Eine Radiosendung auf WDR 5, am 20. April 2018 ausgestrahlt, thematisierte die besondere Situation ausländischer Priester in Deutschland. Der Titel lautete: "Er gibt sich Mühe, aber …". Geistliche aus vielen Ländern der Welt – ob aus Polen, Indien und afrikanischen Staaten – üben seit Jahren und Jahrzehnten in Deutschland ihren Dienst als Priester aus. Doch viele von ihnen stoßen auf Skepsis und Vorbehalte.

Wenn hierzulande Glaubensirrtümer sowie eine gesättigte Lax- und Lauheit zuweilen bis weit in die sich leerenden Kirchen hineinreichen, so wirken eine eucharistisch geprägte Frömmigkeit sowie eine klare, unmissverständliche Treue zum Credo der Kirche offenbar eigentümlich fremd und auch befremdend. Müssten solche Haltungen nicht kulturchristlich-geschmeidig an die hiesige Lebenswirklichkeit angepasst werden? Die Reportage von Mechtild Müser, die unbedingt hörenswert ist, hat durch Äußerungen aus norddeutschen Diözesen zu Jahresbeginn wieder an Aktualität gewonnen. In verschiedenen Medien dachten die Bischöfe von Hildesheim und Osnabrück über pastorale Zukunftsmodelle nach. Bischof Dr. Heiner Wilmer sagte, an Weltchristen denkend: "Wir brauchen vor Ort Kleingruppen, die Verantwortung übernehmen."

Im Bistum Hildesheim liegt der Anteil ausländischer Priester bei 31 Prozent, im Bistum Osnabrück knapp unter 30 Prozent. Die größte Gruppe unter den ausländischen Geistlichen in ganz Deutschland bilden indische Priester, gefolgt von Priestern aus polnischen Diözesen und aus Afrika. Der Osnabrücker Bischof Dr. Franz-Josef Bode hat auf Probleme der Integration hingewiesen, die ein Hindernis darstellen könnten. Er wird am 3. Januar 2019 von der "Neuen Presse Hannover" mit den folgenden Worten zitiert: "Dafür sind die Kulturunterschiede und die Sprachunterschiede zu groß, bei unserer so differenzierten Weise, wie wir auf die Menschen zugehen."

Diese Worte erinnern an ein Interview des Präsidenten des "Zentralkomitees der deutschen Katholiken" Thomas Sternberg, der am 29. August 2016 den Begriff "Import-Priester" verwendet und mit einer Reihe von einschlägig bekannten kirchenpolitischen Forderungen verknüpft hatte. Diese Aussagen fanden ein differenziertes Echo. Lesens- und empfehlenswert ist der Beitrag von Anna Bineta Diouf, die sich beherzt, energisch und römisch-katholisch zu Wort meldete. Sternberg äußerte sich etwa zwei Jahre später in einem Gespräch mit der Tageszeitung "Die Welt" am 5. Mai 2018 erneut zu dem Thema, zunächst wohlwollend: "Die vielen bereits eingewanderten Priester aus Indien bereichern unsere Gemeinden jedenfalls." Auf Nachfrage erfolgte eine pointierte Relativierung: "Nein, auch Zuwanderung stößt an Grenzen. So sympathisch mir unsere indischen Priester und ihr Zungenschlag sind, die katholische Kirche in Deutschland sollte nicht zur indischen Kirche in Deutschland mutieren."

Leiden Katholiken in Deutschland zuweilen an einer ausgeprägten Wahrnehmungsschwäche? Haben wir den Blick für das Wesentliche – für die Feier der heiligen Messe – verloren? Die Kirche des Herrn ist die Kirche aller Zeiten und Orte. Im Pontifikat von Papst Pius XII. war das noch allgemein bekannt. Wenn ich besorgte Wortmeldungen über ausländische Priester vernehme, blättere ich gern in dem prachtvollen, trostreichen Bildband aus dem Jahr 1957: "Überall bist du zu Hause" – ein "Familienalbum unserer Kirche", in Bonn erschienen. Wer das Buch aufblättert, liest sogleich: "Über 470 Millionen Erdbewohner bekennen sich zum katholischen Glauben. Es sind Menschen aller Rassen und Zungen. Durch die Taufe sind sie unsere Brüder und Schwestern geworden, und wo immer auf der Welt das Ewige Licht in einem Gotteshause leuchtet, dort bist du zu Hause." Das Buch zeigt "Glaubensbrüder in fernen Ländern, die uns fremd sind in Sprache und Kleid, die aber alle zu demselben Gott dieselben Gebete emporschicken wie wir". In der Zeit, in der die heilige Messe ausschließlich in lateinischer Sprache gefeiert wurde, spürten deutsche Katholiken auf Reisen vielleicht noch unmittelbarer als heute den Reichtum und die Schönheit der vertrauten Liturgie. Wer sonntags den Gottesdienst besuchte, war in fremden Ländern unterwegs, aber ganz zu Hause. Ich lächele auch heute noch dankbar und versonnen beim Klang der Kirchglocken überall auf der Welt. Denn ich weiß: Der Herr ruft mich in Sein Haus, also – in die Kirche, in meine wahre Heimat.

Von Deutschland, von Europa aus sind Missionare, Priester und Ordensgeistliche, zu früheren Zeiten in die ganze Welt geschickt worden. Heute scheint sich der christliche Glaube hierzulande vielerorts zu verflüchtigen. Geistliche aus Polen, Indien und der ganzen Welt helfen uns, feiern Eucharistie, spenden Sakramente. Sind wir so hochgemut geworden, dass wir meinen, nichts mehr vom Zeugnis der Priester aus anderen Ländern lernen zu können? Fällt Dankbarkeit schwer, wenn ein Geistlicher die heilige Messe demütig und würdig feiert, ganz gleich, aus welchem Land und von welchem Kontinent er stammt? Oder mokieren wir uns lieber über einen Grammatikfehler bei der Predigt? Wir bekennen uns betend zur Gemeinschaft der Kirche aller Zeiten und Orte im Hochgebet. Im Lauf meines Lebens als Dozent wie als römisch-katholischer Christ bin ich vielen Geistlichen aus aller Herren Länder begegnet: in Gottesdiensten, in der Heimatpfarrei und anderswo, bei Gesprächen, auf Tagungen und bei Aufenthalten in Priesterseminaren. Für den unschätzbaren Reichtum dieser ausnahmslos positiven Erfahrungen war, bin und bleibe ich dankbar. Dürfen wir nicht froh und glücklich sein über jeden einzelnen ausländischen Priester, der in Deutschland Dienst tut? Davon abgesehen: Die nationale Zugehörigkeit ist – und das soll keine wie auch immer zu verstehende politische Aussage sein – für einen römisch-katholischen Christen nie mehr als sekundär. Am 16. April 2017 erinnerte Bischof Dr. Rudolf Voderholzer im Regensburger Dom während der Feier der Osternacht daran: "In der Kirche gibt es keine Ausländer.".

Meine Großeltern und Eltern stammen aus Schlesien und Ostpreußen, auch mein Name berichtet davon. Nach dem Zweiten Weltkrieg erblühte die katholische Kirche in Deutschland durch das Glaubenszeugnis der Vertriebenen. Das Bistum Hildesheim musste, durfte viele Kirchen bauen. Die Bischöfe Joseph Godehard Machens und Heinrich Maria Janssen kümmerten sich mit Leidenschaft und Sorge um die Integration der Katholiken aus dem Osten. Sie alle waren, wie Papst Benedikt XVI. am 7. Mai 2005, bei der Amtseinführung als Bischof von Rom in San Giovanni im Lateran, nämlich auch auf gewisse Weise in Rom geboren: "Als Katholiken sind wir alle in gewisser Weise auch Römer. Mit den Worten von Psalm 87, einem Loblied auf Zion, die Mutter aller Völker, sang Israel und singt die Kirche: »Doch von Zion wird man sagen: Jeder ist dort geboren …« (Ps 87,5). In ähnlicher Weise könnten auch wir sagen: Als Katholiken sind wir in gewisser Weise alle in Rom geboren. So will ich mit ganzem Herzen versuchen, euer Bischof, der Bischof von Rom zu sein. Und wir alle wollen versuchen, immer mehr katholisch zu werden – immer mehr zu Brüdern und Schwestern in der großen Familie Gottes, jener Familie, in der es keine Fremden gibt." Unter uns Römern gesagt: Papst Benedikt XVI. benennt hier das beste pastorale Zukunftsmodell, das ich kenne. Wer römisch-katholisch ist, der weiß: Wir alle gehören zur Familie Gottes – Deo gratias!

Dr. Thorsten Paprotny lehrte von 1998 bis 2010 am Philosophischen Seminar und von 2010 bis 2017 am Institut für Theologie und Religionswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover. Er publizierte zahlreiche Bücher im Verlag Herder. Gegenwärtig arbeitet er an einer Studie zum Verhältnis von Systematischer Theologie und Exegese im Werk von Joseph Ratzinger / Benedikt XVI. Er publiziert regelmäßig in den "Mitteilungen des Instituts Papst Benedikt XVI.".

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