt, ob er eine Erstplatzierung habe: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese?“
Der Primat Petri im pastoralen Dienst gründet auf seinem Primat in der Liebe zu Christus. Ich glaube, es ist wichtig, darüber nachzudenken. Jesus sagt zu ihm nicht: Wenn du meine Schafe liebst, dann weide sie. Er sagt: Wenn du mich liebst …
Unsere Liebe zu den Schafen des Herrn ist immer partiell, getrübt durch Vorlieben und Abneigungen, „durch die Ästhetik verdorben“. Wäre die Seelsorge darauf gegründet, würden wir vielleicht die Kinder lieben, aber nicht die Zöllner. Maria Magdalena, aber nicht Zachäus. Stattdessen wird Petrus, aufgrund seiner bedingungslosen und allumfassenden Liebe zu Jesus, dessen ganze Herde weiden können, weil er sie ohne Ausnahme lieben wird. Und er wird sie wegen Christus lieben, er wird die Schafe zu ihm bringen und der Versuchung widerstehen, sie zu sich selbst zu bringen.
„Wer die Schafe Christi weidet, um sie an sich zu binden“, sagt der heilige Augustinus, „der zeigt, dass er sich selbst liebt, nicht Christus“ (In Io. Ev., 123,5).
Die Liebe zu Christus ermöglicht es Petrus, die doppelte Versuchung der Welt zu überwinden: die der Verflachung und die der Angst. Die Welt wünscht sich eine Kirche, die auf ihren Positionen abgeflacht wird. Durch ihre Lehrstühle in Medien und Politik schreibt die Welt Verhaltensweisen vor, die man haben soll. Sie verbietet, was ihr nicht gefällt, und fordert Gehorsam. Petrus antwortet klar und deutlich – wie wir in der ersten Lesung sehen: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5,29).
Angesichts des Widerstands der Apostel reagiert die Welt mit Verfolgung, Drohungen, Schlägen, Tötung. Die Liebe Christi führt dazu, dass die Apostel sich freuen, gewürdigt zu werden, für seinen Namen Schmach zu erleiden (Apg 5,41).
Vor Ostern hatte Petrus im Vertrauen auf sich selbst versprochen, sein Leben für den Herrn zu geben (vgl. Joh 13,37), und war durch seine Verleugnung bitter widerlegt worden. Der heilige Augustinus kommentiert: Christus musste zuerst sein Leben für ihn geben, damit er dann sein Leben für Christus geben konnte.
Doch nun, im Licht der Auferstehung, mit der Kraft, die der Heilige Geist allen verleiht, die Gott gehorchen (vgl. Apg 5,32), wird Petrus dem Meister bis zum Ende folgen können. Beten wir darum, dass der Heilige Geist der Kirche einen Nachfolger Petri schenkt, der diese Sendung in der Liebe Christi authentisch erfüllt.
Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
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