Die Würde jedes Menschen ist unveräußerlich, denn wir alle sind nach dem Bild Gottes geschaffen. Wenn Kinder in die Fesseln von Zwangsarbeit und moderner Sklaverei geraten, wird nicht nur ihr Leben zerstört, sondern auch die göttliche Ordnung der Schöpfung zutiefst verletzt. Angesichts dieses Skandals unserer Zeit erhebt die Kirche ihre Stimme und ruft zur Umkehr, zum Handeln und zu einem erneuerten Einsatz für die Schwächsten auf.

Der Souveräne Malteserorden lebt seit Jahrhunderten den Auftrag Christi, den Armen, Leidenden und Ausgegrenzten beizustehen. In diesem Geist setzt sich Michel Veuthey, der Botschafter des Ordens zur Überwachung und Bekämpfung des Menschenhandels, für die Opfer moderner Sklaverei ein. Seine Arbeit verbindet das Engagement für Menschenrechte mit der spirituellen Überzeugung, dass wahre Freiheit nur dort möglich ist, wo die Liebe Christi Gestalt annimmt.

Anlässlich der Vorstellung des Berichts des UN-Sonderberichterstatters über zeitgenössische Formen der Sklaverei einschließlich ihrer Ursachen und Folgen hielt Veuthey kürzlich vor dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen in Genf eine Stellungnahme.

Im Gespräch mit Christian Peschken (EWTN) sprach Veuthey über die geistlichen und gesellschaftlichen Wurzeln moderner Formen der Sklaverei, über die konkrete Hilfe, die der Orden von Syrien bis in die Ukraine leistet, und über die Hoffnung, die aus dem Evangelium schöpft: dass jedes Kind und jeder Mensch in Freiheit und Würde leben soll.

Wie kann die katholische Lehre vom „imago Dei“ (dass jeder Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen ist) zu stärkerem moralischen und praktischen Handeln anregen, um Kinderarbeit und moderne Sklaverei auszurotten?

Die Lehre vom „imago Dei“ besagt, dass jeder Mensch Gottes Bild widerspiegelt und unendliche Würde besitzt – unabhängig von Alter, Status oder Nützlichkeit.

Kinderarbeit und moderne Sklaverei behandeln Menschen wie Waren, als Mittel zum Zweck statt als Zweck an sich. Die katholische Lehre betont, dass dies Gottes Ordnung verletzt.

Der Katechismus der Katholischen Kirche hebt hervor, dass die Achtung vor dem menschlichen Leben und der Menschenwürde die Grundlage von Gerechtigkeit und Recht bildet. Nach der Soziallehre der Kirche ist die Überwindung von Zwangsarbeit bei Kindern und moderner Sklaverei nicht nur ein humanitäres Anliegen, sondern ein moralisches und theologisches Gebot.

In welcher Weise sollten die Kirche und katholische Organisationen Kindern in Konfliktgebieten – wie Syrien und der Ukraine – Vorrang geben, als lebendigen Ausdruck von Christi Ruf, „den Geringsten unter ihnen“ zu dienen?

Die Kirche und katholische Organisationen sind aufgerufen, Christi Gebot zu verwirklichen, sich um „die Geringsten“ zu kümmern, indem sie besonders auf Kinder achten – vor allem in Konfliktzonen wie Syrien, der Ukraine, Gaza und anderen kriegsgebeutelten Regionen. Kinder gehören in Zeiten der Gewalt zu den Verletzlichsten: Ihr Leben, ihre Gesundheit und ihre Bildung sind unmittelbar bedroht, und ihre Bindungen an Familie und Gemeinschaft werden oft zerrissen.

Um die Option für die Armen zu leben, muss die Kirche aktiv den Schutz und die Förderung der Würde von Kindern in den Vordergrund stellen. Dazu gehören der Zugang zu Nahrung, Wasser, Unterkunft und medizinischer Versorgung; die Sicherung ihres Rechts auf Bildung; und die Unterstützung von Programmen, die helfen, ihre Bindungen an Familien und Gemeinschaften aufrechtzuerhalten. Katholische Organisationen sollen sich auch auf nationaler und internationaler Ebene für die Rechte von Kindern einsetzen und Regierungen sowie Institutionen dazu drängen, humanitäre Hilfe, Friedensarbeit und Kinderschutzpolitik zu priorisieren.

Kindern beizustehen und sie zu schützen ist nicht nur eine dringende moralische Pflicht, sondern auch entscheidend für die Zukunft der Sicherheit auf lokaler, nationaler, regionaler und internationaler Ebene. Indem die Kirche Kinder in den Mittelpunkt ihrer Mission stellt – durch Hilfsarbeit, psychologische Unterstützung und langfristige Entwicklungsinitiativen – wird sie zu einem sichtbaren Zeichen der Barmherzigkeit Christi. Sie macht die Liebe Gottes für jene erfahrbar, die im Krieg am wehrlosesten sind. Dabei leistet die Kirche nicht nur unmittelbare Hilfe, sondern bezeugt zugleich den Ruf des Evangeliums nach Gerechtigkeit, Frieden und Solidarität mit den Schwächsten.

Wie kann die katholische Soziallehre nicht nur die wirtschaftlichen und politischen Ursachen von Sklaverei, sondern auch die moralische und geistliche Gleichgültigkeit ansprechen, die solche Ungerechtigkeiten fortbestehen lässt?

Um Sklaverei in all ihren Formen zu überwinden, fordert die katholische Soziallehre uns auf, nicht nur die wirtschaftlichen und politischen Strukturen anzugehen, die sie aufrechterhalten, sondern auch die tiefere moralische und geistliche Gleichgültigkeit, die solche Ungerechtigkeiten duldet. Sklaverei gedeiht dort, wo Regierungen, Unternehmen, die Zivilgesellschaft und Konsumenten passiv bleiben oder Profit und Bequemlichkeit über die Menschenwürde stellen. Diese Gleichgültigkeit befeuert die Nachfrage, die Ausbeutung und Menschenhandel weiter antreibt.

Die katholische Soziallehre betont die unveräußerliche Würde jeder menschlichen Person, die Vorrangstellung des Gemeinwohls und den Ruf zur Solidarität. Diese Prinzipien müssen genutzt werden, um Bewusstsein zu schaffen und Systeme in Frage zu stellen, die Ausbeutung normalisieren. Regierungen, Unternehmen und Konsumenten müssen zur Verantwortung gezogen werden – nicht nur aus rechtlicher Pflicht, sondern aus moralischer Verantwortung.

Eine Bekehrung der Herzen ist unerlässlich: Sie ruft Einzelne wie Institutionen dazu auf, Gleichgültigkeit zu überwinden, im Unterdrückten das Angesicht Christi zu erkennen und mit Gerechtigkeit und Mitgefühl zu handeln.

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So bietet die katholische Soziallehre sowohl einen Rahmen als auch einen geistlichen Aufruf: Sie geht an die Wurzeln, verwandelt Gleichgültigkeit in Solidarität und inspiriert zu konkreten Taten, die den Versklavten Freiheit und Würde zurückgeben.

Wie können katholische Prinzipien der Barmherzigkeit und Vergebung Programme der wiederherstellenden Gerechtigkeit prägen, die sowohl Opfer von Ausbeutung als auch Gesellschaften heilen, die Kinderarbeit dulden?

Die katholischen Prinzipien von Barmherzigkeit und Vergebung rufen uns dazu auf, wiederherstellende Gerechtigkeit vor strafende Maßnahmen zu stellen – besonders, wenn es um Kinder geht, die Opfer von Ausbeutung wurden oder in ungerechte Systeme wie Kinderarbeit verwickelt waren. Kinder zu verhaften oder einzusperren, ist kontraproduktiv und widerspricht dem Ruf des Evangeliums zur Mitmenschlichkeit. Stattdessen müssen Kinder stets mit Barmherzigkeit behandelt, Heilungsmöglichkeiten eröffnet und bei ihrer Reintegration in Familien und Gemeinschaften unterstützt werden.

Von der katholischen Lehre geprägte Programme der wiederherstellenden Gerechtigkeit sollten sich auf Fürsorge, Bildung und ganzheitliche Entwicklung konzentrieren – durch Zugang zu Schule, Sport, Ausbildung, Kunst und Musik. So können Kinder ihre Würde zurückgewinnen und neue Wege für ihre Zukunft entdecken. Kinderarbeit darf niemals toleriert werden, und Opfer müssen nicht nur befreit, sondern auch entschädigt und in Genesungs- und Wiedereingliederungsprogramme einbezogen werden. Die Entschädigung sollte von den Menschenhändlern und Ausbeutern selbst geleistet werden, die für das verursachte Leid verantwortlich sind.

So wird wiederherstellende Gerechtigkeit nicht nur ein rechtliches oder soziales Konzept, sondern ein lebendiges Zeugnis von Gottes Barmherzigkeit. Indem Opfer geheilt, Gemeinschaften versöhnt und ausbeuterische Systeme verändert werden, verkörpert eine von der katholischen Lehre inspirierte Wiederherstellung Vergebung und bekräftigt zugleich die unantastbare Würde jedes Kindes.

Wie kann die jahrhundertealte Mission des Souveränen Malteserordens – und ähnlicher katholischer Organisationen – ein Zeugnis des Evangeliums im modernen Kampf gegen Kinderhandel und Ausbeutung sein?

Die jahrhundertealte Mission des Souveränen Malteserordens war es stets, den Ärmsten und Verwundbarsten zu dienen – als lebendiges Zeugnis des Evangeliums. Heute gehören zu den Ärmsten und am stärksten Ausgebeuteten jene Kinder, die Opfer von Menschenhandel und Sklaverei werden. Sich ihrer Not anzunehmen ist daher nicht nur ein Akt der Nächstenliebe, sondern auch eine kraftvolle Form der Evangelisierung, indem Christi Barmherzigkeit sichtbar wird.

Der Malteserorden und ähnliche katholische Organisationen können Hoffnung schenken, indem sie humanitäre und soziale Initiativen ergreifen, die die Ursachen von Ausbeutung bekämpfen – wie Armut, fehlende Bildung und Vertreibung. Zugleich muss sich ihre Mission auf die geistliche Dimension erstrecken: durch Gebet für die Opfer und ihre Familien, für jene, die ihnen dienen, und für die Umkehr der Täter.

Indem konkrete Taten mit geistlicher Solidarität verbunden werden, wird das Zeugnis des Ordens zu einem ganzheitlichen Ausdruck des Evangeliums. Durch Dienst, Fürsprache und Gebet zeigen katholische Organisationen, dass wahre Evangelisierung nicht nur in Worten geschieht, sondern in der Verteidigung der Menschenwürde, in der Wiederherstellung von Hoffnung und im solidarischen Beistand mit den Schwächsten – insbesondere den ausgebeuteten Kindern.

Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.